Meeresmüll schädigt Arten, Klima und Ökosysteme

Plastik im Meer ist ein allgegenwärtiges Problem, das inzwischen bis in die entlegensten Winkel der Erde vorgedrungen ist. Das Bundesforschungsministerium unterstützt Projekte, die die Gefahren von Mikro- und Makroplastik für die Umwelt untersuchen.

Service – „Die Verschmutzung mit Plastik hat einen Punkt erreicht, der sie unumkehrbar macht“, so Dr. Melanie Bergmann vom Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI). Dieses dramatische Ausmaß geht aus einer einer aktuellen Studie hervor, die das AWI für die Umweltorganisation WWF (World Wordlife Fund) erstellt hat. Wenn das Plastik einmal in den Ozean gelange, zerfällt es in immer kleinere Teile und lässt sich kaum wieder zurückholen, so die Meeresbiologin und Studienautorin weiter.

Treibhausgasausstoß erhöht durch Plastikproduktion

Ob Mikroplastik in der arktischen Tiefsee, große Müllstrudel im offenen Ozean oder Plastikmüll an unseren Küsten – zusammenfassend lässt sich feststellen: Die Verschmutzung der Meere durch Plastik schadet dem Leben im Meer. Meerestiere verfangen sich in Plastik oder nehmen Plastik auf. Der Verzehr von Meeresplastik schränkt das Wachstum ein und mindert die Nahrungsaufnahme. Auch die Immunantwort, die Fortpflanzungsfähigkeit und das Verhalten von Tieren werden beeinträchtigt.
In einigen Brennpunktregionen wie Teile des Mittelmeers und dem Meereis der Arktis habe die Mikroplastikkonzentration den ökologisch kritischen Schwellenwert bereits heute überschritten. Zudem trägt die Produktion von Plastik mit derzeit 5 Prozent zum globalen Treibhausgasausstoß und damit zur Erderhitzung bei.

Das Online-Portal „Litterbase“ bündelt Forschungsergebnisse zum Thema Müll im Meer und verbildlicht die Verschmutzung auf einer interaktiven Weltkarte.

Weitreichende Folgen für Arten und Klima

„Mit fortschreitender Plastikverschmutzung werden die schädlichen Auswirkungen auch für das Klima zunehmen“, warnt Bergmann. Es bestehe die Gefahr, dass ökologisch riskante Schwellenwerte der Mikroplastikkonzentration für viele weitere Arten und Ökosysteme überschritten würden. Mit weitreichenden Folgen: „Oft unterschätzen wir die Bedeutung einzelner Arten. Schon kleinste Veränderungen können so ein System durcheinanderbringen oder zum Kippen bringen. Verschwindet nur eine einzige Tierart, kann das ganze Ökosystem davon beeinträchtigt werden“, erläutert die Meeresbiologin. Die Herstellung von Plastik und Chemikalien habe die Grenzen dessen erreicht, was der Planet verkraften kann. Der exzessive Plastikkonsum habe gravierende Folgen für viele Arten und unser Klima und wird sich in Zukunft möglicherweise auch auf unser Überleben auswirken, so Dr. Bergmann.

Globales Abkommen gegen die Plastikverschmutzung

Optimistisch stimme Bergmann, dass die Vereinten Nationen Anfang März 2022 auf der fünften UN-Umweltversammlung (UNEA) in Nairobi konkrete Verhandlungen für ein rechtsverbindliches globales Abkommen gegen die Plastikverschmutzung an Land und im Meer auf den Weg gebracht haben: „Das Abkommen soll multilateral den gesamten Lebenszyklus des Plastiks inklusive der Herstellung in den Blick nehmen. Das folgt den Empfehlungen der Wissenschaft, dass wir an allen Stellschrauben von der Vermeidung über Kreislaufwirtschaft bis hin zu verbessertem Abfallmanagement drehen müssen.“ Bei der Ausformulierung des Abkommens in den kommenden zwei Jahren müsse nun darauf geachtet werden, dass diese rechtsverbindlichen Ziele erhalten blieben.

Plastikmüll ist ein grenzüberschreitendes Problem

Solch ein Plastik-Abkommen hält auch Dr. Aaron Beck vom GEOMAR für absolut notwendig, um die Plastikflut in den Ozeanen zu stoppen: „Insbesondere eine Begrenzung der Produktion und Verwendung von Einwegplastik wäre ein guter Schritt in die richtige Richtung“, so der Meeresforscher aus Kiel.

Beck leitet das vom Bundesforschungsministerium geförderte Projekt JPI Oceans HOTMIC. Es befasst sich mit der Verteilung von Mikroplastik im Meer und seinen Folgen. Ein zentrales Ergebnis der HOTMIC-Forscherinnen und –Forscher: Die Konzentrationen von Mikroplastik in der Mitte des nordatlantischen Wirbels ist sehr viel höher als in den europäischen Küstengewässern und in den Abflüssen der großen europäischen Flüsse. „Dies deutet darauf hin, dass das Plastik weit in die Ozeanzentren transportiert wird und dass die lange Lebenszeit dieser Kunststoffe es ihnen ermöglicht, sich weit entfernt von ihrer Quelle anzusammeln“, ordnet Beck die Ergebnisse ein.

Modellierungsergebnisse zeigten, dass es praktisch unmöglich sei, den Ursprung dieser Materialien zu bestimmen, so der Forscher weiter. Das wiederum verdeutliche, dass die Plastikverschmutzung ein grenzüberschreitendes Problem ist, was die Notwendigkeit der internationalen Zusammenarbeit zur Reduzierung der Plastikverschmutzung in der Umwelt unterstreiche. (opm)

Foto: Rheinischer Spiegel