Die Folgen der Kaufhof-Schließungen in der Region, die geplanten Steuererhöhungen am Niederrhein und der Digitalisierungsgrad der Verwaltung im Land – es gab reichlich Stoff für eine angeregte Debatte zwischen Ina Scharrenbach und den Unternehmerinnen und Unternehmern der IHK-Vollversammlung.
Region – Die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen war der Einladung der Industrie- und Handelskammer Mittlerer Niederrhein gefolgt, um sich über aktuelle Entwicklungen auszutauschen.
„Wie viele stationäre Einzelhandelsunternehmen leidet auch Galeria Kaufhof unter dem Trend zum Online-Handel“, sagte Scharrenbach. Dazu komme, dass es an einem tragfähigen Konzept für die Sanierung des Unternehmens gemangelt habe. „Wir als Landesregierung wollen attraktive Innenstädte“, versicherte die Ministerin. „Ich bin sicher, dass es gelingen wird, für die geschlossenen Häusern sinnvolle Nachnutzungen zu gewinnen.“ Dies könne Einzelhandel sein, aber auch Wohnen oder Gewerbe. „Wir unterstützen die Kommunen dabei, neue Konzepte für die Nutzung der Immobilien in Neuss, Krefeld und Mönchengladbach zu entwickeln“, versicherte IHK-Präsident Elmar te Neues.
IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz ergänzte: „Natürlich macht uns auch die Situation der Beschäftigten betroffen – insbesondere auch die Lage der Auszubildenden, die trotz Schließung der Häuser ihre Ausbildung zu Ende bringen möchten.“ Die IHK werde sich um diese jungen Leute kümmern und dafür sorgen, dass sie in anderen Unternehmen ihre Ausbildung abschließen können. „Das haben wir den Verantwortlichen in den Filialen heute schriftlich zugesichert“, so Steinmetz.
Der Hauptgeschäftsführer sprach die Ministerin auf die Pläne zu Steuererhöhungen in einigen Kommunen am Niederrhein an: „Dormagen und Jüchen wollen die Gewerbesteuer von 450 auf 500 Punkte erhöhen, Neuss die Grundsteuer von 495 auf 595 und Tönisvorst die Gewerbesteuer im kommenden Jahr von 465 auf 475“, zählte Steinmetz auf. Angesichts steigender Energiekosten und Rohstoffpreise sowie Lieferkettenschwierigkeiten bräuchten die Betriebe alles andere als zusätzliche Kosten. „Gleichzeitig müssen die Kommunen aber auch mit auskömmlichen Finanzen ausgestattet werden“, so Steinmetz. Da seien das Land und der Bund in der Pflicht, wenn es um die Einhaltung des Konnexitätsprinzips bei Aufgabenübertragungen gehe.
„Ich hatte an die Kommunen appelliert, in diesem Jahr nicht die Steuern zu erhöhen“, entgegnete die Ministerin. „Viele haben auch darauf verzichtet. Dafür bin ich dankbar.“ Angesichts zu erwartender hoher Tarifabschlüsse, eines Rechtsanspruchs auf offenen Ganztag, eines hohen Sanierungsbedarfs und des Trends zu wachsenden Sozialleistungen warnte Scharrenbach: „Erträge und Aufwendungen laufen in den Kommunen immer mehr auseinander.“ Deutschland können sich seinen derzeitigen Standard an staatlichen Leistungen nicht mehr leisten und müsse dringend Aufgabenkritik betreiben. „Wir werden Aufgaben reduzieren müssen – dafür werbe ich.“ Das sei auch aufgrund des gravierenden Mangels an Fachkräften in den Verwaltungen notwendig.
Die konsequente Digitalisierung von Prozessen in den Behörden könnte einen Beitrag dazu leisten, im Sinne der Bürger und Unternehmen Verfahren zu beschleunigen und gleichzeitig die Verwaltungen zu entlasten. „Dafür muss der Staat sich aber dazu entschließen, die Daten seiner Bürger konsequent zu nutzen – das ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Digitalisierung von Verwaltungsleistungen“, betonte Scharrenbach. Weitere wichtige Instrumente seien eine Mobilfon-Signatur und ein elektronisches Behördensiegel. „Sie sehen: Es gibt kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem.“ Entscheidend sei die Entscheidung über die Nutzung der Bürgerdaten. (opm)