13. Irmgardis-Rallye – Aufbruch in ein neues Jahrhundert beim MSC Süchteln

Es war ein Sonntag, der in die Vereinsgeschichte eingehen wird: Zum 13. Mal rollte die Irmgardis-Rallye über die Straßen des Niederrheins und diesmal stand sie unter einem ganz besonderen Stern – dem 100-jährigen Jubiläum des Motorsportclubs Süchteln e. V. im ADAC.
Von RS-Redakteurin Sabrina Köhler und Martin Häming

Viersen-Süchteln – Mehr als 70 glänzende Schmuckstücke der Automobil- und Motorradgeschichte trafen sich gestern in der schönen Irmgardisstadt, um auf rund 145 Kilometern das zu feiern, was seit Generationen Menschen verbindet: Leidenschaft für Motoren, die Freude am Fahren und das Gefühl, Teil einer großen Familie zu sein.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Der traditionelle Start der Irmgardis-Rallye in der Süchtelner Innenstadt musste in diesem Jahr der Baustelle am Lindenplatz weichen – doch die Organisatoren ließen sich davon nicht beirren. Kurzerhand verwandelte der MSC den Parkplatz am Rewe-Markt in einen Treffpunkt für PS-Romantiker und Neugierige. Zwischen glänzendem Chrom, knatternden Motorrädern und neugierigen Blicken der Zuschauer herrschte schon am frühen Morgen ein buntes, fast volksfestartiges Treiben. Man spürte sofort: Hier ging es nicht nur um eine Rallye, sondern um ein lebendiges Stück Kultur.

Mit einem fröhlichen Winken und im Minutentakt schickte das Organisationsteam die Fahrzeuge auf die Reise. Zuerst donnerten die Motorräder los, kurz darauf folgten die Automobile – vom eleganten Youngtimer bis hin zum betagten Oldtimer, der schon längst zum rollenden Kulturgut geworden ist.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Besonderen Süchtelner Glanz versprühte Wagen Nummer 69: Niemand geringeres als Bauer Uwe van de Venn und Prinz Nicolai Rattay aus dem Süchtelner Dreigestirn nahmen darin Platz. Gemeinsam mit Ortsbürgermeister Wolfgang Genenger fuhren sie – passenderweise – in einer „goldenen Kutsche“. Genauer gesagt: einem strahlend goldenen Mercedes Benz 280 S, der im Sonnenlicht fast königlich wirkte. Die fehlende „Jungfrau“ des Dreigestirns, Thomas „Thomina“ Biastoch, konnte sich zwar nicht dazugesellen, übernahm aber als Vorsitzender des MSC mit einem engagierten Team die Verantwortung für die gesamte Veranstaltung.

Auch über die Stadtgrenzen hinaus gab es jecke Unterstützung: Das Viersener Prinzenpaar Wolfgang III. und Estefania I. Scholz ließ es sich nicht nehmen selbst teilzunehmen. So verschmolz an diesem Tag der Glanz des Karnevals mit der Eleganz des Motorsports.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Die Strecke selbst war ein Fest für alle Sinne. Am Vormittag führte der 63 Kilometer lange Kurs durch idyllische Dörfer, vorbei an alten Alleen und goldgelben Feldern. Am Nachmittag wartete eine noch längere Etappe von 82 Kilometern, die bis hinter Weeze führte, bevor die Rallye zurück nach Süchteln rollte. Mit Roadbook und Kartenausschnitten in der Hand mussten die Fahrerinnen und Fahrer Orientierungssinn, Geschick und ein gutes Auge beweisen – Geschwindigkeit spielte dabei keine Rolle. Was zählte, war das gemeinsame Erleben: das Rattern der Motoren, das gleichmäßige Knattern alter Maschinen und der unverwechselbare Geruch von Benzin, Leder und Nostalgie.

Dass die Rallye in diesem Jubiläumsjahr so emotional aufgeladen war hat seinen Grund. Denn der MSC Süchteln blickt auf eine außergewöhnliche Geschichte zurück. Als 1925 ein paar junge Männer den Mut fassten einen Motorsportclub zu gründen, ahnten sie nicht, dass sie damit den Grundstein für ein Jahrhundert voller Leidenschaft legen würden.

Schon damals traf man sich zu Suchfahrten und Geschicklichkeitsübungen – und schon damals hatte Süchteln seine eigene Motorsportbahn. In den 1950er Jahren erlebte der Verein seinen großen Aufschwung. Bis zu 5000 Zuschauer drängten sich auf der Cross-Strecke, die bald liebevoll „kleiner Nürburgring“ genannt wurde. Internationale Größen wie der spätere Ferrari-Pilot Wolfgang Reichsgraf Berghe von Trips oder die Seitenwagen-Weltmeister Max Deubel und Emil Hörner jagten hier über die Piste.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Doch auch Rückschläge gehörten zur Geschichte: 1980 verstummten die Motoren endgültig auf der Cross-Bahn, die kurz darauf eingeebnet wurde. Was blieb, war die Leidenschaft – und sie verlagerte sich zunehmend auf Oldtimer. Ab den 2000er-Jahren engagierte sich der MSC bei der Viersener Oldtimer-Rallye, bevor er 2011 die erste eigene Irmgardis-Rallye ins Leben rief.
Mehr als nur Motorsport

Die 13. Auflage hat eindrucksvoll gezeigt: Die Irmgardis-Rallye ist längst mehr als eine Ausfahrt. Sie ist ein kulturelles Ereignis, das die Stadt zusammenbringt. Vereinsmitglieder sicherten die Strecke, halfen bei der Organisation und sorgten für einen reibungslosen Ablauf. Zuschauer, Anwohner und Teilnehmer verwandelten den Sonntag in ein gemeinsames Erlebnis.
„Die Rallye lebt von der Begeisterung aller, die dabei sind – ob hinter dem Steuer, auf dem Motorrad oder am Straßenrand“, erklärte der Vorstand des MSC mit sichtbarem Stolz. „Dass wir im Jubiläumsjahr so viele Menschen erreicht haben, ist ein Zeichen dafür, dass unsere Arbeit auch in Zukunft Früchte tragen wird.“

Als die letzten Fahrzeuge am Abend zurück in Süchteln einrollten, war die Müdigkeit den Fahrerinnen und Fahrern kaum anzusehen – zu groß war die Freude über das gemeinsam Erlebte. Mit Applaus, vielen Gesprächen und leuchtenden Augen endete ein Tag, der Tradition, Motorsport und Gemeinschaft auf einzigartige Weise miteinander verband.
Die Botschaft ist klar: Auch nach 100 Jahren ist der MSC Süchteln voller Energie, voller Ideen und voller Leidenschaft. (sk)

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming