Pilger kommen zur Ruhe in der Kapelle Klein-Jerusalem

Als eine möglichst genaue Nachbildung der Geburtsgrotte Jesu in Betlehem und des Heiligen Grabes in Jerusalem, ließ Gerhard Vynhoven die Kapelle Klein-Jerusalem 1654-61 in Willich-Neersen erbauen.
Von RS-Redakteurin Nadja Becker

Willich-Neersen/Sehenswürdigkeit – Gerhard Vynhoven, der als Pfarrer in Osterath und Feldkaplan Jan von Werths den Dreißigjährigen Krieg erlebt hatte, wollte den Menschen nach dem Krieg „die ersten und letzten Tage des Herrn anschaulich vor ihre Seelen stellen“, um Antwort und Deutung auf die eigene Frage des Betrachters nach dem Sinn des persönlichen Schicksals zu geben. Durch sein Engagement entstanden detailreiche Nachbildungen der Geburtsgrotte in Betlehem und des Heiligen Grabes in Jerusalem. Vynhoven selbst nannte sein Werk zunächst Beth-Jerusalem, heute ist die Kapelle als Klein-Jerusalem bekannt.

Das Gebäude selbst besteht aus zwei Etagen, wobei im unteren Geschoss eine Art Krypta erbaut wurde, die über Treppen zu beiden Seiten des Altars im Obergeschoss zu erreichen ist. Hier befinden sich die Nachbildung der Geburtsgrotte in Betlehem sowie das Grab Vynhovens. Die eigentliche Kapelle befindet sich im Obergeschoss. Reich ausgemalt wird auf dem Altar durch eine Skulpturengruppe die Kreuzigung Jesu Christi dargebracht. Die Nachbildung des Grabes samt Ädikula im Maßstab 1:2. Das kleine Bauwerk, welches sich im Zentrum der konstantinischen Rotunde der Grabeskirche in Jerusalem befindet, wurde im Laufe der Jahrhunderte viermal neu errichtet, die in Neersen gezeigte Darstellung fiel 1808 einem Feuer zum Opfer. Zum Schutz der Grabkammer wurde diese mit einer schmiedeeisernen Tür geschützt, welcher zwei römische Soldaten zur Seite stehen. Im Inneren liegt eine in Leinentücher gewicktelte Figur, die den Leichnam Christi symbolisiert.

Foto: Rheinischer Spiegel

Im 17./18. Jahrhundert erfreute sich die Kapelle bei Wallfahrten und Pilgerwanderungen großer Beliebtheit, die in ihrem Inneren mit einer imposanten Kreuzigungsgruppe, einer Verbindung verschiedener Epochen, besticht.1802 ging die Kapelle auf Befehl der Franzosen in den Staatsbesitz über, wurde 1804 durch einen Neersener Gastwirt im Auftrag des Kirchenvorstandes zurückgekauft und in den letzten Jahrzehnten renoviert. Seitdem wächst wieder das Interesse der Öffentlichkeit an der Kapelle, die jährlich tausende von Besuchern anzieht. Nicht nur als Pilgerstätte, auch als Hochzeitskirche und bei Schützenfesten steht sie im Mittelpunkt. Führungen werden durch die Interessengemeinschaft Klein-Jerusalem (Informationen über das Pfarrbüro) angeboten. (nb)

Foto: Rheinischer Spiegel