Spiel & Spaß: Quentin und das einsame Zirkuskamel

Heute möchte ich euch eine ganz besondere Geschichte von dem einsamen Kamel Leslie und seinen Freunden den Elefanten Tina und Justus erzählen. Sie lebten zusammen mit Artisten, Zauberern, Clowns und vielen verschiedenen Tieren in einem kleinen Wanderzirkus. Sie waren alle sehr fleißig und führten den Zirkusbesuchern viele schöne Kunststücke vor.

Spiel & Spaß – Aber der Zirkus war sehr klein und die Zirkusartisten verdienten nicht genug Geld, um alle Menschen und Tiere im Zirkus zu ernähren. Deshalb entschloss sich der Direktor, Herr Zandelli, ein paar Tiere an den nahen Zoo zu verschenken, wo sie es besser haben sollten. „Ich kann nun nicht mehr für alle Tiere sorgen“, sagte er zu ihnen, „ein paar von euch müssen in einen Zoo umziehen.“ Seine Wahl war auf das Kamel Leslie und ein Elefantenpärchen gefallen. Leslie war das älteste von allen Tieren im Zirkus und hatte es sich verdient, in einem ruhigen Gehege zu leben. Tina und Justus, die Elefanten, fraßen am meisten. So hatte der Zirkusdirektor sie ausgesucht und brachte sie in einen kleinen Zoo am Stadtrand. Dort sollten sie nun leben.

Ein paar Wochen später, an einem sonnigen Samstag, besuchten Quentin und sein Freund Timo den Zoo. Sie wollten ein Abenteuer erleben und sich vorstellen, dass sie durch einen riesigen Dschungel  wandern müssten und hatten sich dazu den Zoo ausgesucht. Hier konnten sie mit Tigern kämpfen und Schlangen zähmen. Ein tolles Erlebnis.

Zuerst gingen Quentin und Timo zu einem wunderschönen, großen Teich. Zwischen den Blättern entdeckten die kleinen Dschungelabenteurer einen großen, grauen Reiher, welcher stolz sein Gebiet verteidigte. Weiter ging es zu den Pinguinen. Diese lustigen kleinen Gesellen im Frack sprangen den ganzen Tag, von einem Felsvorsprung aus, ins kalte Wasser. Nach jedem Sprung tauchten sie wieder auf und watschelten an Land um einen neuen Sprung zu wagen. Quentin und Timo lachten.

Danach besuchten die beiden Freunde den Vogelkäfig. Er war riesig und die Besucher konnten sogar hineingehen. Timo hatte die Tür erst einen kleinen Spalt geöffnet, als ihnen schon ein wildes Vogelgezwitscher entgegendrang. Der Käfig war über und über voll mit den schönsten und buntesten Vögeln. Aber keiner der Vögel griff sie an, nein, die Vögel hatten sich schon an ihre Besucher gewöhnt und flogen neugierig heran. In einer anderen Ecke des Käfigs entdeckten Quentin und Timo große, bunte Papageien. Eines der farbenfrohen Tiere saß auf einem Ast am Weg und rief immer: „Ahoi, alle Mann an Bord.“ „Der Papagei heißt bestimmt Lora“, kicherte Quentin, „heißen nicht alle sprechenden Papageien Lora?“ „Vielleicht ist es ja ein Piratenpapagei“, lachte Timo, „und er kennt den Weg zu einem riesigen Schatz. Das wäre doch toll.“ Quentin nickte und stimmte seinem Freund zu.

Das nächste Gehege war das der Kamele. Eine Kamelmutter hatte vor ein paar Tagen ihr Junges bekommen und jagte es jetzt liebevoll durch das Gehege. Die älteren Kamele standen in einer anderen Ecke, kauten genüsslich ihr Heu und schauten den beiden zu. Nur ein Kamel lag zusammengekauert alleine in einer Ecke. „Das arme Kamel“, meinte Timo, „ob es wohl krank ist? Es sieht so traurig aus.“ „Es ist traurig!“, sagte plötzlich jemand hinter Timo und Quentin. Sie zuckten erschreckt zusammen und drehten sich um. Hinter ihnen stand der Zoowärter, welcher vor dem Kamelgehege das Laub zusammengefegt hatte und sich nun auf seinen Besen stützte. Sofort fragte Quentin ihn: „Wissen Sie, warum das Kamel so schrecklich traurig ist?“

„Ich könnte mir denken, dass Leslie, so heißt das Kamel, ihre Freunde vermisst. Ihr müsst wissen, sie ist ein Zirkuskamel. Aber was sie nun hat, weiß leider niemand so genau“, antwortete der Zoowärter. „Sie ist so, seit sie bei uns ist.“ Und dann erzählte er Quentin und Timo die traurige Geschichte von den drei Zirkustieren. Tina und Justus waren zusammengeblieben und hatten viel Spaß in ihrem neuen Gehege. Sie spielten miteinander und führten manchmal lustige Kunststücke für die großen und kleinen Zoobesucher vor, die ihnen den ganzen Tag zuschauen konnten. Sie fühlten sich wohl hier und hatten ein neues Zuhause gefunden. Während Quentin und Timo sich noch mit dem Zoowärter unterhielten, kam Herr Robbe, der Zoodirektor, und machte ein sorgenvolles Gesicht. Er sagte zu den Kindern: „Ist das nicht traurig? Unser armes Kamel. Jetzt will Leslie auch schon kein Futter mehr. Sie wird sterben, wenn sie nicht bald etwas frisst! Ich weiß nicht, was ich noch tun soll. Sie tut mir so Leid.“ Er seufzte noch einmal und ging dann mit dem Zoowärter weiter.

Quentin und Timo blieben aber noch vor dem Kamelgehege stehen. Ihre Abenteuerlust war verflogen und sie schauten traurig den Kamelen zu. „Das arme, arme Kamel“, murmelte Timo, „ob es wirklich keine Möglichkeit gibt Leslie zu helfen?“ Auch Quentin schaute ganz versunken den Kamelen zu und sagte dann: „Ich muss darüber nachdenken, vielleicht fällt mir etwas ein, womit wir Leslie helfen können. Jetzt gehen wir aber erst einmal zu den beiden Elefanten.“ Tina und Justus hatten sich wirklich gut eingelebt. Lustig spielten sie miteinander und führten die Kunststücke vor, die sie im Zirkus gelernt hatten. Um sie herum standen deshalb viele Besucher. Von weitem hatten Timo und Quentin schon das Lachen der Zoobesucher gehört. „Da, schau mal, Timo“, lachte Quentin und zeigte auf Tina und Justus. „Das ist doch toll! Tina balanciert auf ihren Hinterbeinen und Justus jongliert wie ein Artist mit Erdnüssen.“ „Kannst du sie auseinanderhalten?“, fragte Timo erstaunt. „Klar doch“, lächelte Quentin, „Tina hat eine kleine rote Schleife an ihrem Schwanz.“ Und die hatte Tina tatsächlich. Sie tanzte so lange auf ihren Hinterbeinen, bis sie hörte, dass die Zuschauer klatschten, so wie sie es gewohnt war. Und zur Bewunderung aller Zoobesucher verbeugte sie sich sogar um ihren Zuschauern zu danken. In ihrem Gehege stand ein großer Baum und umzäunt wurde es mit einem wilden Gebüsch. „Ja, die beiden haben wirklich ein schönes Gehege und viel Platz“, sagte Timo, „schade, dass es Leslie nicht auch so gut haben kann.“

„Das ist es“, jubelte Quentin und rannte ohne ein weiteres Wort davon. „Warte“, rief Timo erstaunt, „wo willst du denn hin?“ Aber Quentin hörte ihn schon nicht mehr. Kopfschüttelnd nahm Timo die Verfolgung auf. Ohne anzuhalten rannte Quentin Richtung Zoodirektor. Zwar stolperte er zwischendurch einmal, aber das konnte ihn nicht bremsen.

Er rappelte sich wieder auf und rannte weiter. „Herr Robbe, Herr Robbe“, keuchte Quentin und musste erst einmal tief durchatmen, damit er wieder reden konnte. Timo, welcher inzwischen auch angekommen war, und Herr Robbe warteten ungeduldig bis Quentin wieder zu Atem gekommen war. „Der Zoowärter hat uns erzählt, dass Leslie traurig sein könnte, weil sie ihre alten Freunde vermisst. Könnte man Leslie nicht zusammen mit den beiden Elefanten in deren Gehege unterbringen? Sie kennen sich doch vom Zirkus und waren schon dort befreundet. Vielleicht können wir ihr ja so helfen. Tina und Justus würden sich bestimmt auch darüber freuen.“ Timo war ganz begeistert und fand die Idee toll. Aber der Zirkusdirektor legte seine Stirn in Falten und dachte erst einmal darüber nach. Dann sagte er: „Ein Kamel in einem Elefantengehege, das ist sehr ungewöhnlich. Wir wollen es aber doch versuchen, vielleicht hast du ja Recht.“

Und so zogen Herr Robbe, der Zoowärter, Quentin, Timo und natürlich Leslie zu dem Elefantengehege. Die anderen Zoobesucher sahen sich das Ganze erstaunt an. Als Leslie in das Elefantengehege kam, freute sie sich so sehr, dass sie kaum zu halten war. Endlich sah sie ihre Freunde wieder. Die drei spielten und schmusten den ganzen Tag zusammen. Als sie abends gefüttert wurden, hatte Leslie so viel Hunger, dass sie eine riesige Portion Heu fraß. Von Quentin bekam Leslie als besonderes Geschenk  noch ein schönes, dickes Wurstbrot. Von diesem Tag an, gingen Quentin und Timo so oft sie konnten in den Zoo, um Herrn Robbe und ihre drei neuen Freunde zu besuchen. Leslie, Tina und Justus freuten sich jedes Mal, vor allem, weil die beiden immer etwas für sie dabei hatten.

An einem Abend, bevor sie gingen, nahm Herr Robbe Quentin zur Seite und sagte: „Ich bin dir sehr dankbar, dass du so eine tolle Idee gehabt hast. Denn ich hatte schon ganz vergessen, wie wichtig gute Freunde sind.“