Bundesweit sind in den vergangenen Wochen Hunderttausende von Menschen gegen Rechts auf die Straße gegangen. Auch in Viersen versammelten sich am Freitag zahlreiche Menschen für die Demokratie und das Demokratiebewusstsein mit einem klaren Appell: Viersen ist bunt und so soll es auch bleiben!
Von RS-Redakteurin Claudia-Isabell Schmitz
Viersen – Erst vor wenigen Tagen gedachte Deutschland den Opfern des Nationalsozialismus und der Befreiung des KZ Ausschwitz, seit Wochen demonstrieren bundesweit Menschen gegen Extremismus. Nach dem bekannt gewordenen Geheimtreffen von AfD und Rechtsextremisten war ein Aufschrei in Deutschland zu spüren, zahlreich wurde zu Demonstrationen aufgerufen. In München musste eine Kundgebung ebenso abgebrochen werden wie in Hamburg – wegen Überfüllung, denn mehr als Hunderttausend Menschen nahmen teil.
Ganz so viele waren es im Januar bei der Kundgebung in Nettetal nicht, wo dennoch rund 1.000 Demonstranten aufeinandertrafen. Auch in Viersen füllte sich der Remigiusplatz am Freitag stetig, bis sich der Zug mit rund 3.000 Teilnehmern durch die Innenstadt bis zum Sparkassenvorplatz in Bewegung setzte.
Nicht wenige hatten sich bereits vorher getroffen und waren als Gruppe geschlossen eingetroffen. Gläubige verschiedener Konfessionen (die Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland hat sich auf ihrer letzten Plenarsitzung besorgt über demokratiefeindliche Kräfte geäußert und zum entschlossenen Kampf gegen Antisemitismus in Deutschland aufgefordert), Vereine, Klimaschützer, Politiker, Karnevalisten, Schützen, Sportler, Musiker, Pfadfinder, Senioren, Jugendliche – die riesige Gruppe war bunt gemischt und genau darauf legen sie Wert.
#Nie_Wieder, da waren sich alle einig. „Wenn nicht jetzt, wann dann“ oder „#We_remember“ stand auf den großen Plakaten um Flagge für die Demokratie zu zeigen und dem Extremismus, egal in welcher Art und Weise, eine Absage zu erteilen.
„Lasst uns ein klares Zeichen setzen: In unseren Städten ist kein Platz für Hass und Intoleranz! Krefeld und Viersen sind Städte der Zusammenarbeit und des friedlichen Zusammenlebens. Es ist unsere Verantwortung, unsere demokratischen Werte und unsere Verfassung zu schützen“, erklärte die Diakonie Krefeld & Viersen. „Wir stehen gemeinsam gegen jegliche Form von Menschenfeindlichkeit und Diskriminierung. Lasst uns zeigen, dass die Pläne rechtsextremer Kräfte hier keinen Raum finden. Wir verteidigen die rote Linie unserer Demokratie!“
„Zu lange hat der Großteil der Menschen geschwiegen und den öffentlichen Raum sowie die sozialen Netzwerke denen überlassen, die unser Grundgesetz und die freiheitliche demokratische Grundordnung Deutschlands gefährden. Wir Schützen in Oberbeberich und im gesamten Diözesanverband Aachen lehnen jede Form von Radikalismus ab. Wir stellen uns nationalistischen und rechtsextremistischen Hetzern entgegen und
verurteilen jede Form von Diskriminierung“, unterstrich die St. Hubertus-Bruderschaft Viersen-Oberbeberich 1893 e.V.
„Mit unserem Bundesverband, dem Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften, haben wir uns längst klar positioniert. Jüngste Belege dafür sind unsere Aktion „Schützen gegen Rechts“ sowie der AFD-Unvereinbarkeitsbeschluss. Die Ziele rechtspopulistischer bzw. extremistischer Parteien und Organisationen sowie Fremdenhass und Erniedrigung von Menschen stehen im krassen Gegensatz zu unseren Leitzielen als Bruderschaft. Wir Schützen stehen ein für Glaube, Sitte und Heimat. Und das steht dahinter: Glaube bedeutet für uns Nächstenliebe und Barmherzigkeit. Wir stehen für friedliches Miteinander sowie Gerechtigkeit und lehnen Gewalt in jeder Form ab. Sitte ist für uns das Engagement für lebendige Demokratie und den Schutz der Menschenwürde. Politischen Extremismus lehnen wir immer und überall ab. Heimat ist für uns der Ort, an dem alle Menschen willkommen sind, egal welche Hautfarbe, welche Religion, welches Geschlecht sie haben oder wen sie lieben. Wir grenzen niemanden aus und sind offen für Vielfalt. Auch ohne Federhut und Uniform bin ich Schützenschwester oder -bruder mit Leib und Seele.“
„Gemeinsam nehmen wir Teil an dieser Demonstration. Wir alle zusammen senden aus Viersen heraus ein machtvolles Zeichen gegen Extremismus, für Demokratie! Das macht mich stolz! Anlass unserer Kundgebung ist ein Treffen Rechtsradikaler in Potsdam, auf dem abscheuliche Pläne zur Ausweisung von Millionen Ausländern und Deutschen erörtert wurden. Solche Planspiele sind widerwärtig und völlig unvereinbar mit allem an Recht und Menschenrecht, wofür wir Liberalen, wofür Sie alle stehen. Widerwärtig – aber schlimmer noch: gefährlich, denn wir sehen ja, dass eine Partei, die sich an dem Treffen beteiligt hat, in den Wahlprognosen schwindelerregende Prozente bekommt“, so der FDP-Stadtverbandsvorsitzende Viersen, Dr. Frank a Campo, in seiner Rede.
„Die ungeregelte Einwanderung nach Deutschland ist das Thema, dessentwegen sich die Menschen die größten Sorgen machen. Je nach erfragtem Aspekt äußern bis zu 80% der Befragten große Sorge und Unzufriedenheit. Das ist es, woran der Rechtsradikalismus sich mästet. Aber damit ist auch klar, was wir zu tun haben: Wir müssen die legale Einwanderung nach Deutschland in Gesetz und Praxis so regeln, dass im wesentlichen neben den wirklich Verfolgten nur solche Menschen ein Bleiberecht erwerben können und bei uns bleiben dürfen, die sich durch Arbeit aus eigener Kraft ernähren können und sich in Rechtsstaat und Gesellschaft eingliedern wollen. Wer Rechtsradikalismus bekämpfen will, muss Migration regeln! … Liebe Viersenerinnen, liebe Viersener, ich bin stolz darauf, als Liberaler mit Ihnen zusammen ein machtvolles Zeichen gegen den Extremismus zu setzen. Überwältigend viele Menschen sind gekommen, überwältigend viele gesellschaftliche Gruppen und Parteien. Das ist toll, das ist fantastisch! Das ist ein kraftvolles Miteinander aller Demokraten, eine kraftvolle Bekundung des Willens zur Zusammenarbeit, und diesen Willen, diese Kraft, die müssen wir nutzen!“
„Dem wachsenden Hass und dem Extremismus von rechts und links müssen wir entgegenstehen“, erklärt eine Seniorin. Sie selbst habe noch die Folgen des Zweiten Weltkrieges erlebt, es sei keine Zeit den Extremismus weiter wachsen zu lassen, eine solche Bewegung müsse im Keim erstickt werden. „Haben wir nichts gelernt?“, „Keine Bühne für Faschisten“ oder „Kunterbunt statt kackbraun war zu lesen. „Wir alle stehen zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung“, so ein junger Mann, gerade einmal 17 Jahre alt. „Hier in Viersen dürfen Faschismus, Antisemitismus und Faschismus keine Heimat finden.“
Eine Haltung, die auch im Aufruf zur Demo deutlich kommuniziert wurde und weshalb man ein Bündnis schließen wolle: Parteiübergreifend und gesellschaftlich breit auf gestellt, welches bereit ist sich klar, deutlich und unmissverständlich zu positionieren. „Die Stimmung in unserem Land wird rauer. Es geht vermeintlich ein Ruck durchs Land und dieser verheißt nichts Gutes. Eine laute und extreme Minderheit besonders in den Sozialen Medien vergiftet das Klima!“
Alle Teilnehmer traten für einen weltoffenen und sozialen Kreis Viersen ein, verurteilten jegliche gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit wie Rassismus, Antiziganismus, Antisemitismus oder auch religiös begründete faschistische sowie rassistische Ideologien. Doch es sei nur ein kleiner Tropfen auf einem heißen Stein, weshalb man auch weiterhin zusammenstehen und kämpfen will für ein friedliches und offenes Deutschland. (nb)
Es ist nicht die Entscheidung einer Gemeinschaft oder Institution, die Veränderung bringt, sondern die Entscheidung eines jeden EINZELNEN.
Man sieht es am Beispiel des Mauerfalls :
Die Massen strömten freudentrunken ob der Wiedervereinigung
und dennoch gibt’s bis heute immer noch „Ossis“ und „Wessis“.
Eine beeindruckende Veranstaltung, die gezeigt hat, dass in Viersen kein Platz für Rechtsextremisten, für alte und neue Nazis ist.
Viersen bleibt bunt.
So sieht’s aus.
Über die völlig deplatzierte Rede von Frank a Campo sehe ich dabei mal großzügig hinweg – in der Hoffnung, dass er die Reaktionen aus der Zuhörerschaft auch registriert hat.
Wenn Kommunalpolitiker sich selber auf die Schultern klopfen, dann nimmt man deutlich den Mief der tausend Jahren und stinkiger Mauerluft wahr. Bunt wahren so Aufzüge auch früher, in Ost, West und Dunkel Deutschland . Solche Aufmärche mit sich selber applaudierenden Massen haben schon zweimal in der deutschen Geschichte zu Leid und Elend geführt. Grüsse aus Holland und Orange boven.
Wer weder mit der deutschen Geschichte noch mit der deutschen Gegenwart so richtig vertraut ist, sollte sich politischer Meinungsäußerungen vielleicht besser enthalten.
Wie sieht es eigentlich in unserem Nachbarland mit entsprechendem Widerstand gegen die antidemokratischen Bestrebungen der Ein-Mann-Partei von Geert Wilders aus?