Wenn ein Netzwerk entsteht: Zehn Jahre „Familiale Pflege“ der LVR-Klinik Viersen

Wenn eine Angehörige oder ein Angehöriger psychisch erkrankt und behandelt werden muss, verändern sich die Lebensumstände in Familien und Partnerschaften oft umfassend. Unterstützung gibt es hier vom Angebot „Familiale Pflege“ der LVR-Klinik Viersen – und das seit nunmehr zehn Jahren.

Viersen-Süchteln – „Ich begleite die Angehörigen unserer Patientinnen und Patienten und gebe ihnen Handwerkzeug mit“, sagt Brigitta Braß-Horlemann. Seit zehn Jahren ist die Fachkrankenschwester für Psychiatrie Ansprechpartnerin im Rahmen der „Familialen Pflege“. Dabei geht es vornehmlich um die Unterstützung der Angehörigen.

Es ist immer eine besondere Herausforderung mit einer Demenzerkrankung, einer Depression oder einer anderen psychischen Erkrankung eines nahestehenden Menschen umzugehen. „Es beginnt ja schon mit der Frage: Wie verhalte ich mich überhaupt?“, sagt Brigitta Braß-Horlemann. Sie erklärt: „Wenn z.B. der Ehemann wegen einer Depression in der Klinik behandelt wurde, ist es normal, dass er nicht vollends ausgewechselt ist, wenn er wieder zu Hause ist. Nein, es braucht Zeit bis zur vollständigen Genesung und so ist es direkt nach der Entlassung auch in Ordnung und normal, wenn er sich phasenweise zurückzieht und auf der Couch liegt. Deshalb geht das Angebot über den Krankenhausaufenthalt hinaus, um diesen Prozess zu begleiten. “ Dafür müsse Verständnis und Hintergrundwissen geschaffen werden. Ihr geht es zum einen um einen realistischen Blick auf den umfassenden Genesungsprozess, aber auch um eine individuelle Unterstützung der jeweiligen Konstellation, also bspw. der Familie. Welche Hilfsmittel werden bspw. benötigt, wenn der Angehörige dement ist? An wen muss man sich wegen dieser Hilfsmittel wenden? Wie kann ich deeskalieren, wenn der Angehörige aufgrund seiner Erkrankung aggressiv auftritt? Solche Fragen stehen bei den Beratungsgesprächen im Mittelpunkt. Diese finden in der Regel bei den Patientinnen und Patienten zu Hause statt. Aber auch im Büro von Brigitta Braß-Horlemann ist das möglich. „Das entscheiden die Angehörigen“, erklärt sie.

Das Angebot der „Familialen Pflege“, das in der Regel auch noch bis zu sechs Wochen nach der Entlassung läuft, richtet sich an die Angehörigen der Patientinnen und Patienten der LVR-Klinik Viersen und ist nicht an einen Pflegegrad gebunden. „Ich erlebe immer viel Dankbarkeit für unser Angebot, das natürlich kostenfrei ist“, so Braß-Horlemann. Für sie besonders wertvoll sei es, wenn sie erlebt, wie „Familien ein Netzwerk bilden und sich teilweise auch neu organisieren.“ Das unterstreicht, dass die „Familiale Pflege“ eine Unterstützung ist – umgesetzt werden müssen die Empfehlungen und Tipps von den Angehörigen selbst. Es geht um Stärkung – und auch um Selbstfürsorge. Denn die unterstützenden und pflegenden Angehörigen dürfen vor allem eine Person nicht aus den Augen verlieren: sich selbst. (opm)

Brigitta Braß-Horlemann – hier im Beratungsgespräch – unterstützt mit dem Angebot „Familiale Pflege“ der LVR-Klinik Viersen Angehörige von Patientinnen und Patienten. Foto: LVR-Klinik Viersen