Wie der Strukturwandel gelingen kann: Die IHK-Vollversammlung befasst sich mit der Zukunft des Rheinischen Reviers

Es geht um 28.000 Arbeitsplätze im Braunkohlebereich, um 50.000 bei den Unternehmen der energieintensiven Industrie, um 1,5 Milliarden Euro Wertschöpfung, und 65 Kommunen sind betroffen – die Dimensionen des Strukturwandels im Rheinischen Revier durch das Ende der Braunkohleverstromung sind gewaltig. Wie dieser Transformationsprozess zu einer Erfolgsgeschichte werden soll, erläuterte Bodo Middeldorf jetzt der Vollversammlung der Industrie und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein.

Region – Der Geschäftsführer der Zukunftsagentur Rheinisches Revier (ZRR) war der Einladung des zentralen IHK-Gremiums nach Neuss gefolgt. „Mit Blick auf die Energieversorgung, die Ansiedlung von Unternehmen und die Schaffung von Arbeitsplätzen ist es für uns enorm wichtig, dass der Strukturwandel gelingt und erfolgreich gestaltet wird“, sagte IHK-Präsident Elmar te Neues zur Begrüßung.

Dass dieser Prozess unumkehrbar ist, macht Middeldorf zu Beginn seiner Ausführungen deutlich. „Es sind alle Rahmenbedingungen geschaffen, um den Ausstieg aus der Kohle erfolgreich zu gestalten“, sagte der ZRR-Geschäftsführer und erläuterte das komplexe Konstrukt der Zukunftsagentur, in der unter anderem Landkreise, Städte, Industrie- und Handels- sowie Handwerkskammern, Gewerkschaften und andere Institutionen darüber entscheiden, welche Projekte zur Gestaltung des Strukturwandels umgesetzt werden. Zur Finanzierung stehen rund 15 Milliarden Euro Fördermittel bereit.

Im gesamten Rheinischen Revier sind 22 sogenannte Leuchtturmstandorte identifiziert worden. Für diese Standorte sind Projekte angedacht, konkret geplant oder schon in der Umsetzung, um Unternehmen für den Standort zu gewinnen, Arbeitsplätze zu schaffen und Innovationen zu initiieren. So sind für Mönchengladbach die Themen „Textil“ und „Aviation“ identifiziert worden. Konkret geht es beispielsweise um die Textilfabrik 7.0 und die Entwicklung des interkommunalen Gewerbegebiets Flughafen Mönchengladbach. In Neuss stehen die Nahrungsmittel- und die Aluminiumindustrie mit dem bereits bewilligten „Lebensmittel Launch Center“ und dem potenziellen Projekt „Innovation Center Aluminium Economy“ im Fokus. Mit der möglichen Ansiedlung eines Hyperscaler-Rechenzentrums in Grevenbroich bietet sich die Chance, IT-Unternehmen ins Revier zu locken und in einem Digital-Park anzusiedeln. Middeldorf berichtete, dass bereits 313 Projekte mit einem Fördervolumen von 2,2 Milliarden Euro bewilligt seien. Eine Grundvoraussetzung für den Erfolg des Strukturwandelprozesses sei die ausreichende Verfügbarkeit von geeigneten Gewerbeflächen. Die ZRR geht davon aus, dass bis 2030 rund 1.100 Hektar vermarktungsreif seien. Die internationale Kampagne zur Vermarktung der Flächen läuft. Die Fokusbranchen zur Akquise von Investoren passen zu den Leuchtturmstandorten: Green Energy Technologies, New Mobility, Digital Technologies und Life Science.

„Ich halte es für realistisch, dass in den kommenden fünf Jahren bis zu 20.000 neue Arbeitsplätze auf den Flächen im Rheinischen Revier entstehen können“, sagte Middeldorf und warb bei den Unternehmerinnen und Unternehmern der Vollversammlung für Geduld: „Zweifellos müssen wir mit Blick auf den Ausstieg aus der Kohle 2030 zügig vorangehen. Aber: Bei einem solchen Prozess braucht es auch einen etwas längeren Atem.“

Zum Abschluss warb IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz bei den Unternehmerinnen und Unternehmern dafür, das Förderangebot „Zukunftsgutscheine Rheinisches Revier“ zu nutzen. „Damit werden kleine und mittlere Unternehmen dabei unterstützt, sich auf die Herausforderungen des Strukturwandels vorzubereiten“, erläuterte Steinmetz. „Es geht um die Erschließung neuer Wachstumsmärkte, die Erneuerung des eigenen Geschäftsmodells und die Qualifizierung der Beschäftigten.“ Die Mittel könnten beispielsweise für betriebliche Investitionen in neue Prozesse, für Beratungsleistungen, für Weiterbildungsmaßnahmen und auch für die Ersteinstellung von Fachkräften, die im Betrieb die Transformation begleiten, verwendet werden. Steinmetz: „Sprechen Sie uns an! Wir beraten Sie und helfen Ihnen bei der Beantragung der Mittel.“

Weitere Informationen zu den „Zukunftsgutscheinen Rheinisches Revier“ stehen auf der IHK-Website zur Verfügung unter: www.mittlerer-niederrhein.ihk.de/29080 (opm)

IHK-Präsident Elmart te Neues (r.) und IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz (l.) begrüßten Bodo Middeldorf, Geschäftsführer der Zukunftsagentur Rheinisches Revier (ZRR). Foto: IHK