„Wir als Bruderschaften müssen zusammenstehen, um unser Brauchtum erhalten zu können“

An diesem Pfingstwochenende begehen die St. Helena Schützenbruderschaft Ummer 1803 und die St. Mathias Schützenbruderschaft Heimer 1629 ein gemeinsames Schützenfest. Beim traditionellen Zapfenstreich gedachten die Bruderschaftler nicht nur den Kriegen, sie warben auch für den Erhalt des wichtigen Brauchtums.

Viersen – Stefan Ungerechts, dem Präsidenten der St. Helena Schützenbruderschaft, gebührte die Ehre der Rede am Ummer Kreuz zum Totengedenken und Zapfenstreich, der vom Viersener Tambour Corps 1925 e.V.  musikalisch begleitet wurde:

„Traditionell halten wir zum Schützenfest hier an dieser Stelle ein Totengedenken für die Gefallenen der beiden Weltkriege. Gleichzeitig soll es Mahnung und Appell sein nie wieder Krieg in Europa! Seit dem 24.02.2022 herrscht wieder Krieg in Europa, die Befreier, die Nazideutschland von den Nationalisten befreit haben, sind heute Aggressor eines völkerrechtswidrigen Krieges gegen die Ukraine unter dem Denkmantel der „Entnazifizierung“ des ukrainischen Gebietes.

Dieses Ereignis markiert eine Zeitenwende, weit mehr als jede Pandemie hätte auslösen können. Rote Linien mussten neu über dacht werden, Landes und Bündnisverteidigung erhalten wieder einen hohen Stellenwert. Die Ukraine kämpft einen Stellvertreterkampf für Europa und wird dazu von der NATO, den Europäischen Staaten und den USA in einer bisher unvorstellbaren Weise unterstützt.

Montag, 29. Mai 2023
Festmesse in St. Helena 09:30 Uhr mit anschließender Parade an der Kirche gegen 10:40 Uhr sowie Frühschoppen nach der Parade im Jugendheim mit angebautem Zelt an der Heimerstraße.

Die Pandemie und der Ukrainekrieg verlangen auf Opfer von uns, doch sie sind gegenüber dem, was das ukrainische Volk zu erleiden hat, kaum merklich. Was wir alle aber aus Pandemie und Ukrainekrieg gelernt haben sollten ist, dass selbst gesetzte Grenzen überdacht werden müssen. Nur miteinander sind wir stark und unsere Lebensgewohnheiten können schneller eine Veränderung erfahren oder beschnitten werden, als wir alle je gedacht haben.

Foto: Rheinischer Spiegel

Was heißt das für uns als Bruderschaften und Vereine konkret? Alte Rivalitäten und Gewohnheiten müssen überdacht und ausgeräumt werden, ohne unsere Traditionen aus den Augen zu verlieren. Wobei Traditionen auch in die Jetztzeit übersetzt werden müssen, um verstanden zu werden. Unser Wahlspruch „Glaube, Sitte, Heimat“ hatte vor 50 Jahren mit Sicherheit eine andere Bedeutung als heute. Denn nicht nur wir verändern uns, sondern auch die Gesellschaft deren Spiegel wir sind, aber auch die Kirche und unser Verhalten gegenüber der Institution verändern sich ständig.

Wir haben in den letzten 40 Jahren die Hochzeit des Schützenwesens miterlebt, jetzt müssen wir feststellen, dass das Schützenwesen immer mehr an Bedeutung verliert und die kleinen und mittelgroßen Vereine ums Überleben kämpfen. Selbst vermeintlich große Bruderschaften müssen Repressalien und Mitgliederverluste hinnehmen.

Wir alle müssen uns Fragen stellen: Wieviel Schützenfest verträgt die Sektion/eine Stadt? Womit erreichen wir die Vereins- und Gemeindemitglieder noch? Wieviel Manpower haben wir noch, um ein Schützenfest zu organisieren? Welche finanziellen Mitteln haben wir und können wir generieren?

Foto: Rheinischer Spiegel

Wenn wir uns ehrlich machen und diese Fragen wahrheitsgemäß beantworten, kann man nur sagen: Es läuft auf wenige größere Schützenfeste hinaus, die von mehreren Vereinen getragen werden und den Besuchern mehr bieten können als der einzelne es könnte. Wir als Bruderschaften müssen zusammenstehen, um unser Brauchtum erhalten zu können, um nicht als Fußnote in der Geschichte zu enden. Die Pflege von Brauchtum ist mehr als Feste zu feiern, sondern ist auch moralische Instanz gegen Entzweiung, Hetze und Krieg.

Lassen Sie uns mit dem heutigen Tage das Gedenken an dieser Stelle, um die Gefallenen des Ukrainekrieges erweitern und den Ruf nach nie wieder Krieg in Europa noch lauter werden lassen. Und darauf hoffen, dass dieser unsägliche Krieg schnellst möglich ein glückliches Ende findet.“ (cs)

Foto: Rheinischer Spiegel