Bluffen wie die Profis: So dominiert man beim Poker

Wenngleich Poker offiziell und rechtlich als Glückspiel gilt und stark vom zugeteilten Blatt abhängt, kann es im Gegensatz zu Roulette, Blackjack oder Bakkarat vor allem auch durch Geschick und Übung gewonnen werden.

Service – Turniere wie die World Series Of Poker und die Tatsache, dass viele Zocker das Hobby zum Beruf gemacht haben, weisen darauf hin, dass Gewinnen beim Poker ebenso von der richtigen Strategie abhängt wie auch von psychologischem Geschick, wenn es darum geht den Bluff der Mitspieler zu enttarnen und den eigenen zu meistern. Doch kann man das überzeugende Schummeln überhaupt lernen, und verraten sich im Gegenzug andere durch unbewusste Mimik und Gestik?

Zunächst überrascht hier, was in Studien zum Thema Lügen und Schummeln nachgewiesen wurde: Rechtspsychologe Günter Köhnken erklärte seinerzeit im Interview mit dem Spiegel, dass weder Mimik noch Gestik Aufschluss darüber geben, ob ein Mensch schummelt oder die Wahrheit spricht. Ein Experiment mit 4.800 Menschen in 75 Ländern ergab, dass die meisten Befragten glaubten einen Bluff daran erkennen zu können, dass der Sprechende die Augen abwendet – eine absolut falsche Annahme, urteilte der Experte. Weiter, so die Wissenschaft, haben Gestik und Mimik absolut keinen Einfluss auf Wahrheit oder Täuschung. Ein anderes Experiment ergab, dass Probanden eine Lügengeschichte erfolgreicher ertappten, wenn sie sie nur hörten, während das Beobachten des Lügners die Testpersonen eher in die Irre führte. Wer unruhig auf dem Stuhl rutscht, mit dem Beinen zappelt oder sich häufig räuspert, mag zudem einfach nur nervös sein, so der juristische Fachmann.

Ist der erfolgreiche Bluff beim Poker also reiner Zufall? Daran mögen sich die Geister unter den Psychologen scheiden. Ein erfolgreiches Beispiel ist die New York Times Bestseller Autorin Maria Konnikova, die einen Doktortitel in Psychologie besitzt. Sie recherchierte Poker-Spieler und stieg dabei selbst ins Spiel ein, anfänglich nicht um Geld zu verdienen, sondern um sich Fachwissen anzueignen. Im Verlauf wurde sie zum Poker-Star, gewann Turniere und verdiente ein Vermögen, bevor sie „The Biggest Bluff“ schrieb, das zum Bestseller wurde. Darin beschreibt sie, wie sie lernte nicht nur die Emotionen ihrer Gegner zu deuten, aber auch ihre eigenen zu erkennen und schlau zu kontrollieren. Genau dies ist das Geschick, dass Poker-Spieler neben der richtigen Strategie, so erfolgreich macht.

Foto: Pavel Danilyuk/Pexels

Wer selbst erfolgreich Bluffen möchte, kann von den Profis eine Menge lernen: weit verbreitet ist, dass diese eine Sonnenbrille beim Spiel tragen oder ein Cap tief übers Gesicht ziehen, um ihre Augen zu verbergen, die in Bruchteilen von Sekunden unbewusst Aufschluss über eine emotionale Reaktion geben könnten. Profis wie Gus Hansen und Joe Navarro, der 25 Jahre lang Verhörspezialist beim FBI war, sind in der Lage Körpersignale bis zu 90 Sekunden lang zu unterdrücken. Perfekt können auch sie es nicht, denn das limbische System im Gehirn wandelt Gefühle blitzschnell in Impulse um, die dann an die Nerven weitergegeben werden. Navarro beobachtete seinen Gegner Gus Hansen und sah, dass beim Aufdecken einer Karte für den Bruchteil einer Sekunde sein Atem aussetzte und sich seine Finger um zwei Zentimetern krümmten – genug Zeit, um ihn zu durchschauen.

Wer also beim Poker gewinnen möchte, muss lernen seine emotionale Reaktion besser zu steuern, wie die Fallbeispiele von Maria Konnikova wie auch Gus Hansen belegen. Wenngleich sich diese nie komplett ausschalten lassen, können Profis sie wenigstens mit Übung besser unterdrücken. Keine Reaktion ist die beste Reaktion, um dem Gegner in die Irre zu führen. Ein anderer bekannter Trick ist es, die Mitspieler erfolgreich abzulenken und ihre Beobachtungsgabe zu beeinflussen. Viele Pokerspieler lassen deshalb die Jetons durch die Finger gleiten und erzeugen dabei Geräusche: damit wollen sie die Konzentration der Gegner beeinträchtigen.

Gleichzeitig kann man nach Ansicht der erfolgreichen Poker den Bluff anderer mit ausreichend guter Beobachtungsgabe enttarnen: US-Neurologe Alan Hirsch ertappte beispielsweise Bill Clinton beim Lügen zur Lewinski-Affäre, weil es sich wiederholt an die Nase fasste. Die Theorie: beim Schwindeln wird das Gewebe in der Nase stärker durchblutet, sie schwillt an, was wiederum zum Jucken führt. Eine weitere Theorie: Wer glaubt mit seinem Bluff davongekommen zu sein, streicht sich mit der Zunge für den Bruchteil einer Sekunde über die Lippen.

Foto: Anna Shvets/Pexels

Auch die Augen lassen sich nur schwer kontrollieren. Lügner sollen für 25 Millisekunden ihre Pupillen nach oben bewegen, angeblich, weil man sich in diesem Zeitraum etwas ausdenkt oder visuell nach Ideen sucht. Fraglich ist, ob dies auch dann passiert, wenn man bei einem schlechten Blatt verdoppelt, um die Gegner zu täuschen.

Poker-Spieler beobachten alle Regungen der Gegner und haben ihre eigenen Theorien: steife Beine, angespannte Schultern, häufiges Schlucken oder zittrige Hände gelten oft als Signale für einen Bluff, allerdings sind dies die gleichen Regungen, die bei Nervosität und Angespanntheit auftauchen; gerade bei einem intensiven Turnier können diese Emotionen also auch trotz eines guten Blatts präsent sein.

Ganz gleich, ob man selbst erfolgreich bluffen oder die Bluffs der Gegner enttarnen will: je neutraler sich ein Spieler gibt und je stärker er seine Emotionen in Schach halten kann, desto erfolgreicher ist er dabei. (opm)