53. Burggraf der Neuzeit Michael „Unke“ Schmitz proklamiert

Präsident Helmut Deden wurde von der Burggrafengarde sowie den Burgspatzen zur Bühne geleitet, um die bisherigen anwesenden Burggrafen willkommen zu heißen und zwar Jochen Semmler (1996), Bernd Gothe (1997), Günther Pilz (2002), Dieter Beines (2003), Monika Bartsch 2005), Johannes van der Vorst (2006), Norbert Bude (2007), Horst Thoren (2009), Wilfried Günter (2010), Hermann-Josef Krahwinkel (2011), Dietmar Wirt (2016), Dr. Markus Hardenack (2017), Horst Imdahl (2018) und Ralph Köllges (2023).
Bericht von RS-Redakteurin Marlene Katz | Fotos von RS-Fotograf H.-Josef Katz

Mönchengladbach – Anschließend standen die Burgküken parat, um den Gästen zu zeigen, was sie gelernt hatten. Aber Deden bremste sie aus mit den Worten: zuerst tanzt unser Solomariechen Anna, um den Kindern einmal zu zeigen, wie richtig getanzt wird.

Die Burggrafen vor der Proklamation 2024

Dann zeigte Deden auf, welche Kriterien ein Burggraf erfüllen muss, er muss besondere Verdienste um die Stadt Mönchengladbach und insbesondere um den Stadtteil Odenkirchen, Verdienste bei der Förderung und Erhaltung des heimatlichen Brauchtums … und natürlich ganz besonders auch Verdienste um die Historische KG Ruet-Wiss Okerke erworben haben.

Einzug der Gesellschaft angeführt von Profos Josef Katz

Dann folgte die informative und lustige Laudatio vom Vorjahres-Burggrafen Ralph Köllges.

Eine Laudatio ist ein Nachruf bei Lebzeiten.

Ralph Köllges

>> Das ist nun meine schöne Aufgabe, Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, den neuen Burggrafen Michael Schmitz vorzustellen.

In Analogie zu einem Werbeslogan Ende der 60er Jahre legen wir Burggräfinnen und Burggrafen bei einer Neuernennung drei Dinge als Voraussetzung fest: 3 Dinge braucht der Burggraf: Feuer – Pfeife – Stanwell – Nein, das nicht, sondern man muss als Kandidat folgende Verdienste nachgewiesen haben

Verdienste um die Stadt Mönchengladbach und insbesondere um unseren Stadtteil Okerke, Verdienste bei der Förderung und Erhaltung des heimatlichen Brauchtums, insbesondere in Okerke und Verdienste um die Karnevalsgesellschaft um Ruet-Wiss Okerke.

Nach eingehender Prüfung ist der hohe Rat der Burggräfinnen und Burggrafen unter Leitung des ehren- und tugendhaften Hermann Josef Krahwinkel, bekannt auch als Baron von Bitburger, zu der Entscheidung gekommen, den auch am britischen Hofe sehr bekannten Titel eines Burggrafen von Odenkirchen, der in direkten Nachfolger des Jan van Werth steht, hier und heute an den bisher bürgerlichen Berater der Renten, Michael Schmitz, zu verleihen.

Kein Geringerer als der Hüter der klammen Stadtkassen und maroden Straßen, der Erste Bürger dieser einzigartigen Stadt mit zwei Hauptbahnhöfen und auch ansonsten vielen liebenswerten Ecken, der rote Felix, wie immer stilsicher im CDU schwarzen Anzugzwirn gewandet, er wird, im Anschluss an diese Laudatio, mit sicherer Hand (so hoffen wir alle) mit dem Zeremonialschwert, das in ehrwürdiger Tradition der Reichsschwerter gefertigt wurde, Dich, lieber Michael zum Burggrafen schlagen. [Alle Burggrafen]

Bist Du eigentlich privat versichert oder gesetzlich, lieber Michael? Aber dies geschieht nur dann, wenn Sie liebe Anwesende, als Volk von Odenkirchen, im Anschluss an diese Laudatio durch Applaus der Proklamation zustimmen – „Schau‘n wir mal“ würde Franz gesagt haben. Also noch ist alles offen, lieber Michael.

Unser Prinzenpaar mit Hofstaat

So lasset uns nun die Lobhudelei beginnen auf Michael, den bürgerlichen Schmitz, bei dem Nachnamen kann man nur bürgerlich sein, auf dass er in den niederen Adel erhoben werde, damit das Volk von Odenkirchen für ein Jahr habe – einen wohltätigen, tugendsamen und gottesfürchtigen Herrscher – hier lassen wir natürlich auch alternativ als Tugend gelten: die Furcht vor der Ehefrau.

So höret denn, ihr Leute aus Odenkirchen und den umliegenden Honschaften, inklusive derer vom fernen Gladbach Kommenden, so höret und staunet dass der Michael, im vornehmen Rheydt, im Märze des Jahres 1967 das Licht der Welt erblickte.

Im knabenhaften Alter von 10 Jahren wurde ihm dann standesgemäß eine Wohnstätte in unserem geliebten Odenkirchen angetragen. Seit dieser Zeit lebt er ununterbrochen hier unter uns. Es begab sich dann im zarten Alter von 12 Jahren, dass seine liebevollen Eltern den Michael für die Schulferien in die Obhut des Ordens der Heiligen Katholischen Studenten Jugend, KSJ, gaben. Dort sollte er lernen den Minnesang des Lagerfeuers, das sittsame Werben um die holde Weiblichkeit, und er sollte sich zu seiner Ertüchtigung messen mit Gleichaltrigen in ritterlichen Spielen.

Zum ersten Mal in seinem Leben gaben die Eltern diese behütete Seele in ein Zeltlager. Wie es sich für gute Eltern geziemt, wurde Michael dafür stattlich ausgestattet. Es gab kein vergleichbares Rittergewand im ganzen Lager. So höret. Es bestand aus: einem grasgrünen Trainingsanzug, ausreichend großen Turnschuhen, die sein nahezu 10 Jahre älterer Bruder und tapferer Recke in manchen Schlachten ehrenhaft getragen hatte und als Helm ein rotes Cappie, auf dem das bekannte Wappen der Stadtsparkasse prangte, eine wahrhaft respekteinflößende Gestalt.

So gewandet und nichts Böses im Schilde führend, stolperte er dann eines Morgens über eine hinterlistige Zeltleine. Michael schaffte es, durch seine große Verwegenheit, nicht mit dem Gesicht in den Modder zu fallen, sondern sich auf die Hände und die Knie zu stützen. Unter dem Applaus des gaffenden Jung-Volkes erhielt er nach dieser kühnen Heldentat folgerichtig einen Schlachtnamen aus dem ehrwürdigen Geschlecht der Grottenmolche und wurde fortan Unke gerufen. Diesen Namen führte er sodann ehrenhaft weit über die Ländereien Odenkirchens hinaus bis auf den heutigen Tag.

In einer Taverne oder Kneipe heißen viele Helden Michael und zahlreiche Bürger stammen aus dem ehrwürdigen Geschlechte der Schmitz, aber es gibt nur eine, nur eine Unke. Ich bin mir sicher, dass Michael als Burggraf, dieses edle Tier, die Unke, bekannt auch als gelbes Imitat aus den Lurchiheften, dass er die Einzige, die original grüne Unke in seinem Schildwappen führen wird.

In der Folgezeit besuchte er dann mit seinem neuen Namen weiter das hochgeachtete Gymnasium zu Odenkirchen. Er studierte dort mit so großem Geschick die Natur- und Geisteswissenschaften, dass er im Jahre des Herrn 1986 dort selben die Weihen des Abiturs empfing. Dies geschah zur gleichen Zeit, in der auch meine geschätzte Burggräfin Annette Zimmermann, auch bekannt als Heilerin von Odenkirchen, dort das Abitur erlangte. Sie könnte es also bezeugen.

Schon früh wuchs in dem jungen Knaben der Wunsch, wahrscheinlich inspiriert durch die Odenkirchen umgebenden bekannten Höhen zu Kamphausen, dass er Archäologe werden wolle. Doch die sehr weisen Eltern rieten dem Knaben, nicht im Dreck der Geschichte zu wühlen, sondern sich einen lukrativeren Beruf zu suchen. So kam es, dass Michael einen Ruf zur Ausbildung am Finanzamt erhielt, bekannt auch als Amt für moderne Christenverfolgung, dem er aus Liebe zu Odenkirchen und seinen gottesfürchtigen Bewohnern nicht folgte.

Er wollte zudem auch nicht die Ausbildung im fernen und karnevalsfreien Lande der Westfalen, in Münster, vollenden und so folgte er dem Rufe seines Herzens und ließ sich 1989 zum Inspektor bei der Rentenversicherung weihen in Düsseldorf, auf der Rheinseite des gelackten Karnevals. 1990 kehrte er der Gilde der Beamten und Schreiberlinge den Rücken und studierte fortan auf Lehramt das treffliche Fach der Geschichte. Zur pekuniären Auffrischung seiner Goldkammer bewarb er sich zu dieser Zeit dann bei einem Rentenberater.

Dort erschien der schmucke Michael, in Unsicherheit über die biologischen Vorkenntnisse seines möglichen Gönners, denn nicht jeder ist in der Krötenkunde bewandert, nicht in dem bewährten grünen Anzug aus dem Zeltlager, sondern in einer schmucken Rüstung aus dem bekannten Geschlechte der Kommunionkinder. Im gegenüber saß dann sein potentieller Lehensherr in einem edlen Zwirn derer, die als Mitglied des Stammes der inneren Ruhe tragen Trainingsanzüge aus Ballonseide. Man war sich ungeachtet der unterschiedlichen Stammeskleidung direkt sympathisch und so verdiente Unke sein Studium fortan durch die Beratung von Menschen in der kniffligen Angelegenheit des Norbert Blümschen Geschlechtes: der sicheren Rente. Sein Studium des Lehramtes dann an den Nagel hängend tut er dies, bis auf den heutigen Tage, zum Wohlergehen der Menschen.

Auch sonst kann man nur von großer Tugendhaftigkeit berichten, insbesondere gegenüber der holden Weiblichkeit. Somit hatte er im Zeltlager wirklich höhere Weihen erlangt. Nie, niemals hatte er bis zum 31.12.2000, dem Tag einer legendären Feier zu Ehren des Heiligen Sylvester in einer Taverne in Lürrip, nie hatte er wildfremde Frauen angesprochen. Damit kann man ihn fast in einer Linie mit meinem Freund, Burggrafen und Herrscher über das Edle Stahl Bernd Gothe nennen.

An diesem Abend waren die Ritter der Jungen Union zahlreich vertreten. In dieser Gruppe jungen Blutes erschien ihm die holde Monika, und er nahm verzückt sein Herz in beide Hände und fragte sie die drei wichtigsten Fragen, die ein junger Recke zur Prüfung die holde Weiblichkeit fragen kann:

  • Interessierst Du Dich für Fußball? …………Nein, überhaupt nicht.
  • Hast du Interesse an der Jungen Union? …….. Nö……Eher nicht.
  • Was ist denn mit Karneval?……………….Schrecklich, geht überhaupt nicht:

Im modernen Minnegesang von Tinder nennt man das ein perfektes Match. Und so wurden sie folgerichtig ein verheiratetes Paar, seit dem Jahre des Herrn 2006. Die 2 sind zusammengewachsen: sie liebt sein Bücherhobby mit über 2000 Büchern im Haus. Bibliotheken, die ansonsten nur berühmte Klöster ihr Eigen nennen.

Michael hat handwerklich als Rechtshänder zwei linke Hände, Monika ist dagegen handwerklich sehr geschickt und Michael bewundert zudem Ihre Fähigkeiten als Designerin. Monika hat sich mittlerweile dem Karneval auch weiter geöffnet und „Loss mer singe“ in Köln ist für sie ein absolutes Muss.

Karnevalistisch hat die Karriere von Michael in der Odenkirchener Pinte vom legendären Mundschenk Juppa Erdmann angefangen. Von Altweiber bis Aschermittwoch gab es dort den rheinischen Minnegesang zu selbst erstellten Kassetten. Die Gäste der Schänke waren ob der Regelmäßigkeit der wiederkehrenden Lieder immer der Ausgabe aus dem Kassetten Rekorder im Gesang knapp voraus.

Man stählte seinen Körper mit Hektolitern wohlschmeckenden Bieres und den Gaben des Heiligen Kabänes. Und am Ende des Karnevals wurden die Luftballons durch Zigaretten am Mittwoch dem heiligen Ascher, daher der Name Aschermittwoch, diesem dann platzend geweiht.

Zu seinen Tugenden gibt es Zahlreiches zu berichten. So ist er Politiker des Sozialen durch und durch und kämpft für eine einmal begonnene Sache bis zum Ende. Auch wenn für die Errichtung einer modernen Umspann Station, also einer Bushaltestelle, mal 3 ein halb Jahre ins Land ziehen, Michael gibt nicht auf.

Als Herr, der dem roten Felix Ratschläge im Rate der Stadt gibt, ist er für die Recken der CDU sozialpolitischer Herold, also Sprecher. Er ist zudem stellvertretender Vorsitzender im Ausschuss für öffentliche Ordnung und Feuerwehr.

Auch im benachbarten Geistenbeck wird sein seither Name gerühmt. Er ist aktiv tätig im Bürgerverein und im Kleingartenverein. Als Autor, Regisseur und Person des Schwatten Michael verfolgt die dortige Bevölkerung mit großer Freude das jährliche Vogtgeding. Allein seine Gesangseinlagen führten zu großem Aufruhr und wurden seither verboten.

Die Geistenbecker hatten vor langer Zeit mit dem Lehnsherrn, dem Burgrafen von Odenkirchen, für Ihre Treue vereinbart, dass jährlich ein Bierfass von der Burg in Odenkirchen nach Geistenbeck gerollt werden muss. Dieses musste randvoll gefüllt sein, dass eine Mücke am Rande des Fasses es zum überlaufen brächte. Ich bin schon gespannt, wie Michael demnächst als neuer Burggraf dies beim Vogtgeding erfüllen wird.

Volk von Odenkirchen, so wachet denn wieder auf und höret nach der Lobpreisung nun die Bitte Eures Heroldes. Wenn ihr, genau wie ich, wollt, dass der hoch verdiente Bürger Odenkirchens, Michael Schmitz, Verteidiger der Renten, ein Mann, der unter dem Schutze der Unke steht und diese als Zeichen auf seinem Kampfschilde trägt, dass dieser Mann durch den roten Felix zu unserem neuen Burggrafen geschlagen wird, auf dass wir ihm getreu in den berühmten Schlachten des Karnevals an Altweiber bis Aschermittwoch, vereint als echte Fründe im Kampf um Freude, Frohsinn und Freundschaft, dass wir ihm getreu bis zum allerletzten Alt beiseite stehen, wenn ihr das denn wollt, dann ruft mit mir als Eid auf das neue Bündnis seinen Schlachtruf aus: dreemal von Heatze : Michael – Unke. <<

Bevor die eigentliche Proklamation durchgeführt wurde, tanzten die Burgspatzen mit Solomariechen Anna.

Dann wurde es ernst. Es sollte der Ritterschlag durch Oberbürgermeister Felix Heinrichs erfolgen, doch vorher gab es einen kleinen Dialog zwischen ihm und Schmitz, der privat versichert ist, und zwar zu dem Thema: was passiert mit dem Geld für eine ärztliche Behandlung falls der Oberbürgermeister nicht treffen würde und die Ohren ab seien.

Aber es ging alles gut. Schmitz kniete vor dem OB nieder und durch die Ritterschläge wurde er offiziell zum Burggrafen ernannt.

Bei dieser Gelegenheit ließ Oberbürgermeister Felix Heinrichs es sich nicht nehmen, einen verdienten Karnevalisten, der seit über 50 Jahren in der HKG Ruet-Wiss Okerke ist mit dem höchsten Orden der Stadt im Karneval auszuzeichnen und zwar Heinz-Josef Katz

Nach der Gratulationscour machte auch das Prinzenpaar Jost und Elke sowie das Kinderprinzenpaar Niklas und Hanna, jeweils mit Hofstaat, ihre Aufwartung. Auch der MKV-Vorstand mit dem 1. Vorsitzenden Gert Kartheuser und dem Geschäftsführer Dirk Weise hatten den Weg zur Bühne gefunden.

Prinz Jost führte an, dass die Gesellschaft eine gute Wahl getroffen habe und Schmitz diesen Titel mit Würde tragen werde. Prinzessin Elke fand den Namen „Unke“ nicht so schön, sie meinte, dass sich Lurchi viel besser anhöre. Da sie nach der Session ein Seniorenbüro eröffnen möchte, bat sie Schmitz sie evtl. dabei zu unterstützen.

Auch Niklas und Hanna waren von der tollen Laudatio von Ralf Köllges begeistert und bescheinigten Schmitz, dass er diese Ehre vollkommen verdient habe.

Dann gratulierte Kartheuser im Namen des MKV und erklärte, dass sie gerne zu diesem Termin gekommen seien, denn das sei immer eine Herzensangelegenheit. Auch er war von der tollen Laudatio total begeistert und Schmitz habe die Aufnahmeprüfung sehr gut bestanden.

Ohne ihr gemeinsames Lied „Döpp Döpp Döpp, wir sind die Prinzenpaare von Gladbach“ kamen Jost, Elke, Niklas und Hanna nicht von der Bühne.

Michael Schmitz

Dann folgte die Dankesrede von Michael Schmitz.

>> Sehr verehrte nun Mitburggräfinnen und Burggrafen,

Sehr geehrte Damen und Herren,

am Beginn einer Rede sitzt man vor einem leeren Blatt Papier und überlegt, was man sagen will und vor allem wie…Doch vorab bevor ich in höchst langweiligen unerträglich peinlichen Stunden fortfahre – etwas extrem Elementares: Ich habe ja schon oft da unten bei Euch – ich bleib mal den Rest der Veranstaltung beim gemütlicheren „DU“ – gesessen und EIN Gedanke schoss mir jedes Mal durch den Kopf: „Sehr nette Veranstaltung, aber bis hierhin verdammt trockene Luft im Saal.“ Ihr wisst, wovon ich rede neh? Und ich beschloss damals, dass sollte ich einmal in der Position sein, etwas dran zu ändern, so würde ich dies machen. *KÜHLBOX* Also ICH bin versorgt! Aber ich spüre eine gewisse Erwartungshaltung im Saal und sehe glaub ich schon ein paar Zungen aus dem Hals raushängen … Nun gut… Herr Kapellmeister. Einmarsch!

Hier gab es ein kleine Pause und Mitglieder verteilten Getränke an die im Saal Sitzenden.

So! Gestärkt durch mehr oder weniger geistige Getränke können wir ja nun fortfahren.

Also am Beginn einer Rede sitzt man vor einem leeren Blatt Papier und überlegt, was man sagen will und wie. Die großen, die Jahrhunderte überdauernden Reden haben meist einen sich ständig wiederholenden Leitsatz. Ein paar Beispiele dieser epochalen Reden: Cäsars Beerdigung Rom 20. März 44 vor Christus kurz vor der Teezeit Marcus Antonius betont ständig „Denn Brutus ist ein ehrenwerter Mann“. Marsch auf Washington 28.08.1963 Dr. Martin Luther King bekräftigt immer wieder „I have a dream“ Haushaltseinbringung Ratssaal Rheydt 18.10.2023 OB Felix Heinrichs wiederholt „Die Lage ist ernst“. Ja Leute. Wie will ich denn mit sowas konkurieren? Da bin ich doch ausgekartet. Ich hatte noch überlegt meine Rede unter dem Motto „ Meine Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernstgemeint“ zu stellen; ich habe mich aber dann doch dazu entschieden lieber zu versuchen, Euch den 53. Burggrafen – also ICH – lieber in Form einiger Anekdoten nochmal näher zu bringen. Weder zeitlich, noch thematisch irgendwie sortiert. Einfach eh su. Die erste Anekdote fand genau hier statt. Genauer gesagt DA, auf der anderen Seite dieser Bühne. Da wurde schon mal bei einer Ordensverleihung eine Laudatio auf mich gehalten. An dieser Stelle ein Dank an Ralph Köllges für die seinige am heutigen Tage. Danke, dass Du mich menschlich gehalten hast. Bei manchen Lobreden anlässlich von Ehrungen oder Ordensverleihungen schaue ich meist verschämt auf meine Füße – also um meinen Bauch rum auf meine Füße – und denke „Schäm Dich, Michael. Der (oder die) zu Ehrende ist bei 50 Lebensjahren schon 60 Jahre ehrenamtlich tätig; 8 Tage die Woche, 30 Stunden am Tag nur für den Nächsten da. Hat als 10 Jähriger schon Ameisen die gebrochene Beine geschient usw. Und Du selbst? Du denkst gerade wieder nur daran, wo Du das nächste Bier herbekommst oder wohin Du die Letzten wegbringen kannst…Shame on you, Unke“

Und jetzt wurde heute hier auch auf mich eine Laudatio gehalten. Ich hatte nach so einer Lobpreisung schon immer die Sorge, dass die Leute danach erwarten, dass ein Wunder geschieht.  Wenn jetzt z.B. das Licht hier in der Burggrafenhalle ausfällt – und jetzt mal ehrlich unter uns: soooo abwegig ist der Gedanke beim traurigen Gesamtzustand der Halle ja leider nicht, also wenn das Licht ausfällt, ich dann die Beleuchtung mit meinem Heiligenschein alleine übernehmen könnte. Danke Ralph. Ich sehe diese Erwartung ist im Keim von Dir erstickt worden. Gut so!

Kommen wir aber auf die erste Laudatio auf mich hier an dieser Stelle.

Die Begründung für den mir verliehenen Orden lautet nach meiner Erinnerung ziemlich wörtlich „DAS ist Michael Unke Schmitz und ich habe mit dem schon viel Bier getrunken“ Ende! Lasst uns kurz innehalten und diese ja schon fast fernöstlich anmutende Weisheit in ihrer Schlichtheit auf uns wirken. Ich bekenne: Also kürzer, passender und vor allem ehrlicher habe – jedenfalls ich – noch keine Laudatio gehört. Ich war sehr angetan. Der Laudator möchte gerne anonym bleiben. Ich komme seinem Wunsch selbstverständlich nach. Hab ich das jetzt so richtig gemacht, Eibi?

Die Kriterien für einen zukünftigen Burggrafen haben wir schon gehört. So auch „sich um das Brauchtum verdient gemacht zu haben.“ Sicherlich hat sich gerade das Vogtgeding des Bürgervereins Geistenbeck, dessen Vorsitzender ich nun schon seit einer Reihe von Jahren sein darf, in den 15 Jahren seiner Existenz einen sichtbaren Platz im Brauchtum dieser Stadt erkämpft. Burggrafen und Burggräfinnen, Bundes- und Landtagsabgeordnete und Oberbürgermeister haben uns bisher schon auf der Bühne unterstützt. Meinen herzlichen Dank an diese, aber noch viel mehr an alle Mitstreiter- und innen aus dem Bürgerverein Geistenbeck. Wenn ich hier heute stehen darf, dann verdanke ich das auch ein Stück weit Euch und Ihr steht sozusagen sicher gerade neben mir. Das führt uns zu Anekdote zwei: Wie ich das Vogtgeding einmal sehenden und vor allem hörenden Auges in den Abgrund führte.

In einem Anfall von Wage- und Übermut beschlossen wir vor einigen Jahren das Vogtgeding, das ja eigentlich ein Theaterstück ist, um eine musikalische Komponente zu erweitern. Schnell war ein Lied gefunden „Et Wasser von Kölle is jut“, umgetextet „Et Wasser von Jestebeck is jot“. Doch es fehlte der oder die markanten Leadsänger vor allem für die Strophen. In vollkommener Überschätzung meiner tatsächlichen Fähigkeiten und ohne jegliche musikalische Vorbildung (außer dem Mitsingen in der Pinte; ihr werdet später noch davon hören), gestärkt durch den unerschütterlichen Glauben meiner Frau, ich könnte singen (ihr kennt den Ausdruck „Liebe macht blind; seit damals gibt es auch „Liebe macht taub“) Also: ich fühlte mich zu Höherem berufen. Und riss direkt als CoLead-Sänger auch noch Egon Krieger, unseren Ehrenvorsitzenden, voll mit rein. Wir holten uns zunächst einen professionellen Chorleiter mit an Bord. Die Proben waren so „naja geht so“…Also eigentlich gar nicht mal so schlecht. Die Aufführung… Ein Desaster biblischen Ausmaßes. Die Zeugen Jehovas – so munkelt man – haben danach in Betracht gezogen in ihrer Bibel das Buch „Offenbarung des Johannes“ um ein Kapitel „Vogtgeding VIII“ zu erweitern. Roland Emmerich – ihr kennt diesen Hollywoodregisseur mit Katastrophenfilmen wie Godzilla, 2012, Moonfall, Independence Day? –  Er hat angefragt, wegen der Filmrechte für Vogtgeding VIII.

Was war schiefgegangen? Der Anfang war schon das Ende. Irgendwie schaffte der Bandleader – also ich – es ums verrecken nicht Ton geschweige, denn den Takt zu treffen oder gar zu halten. Auch ein Abbruch und Neustart – Neudeutsch Reboot genannt – nützte nix. Außer bei den sich schnell versammelnden Straßenkatzen von Geistenbeck konnte das kein Gefallen finden. Der anonym bleiben wollende Chorleiter berichtete in Nachhinein: „Das ist mir so auch noch nicht passiert. Egal welches Tempo ich am Klavier vorgab. Michael hat das andere genommen…“ Ich habe mir sagen lassen, dass sich traditionell analog zu den Kapitänen, die mit ihren Schiffen untergehen, Dirigenten und Chorleiter nach solchen Debakeln in ihre Taktstöcke stürzen müssen. Wir konnten aber unseren Chorleiter davon überzeugen, dass er vollkommen unschuldig an dem Desaster war.

Woher kam mein Irrglaube Singen zu können? Na ja. Ich hab da so eine Theorie. Schmeißt Kölsche Musik an (also nicht nur die, aber bei der besonders) und ihr werdet den 53. Burggrafen kaum stoppen können. Wo kommt das her? Genetisch? Also Mama und Papa Schmitz – ihr könnt ja auch nochmal meinen Bruder fragen – waren jetzt nicht gerade als karnevalistische Feierbiester bekannt. Es ist wohl alles mit zwei Namen verbunden: „Pinte“ und Juppa“. Wenn es einen Grund gibt, dass der 53. Burggraf zu Karneval immer noch abgeht wie Schmitz Katze, kommt aus diesen Jugendtagen in den 80zigern und 90zigern.

„Jugendtage“ mit großen Anführungszeichen geschrieben. Es ist verdammt schwer in Worte zu fassen, was damals in Jupps Pinte zu Karneval so alles abging. Von verbretterten Fenstern, damit man zu später Stunde beim Tanzen auf den Bänken nicht durch die Glasfenster auf der Straße landete, über einen Wirt, der mit einer Klobürste in der Hand und einem „wer mutt dann he ens jebürscht werden“ die Stimmung zum kochen brachte. Von einem „WarmUp“-Trinken und Singen am Mittwoch vor Altweiber, um neue Lieder für die kommenden 6 Tage zu kennen. Von selbstaufgenommenen Karnevalskassetten, die so oft liefen, dass die Stammgäste – und das waren die meisten – sie so auswendig kannten, dass das nächste Lied der Kassette angesungen wurde, bevor es auf der Kassette überhaupt anfing. „Wie soll datt nur wiegger jonn“ … In unserem Veedel, dass letzte Karnevalslied am Veilchendienstag und das Platzenlassen der an der Decke hängenden Luftballons.

Das hat mich fürs Karnevalistische Leben und vielleicht darüber hinaus geprägt.

Noch heute – und nicht nur für mich – ist das der Maßstab der Dinge. Tulpensonntag letztes Jahr im Wiedemanneck war so ein magischer Abend, von dem viele danach sagten „Mensch, das war so wie damals bei Juppa“

Mach et jot da oben, Juppa

Eine Anekdote zur Pinte? Eine schnelle: Ein leider viel zu früh verstorbener Kegelbruder von mir nahm mich an einem der Karnevalstag in den Arm, ließ sein Auge wohlgefällig über die gutgefüllte Pinte kreisen und fragt mich „Unke, wem hammer hück he noch nitt beleidigt? Dat sind nit vill! Die Pinte: ein Ort vieler Originale.

Den meisten hier ist bekannt, dass ich ja auch im Rat der Stadt Mönchengladbach bin. Da gäbe es sicherlich einige Anekdoten. Ich habe eine beginnend in den allerersten Tagen als Ratsmitglied ausgesucht.

Im Ratssaal in Rheydt sitzt man in Reihen wie in der Schule. Es scheint so, als wenn vorne in den vorderen Reihen die Schönen, die Reichen, die Mächtigen sitzen. In der Mitte die nicht ganz so Schönen, nicht ganz so Reichen nicht ganz so Mächtigen. Und in der aller, allerletzten Reihe, da saß ich. Ihr könnt Euch vorstellen, was ich damit sagen will. Aber bei mir wurde das noch getopt. Nein, die haben mich jetzt nicht VOR die Tür vom Ratssaal gesetzt, aber AN die Tür. Kennt ihr den Ratssaal in Rheydt? Ja okay. Wenn ich mich hier im Raum umkommen, sind schon zwei oder drei da, die den Ratssaal kennen Für die anderen: Der Ratssaal in Rheydt ist so ein bisschen, wie der Festsaal in Harry Potters Hogwarts. Nur ein bisschen enger und ohne die fliegenden Kerzen. Also ehrlich gesagt: SEHR viel enger. Und dann saß ich dann da. An der Mitteltür.

Und fast alle mussten an mir vorbei. Ich habe am Hinterkopf so ne kahle Stelle. Erblichbedingter Haarausfall? Pustekuchen. Ich glaube, dass kommt daher, weil da jahrelang Männerbäuche dran vorbeigeschrammt sind. Ist genau die Höhe. Ich weiss zwar, dass es in Fernost als glückverheißend gilt, wenn man dem Buddha sein Bauch krault; aber das das auch gilt, wenn der Bauch die Plätt vom Schmitz krault, erscheint zumindest wunderlich. ABER wir wissen ja: Die Lage ist ernst. Wo hab ich das schon mal gehört…Egal.

Ach so: ich sitze übrigens jetzt seit 2 Jahren nicht mehr in der letzten Reihe. Keine Ahnung wieso. Ich bin weder reicher, noch mächtiger geworden und erst Recht nicht schöner.

In den letzten Tagen wurde ich häufiger gefragt, wie wird man denn überhaupt Burggraf? Ich als Neuling habe natürlich keinen Einblick in diese jahrzehntelange altehrwürdige Tradition. Hier also die letzte Anekdote – der einzig wahre Bericht – zumindest soweit ich beteiligt war – wie ich Burggraf geworden bin. Es begab sich – überraschenderweise wiederum in diesen heiligen Hallen hier –, dass ich beiseite genommen wurde und gefragt wurde „Michael, könntest Du Dir vorstellen Burggraf zu werden?“

Wisst ihr, was ich geantwortet habe? „Ja“ Kein Geschmuse wie „Wie komme ich denn zu dieser Ehre?“ oder „Es wäre für mich schon eine Ehre in Betracht gezogen zu werden“ Nöh. nur ein einfaches „ja“. Wie kann das sein? Also bevor hier jetzt der falsche Eindruck aufkommt „Bah watt iss der Schmitz für ne arrogante, fiese Möpp“, solltet ihr den Hintergrund kennen. An dem Abend wurde nämlich an diesem Ort hier noch händeringend ein neuer Vorsitzender für den Heimatverein Odenkirchen gesucht.

Gestärkt durch mehr oder weniger geistige Getränke

Als ich beiseite genommen wurde, stand mir einfach nur der blanke Angstschweiß auf der Stirn, dass ich gefragt werde, ob ich nicht Vorsitzender des HVO werden möchte. Lieber Burkhard Halm, liebe Burggrafen und Burggräfinnen, ich hoffe auf Euer Verständnis und eure Nachsicht, dass – bei einer vermeintlichen Wahl zwischen der Kür zum Burggrafen und der Wahl zum Vorsitzenden des HVO – mir eine Entscheidung zu Gunsten der Burggrafenehre sehr viel leichter fiel. Die Erlaubnis meiner Alleinerziehungsberechtigten Burggraf zu werden zu erhalten war machbar, die Erlaubnis Vorsitzender des Heimatvereins zu werden, wäre nur über einen Anwalt Schwerpunkt Scheidungsrecht möglich gewesen.

Also was wissen wir bisher vom 53. Burggrafen: er trinkt gerne Bier. Und er kann nicht singen. Aber er lässt es trotzdem nicht. Er versucht sich selbst nicht wichtig und erst Recht nicht ernst nehmen. Und: ich glaube, dass es in seiner Gegenwart eigentlich immer ziemlich lustig zugeht. Vielleicht mit der Einschränkung: wenn man nicht gerade mit ihm verheiratet ist. Denn – da bin ich mir ziemlich sicher – dafür ist eine nahezu göttliche Geduld schon notwendig. Er erzählt halt gerne viel. UND es ist mitunter mühselig, in seiner Gegenwart zu Wort zu kommen.

Was wäre noch wichtig zu wissen: Euer 53. Burggraf ist überzeugter Trekkie, manchmal der älteste 3-Jährige der Welt und Milka Vollmilch ist sein Kryptonit.

Vielen Dank für Eure geschätzte Aufmerksamkeit. Ihr habt Euch das Bier und was zu essen redlich verdient.

Da Schmitz sich selbst als Programmpunkt empfohlen hatte, war somit der offizielle Teil der Burggrafenproklamation beendet und die Gäste konnten sich an der Suppe und den Frikadellen sowie den kalten Getränken ergötzen.

Die Burggrafen mit Mariechen und Präsident nach der Proklamation