Unscheinbar wirken die großen Steinblöcke auf dem Remigiusplatz und doch stehen „Weisenstein“ und „Prangerstein“ für ein Stück Viersener Geschichte.
Von RS-Redakteurin Nadja Becker
Alt-Viersen – Bereits 1569 wurde die Existenz des „Weisensteins“ auf dem früheren Marktplatz neben der Remigiuskirche schriftlich belegt, an welchem Recht gesprochen und Urteile verkündet wurden. Er ist der größere der beiden Steine, die heute auf dem Remigiusplatz nebeneinander liegen. Um ihn wurde ein Gefangener dreimal geführt – „umb eynen groeten witten stein“ – bevor die Befragung vor dem Gericht stattfinden konnte. Wurden hier Todesurteile gesprochen, wurde der Verurteilte zum Galgenberg am Rande der Stadt geführt.
Zudem diente der Weisenstein als Ort zur Verkündung von Weistümern, Erklärungen über das bestehende Recht, zu deren Verlesung sich die Gemeinde zusammenfand.
Gegenüber liegt heute der „Prangerstein“ oder „Kaeks“, der ursprünglich vor dem Gerichtshaus am Markt seinen Platz hatte. Bereits 1692 diente er dazu, die Verurteilten zum Gespött anderer mit einem Halseisen an den Pranger zu stellen. Wahrscheinlich aufrecht hat der Stein gestanden und machte eine Flucht unmöglich.
Im Laufe der Zeit rankten sich viele Sagen und Legenden um diese zwei Steine. Eine Legende erzählt, dass die Angeklagten mit ihren Händen solange auf die Steine schlagen mussten, bis ein Tropfen Blut aus der Nase floss. Ein „Gottesurteil“, welches die Schuld bestätigte.
Nun kam jedoch der Tag, an dem ein Verurteilter auf dem Weg zum Galgen in Helenabrunn immer wieder seine Unschuld beteuerte. Dem Tode nah und begleitet von Schaulustigen, soll er Gott um Hilfe gebeten haben. „Guter Gott hilf mir, ich bin unschuldig. Lass diesen Baum alle Blätter verlieren, wenn ich unschuldig bin.“ Und Gott soll ihm geholfen haben, indem der Lindenbaum alle seine Blätter abwarf – mit diesem Zeichen wurde der Verurteilte freigelassen. (nb)