Der größte Circus im antiken Rom, der bis ins 6. Jahrhundert für Wagenrennen genutzt wurde, kann heute frei begangen werden. Er lädt dazu ein auf den Spuren der Geschichte zu wandeln.
Von RS-Redakteurin Nadja Becker
Rom/Italien – Mit einer Länge von 600 Metern und einer Breite von 140 Metern fällt der riesige Platz mitten im dicht bebauten Rom auf. Der Circus Maximus, der größte Circus im antiken Rom, ist in seiner Struktur bis heute erhalten, auch wenn nur noch zu erahnen ist, dass zeitweise bis zu 250.000 Personen hier einen Platz gefunden haben sollen. Bis in das 6. Jahrhundert für Wagenrennen genutzt, wurde das sumpfige Murciatal zwischen Palatin und Aventin tatsächlich schon im 6. Jahrhundert vor Christus trockengelegt.
Die Sage berichtet, dass bereits König Lucius Tarquinius Priscus Tribünen aus Holz für die ersten Spiele errichten ließ. Unter dem schweren Gewicht der Zuschauer brachen sie immer wieder zusammen und forderten Todesopfer selbst im Publikum. Um 46 v. Chr., zu den Triumphalspielen, die Gaius Julius Caesar veranstaltete, wurde der Bereich mit Sitzstufen aus Marmor sowie einem Wassergraben ergänzt. Ein Brand zerstörte 31 v. Chr. alle Bauten, weshalb der erste römische Kaiser Augustus den Circus nicht nur neu aufbaute, er erweiterte die Veranstaltungsfläche mit einer Kaiserlounge, der im Jahre 10 v. Chr. ein erster Obelisk folgte – dieser ist heute auf der Piazza del Popolo erhalten geblieben. Ebenfalls der zweite Obelisk, den Constantius II. im Jahr 357 in Auftrag gab, ist heute vor dem Lateran zu besichtigen.
Doch nicht nur für die bekannten Wagenrennen wurde der Circus genutzt, auch Akklamationen konnte das Volk hier entgegennehmen. Der römische Kaiser Domitian machte es sich deshalb leicht und verband kurzerhand den Palast mit der Kaiserloge – eine bauliche Veränderung, die sein Nachfolger Trajan wieder aufhob. Tatsächlich erreichte der Circus Maximus allerdings erst im frühen 4. Jahrhundert sein historisch berühmtes Aussehen, mit den häufig dargelegten Wagenrennen.
Es waren öffentliche Veranstaltungen, die meist auf Staatskosten veranstaltet wurden – und am Rande Platz für ein Bordell boten. Die Events bestanden zunächst aus 12, später aus 24 Rennen. Bis zur Herrschaft des Ostgotenkönigs Totila im Jahr 549/550 n. Chr. waren es umjubelte Spektakel, für die Götterbilder in silbernen und elfenbeinernen Wagen in einer Prozession in den Circus gebracht wurden. Nicht selten wurde zudem das Blut der Gladiatoren sowie zahlreicher Tiere auf diesem Boden vergossen, und ebenfalls athletische Wettkämpfe nach griechischem Vorbild fanden hier einen Platz, bis Caesar diesen auf dem Marsfeld ein eigenes Stadion widmete.
Von den religiösen Gebäuden, die dem Circus Maximus angehörten, darunter ein Tempel des Sonnengottes, ist heute noch ein Mithräum, ein Tempel des Mithras-Kultes, erhalten. Ursprünglich in den westlichen Unterbauten gelegen, liegt es heute unter einem Gebäude in der Via dell’Ara Massima. Entdeckt wurde es 1931 bei Bauarbeiten. Ein Jahr zuvor war begonnen worden den Bereich des Circus Maximus wieder freizulegen. Nach seinem Verfall ab dem späten 16. Jahrhundert wurde die Fläche landwirtschaftlich genutzt, die Sitzstufen aus Marmor für den Petersdom verwendet. Im 19. Jahrhundert war das Gebiet bebaut, heute dient der Bereich wieder als Veranstaltungsfläche für Konzerte, auf der selbst die britische Band Genesis ein Stelldichein gab. (nb)