Beim Möhrenschälen wurden die Kinderprinzenpaare zu großen Künstlern

In der Süchtelner Bürgerklause konnte am Samstagnachmittag geballter Karnevalsadel begrüßt werden. Im Rampenlicht standen dabei allerdings die närrischen Nachwuchstollitäten, die eine wichtige Aufgabe im Zeichen der Soetelschen Muhre zu bestehen hatten.
Von RS-Redakteurin Claudia-Isabell Schmitz und Fotograf Martin Häming

Soetele – Das Zepter der närrischen Macht legten am Samstag direkt zwei Kinderprinzenpaare in der Süchtelner Bürgerklause beiseite und tauschten es gegen Schälmesser aus. Bereit standen nämlich große Kisten mit Möhren, wie es sich für Süchteln gehört, wenn zum traditionellen Möhrenschälen für den guten Zweck eingeladen wird.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Dieses besondere Ereignis wollten sich auch das Kinderprinzenpaar aus Dülken und die ‚großen‘ Prinzenpaare aus Süchteln und Viersen nicht entgehen lassen. Während sie mit weiteren Karnevalisten als anfeuerndes Publikum fungierten, hatte sich ebenfalls das Vierscher Kinderprinzenpaar, Prinz David I. und seine Lieblichkeit Laura I., mit Schälmessern bewaffnet.

Gemeinsam galt es schließlich für den guten Zweck zu schälen. Das 55. Kinderprinzenpaar aus Süchteln hatte dazu fleißig geübt, so wussten Prinz Leon I. und Prinzessin Hanna I. so schwungvoll mit dem Schälmesser umzugehen wie ein Künstler mit einem Farbpinsel (auch wenn die Prinzessin zwischendurch ihren Finger ganz leicht mit einer Möhre verwechselte).

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Nach 11 Minuten und 11 Sekunden stand dann das fantastische Ergebnis von 333 geschälten Möhren fest, die Nicolai Rattay als Hausherr und Gastgeber in 333 Euro umtauschte. Aufgestockt wurde der Spendenbetrag zusätzlich mit einer Hutsammlung von 888 Euro. Die finanzielle Unterstützung wird an Altweiber an verschiedene Kindergärten übergeben.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Muhrejubbel gab es für die Kinder wohl nicht, dafür hatten Hubert Oistrez, Wolfgang Genenger und Wolfgang Puller für den kleinen Hofstaat Pommes, Fleischrolle und Brühwurst vorbereitet. Doch, wieso kam eigentlich die Möhre ins Spiel? Diese Geschichte reicht bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück, als sich in der Region große Probleme bei der Viehhaltung entwickelten.

Die Landwirte, die bis zu diesem Zeitpunkt Raps, Kohl und Steckrüben verfütterten, sahen sich mit Durchfällen, Gewichtsverlusten und einem schlechten Zustand ihrer Tiere konfrontiert. Paul Luhnen vom Lemmenhof in Süchteln-Vorst machte sich deshalb 1870 an die Veredelung einer gelben Möhre, damit diese als Viehfutter verwendet werden konnte.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Seine Forschungen waren erfolgreich, sie benötigen aber einige Jahre, bis auf dem leicht sandigen Bruchboden Möhren direkt in großem Stil angebaut werden konnten. Er kultivierte gemeinsam mit seinem Sohn Herrmann die neue Möhrensorte und bald war diese als Süchtelner Möhrensaat (Soetelsche Muhresoat) bekannt. Ab 1880 verfütterte er die neue Züchtung, mit der die bisherigen Probleme Vergangenheit waren, und aufgrund der großen Nachfrage wuchsen die Möhrenfelder in und um Süchteln. Auch wenn moderne Fütterungsmethoden die Süchtelner Möhre wieder zurückdrängten, es gibt die Möhre heute noch unter dem Namen Lobbericher-Gelbe Futtermöhre.

Interessant ist, dass die Möhre zwar als Viehfutter gezüchtet wurde, doch bald fand sie auch ihren Platz in den niederrheinischen Küchen. Als dann 1962 der Süchtelner Karnevalsverein Hagenbroich den ersten Karnevalsumzug ins Leben rief, da stand dieser unter dem Motto „Soetelsche Muhresoat“ … und so hat sich die Tradition bis heute bewahrt. (cs)