Bürgerentscheid: „Mehr Demokratie“ kritisiert nicht erfolgte Vereinfachung der Briefabstimmungen

In Viersen und Welver haben Bürger diese Woche das letzte Wort. Beide Bürgerentscheide sind reine Briefabstimmungen, Mehr Demokratie begrüßt, dass Welver Unterlagen automatisch verschickt – im Gegensatz zu Viersen.

Viersen/Welver – In dieser Woche enden gleich zwei Bürgerentscheide in Nordrhein-Westfalen. In der Stadt Viersen können die Bürger noch bis Freitag (16.6.) abstimmen. In der Gemeinde Welver endet der Bürgerentscheid am kommenden Sonntag (18.6.). Beide Abstimmungen finden als reine Briefabstimmung statt. Während die Bürger in Welver die Abstimmungsunterlagen gleich zusammen mit Abstimmungsbenachrichtigung und Abstimmungsheft zugeschickt bekamen, mussten die Bürger in Viersen ihre Unterlagen erst noch beantragen. „Die automatische Zusendung der Abstimmungsunterlagen ist eine wesentliche Verbesserung der lokalen Demokratie. Toll, dass die Gemeinde Welver mit gutem Beispiel voran geht! In Viersen wurde leider die Chance verpasst, demokratische Beteiligung für die Bürgerinnen und Bürger zu vereinfachen“, so Achim Wölfel, NRW-Landesgeschäftsführer von Mehr Demokratie.

In Viersen stimmen die Bürger darüber ab, ob der Teilstandort der Gemeinschaftsgrundschule (GGS) Rahser an der Krefelder Straße ausgebaut werden soll. Das Bürgerbegehren richtet sich gegen einen Ratsbeschluss von Juni 2022. Mehr Demokratie kritisiert, dass die Unterlagen für die Abstimmung per Brief nicht mit der Abstimmungsbenachrichtigung verschickt wurden. „Die Beteiligung an Abstimmungen sollte für die Bürgerinnen und Bürger so einfach wie möglich sein. Müssen die Unterlagen für die Abstimmung erst noch beantragt werden, stellt das eine zusätzliche Hürde dar“, so Wölfel weiter.

In der Gemeinde Welver wird darüber entschieden, ob mehrere Ratsbeschlüsse aus dem vergangenen Jahr rückgängig gemacht werden. Die Beschlüsse betreffen beispielsweise die Erweiterung einer Ganztagsschule und die Sanierung einer Grundschule. Die Unterlagen für den Bürgerentscheid wurden automatisch an alle Bürger verschickt. Die Gemeinde hatte Ende April ihre Satzung zur Durchführung von Bürgerentscheiden geändert und damit rechtzeitig für den Bürgerentscheid die einstufige Briefabstimmung ermöglicht. Damit könne laut Wölfel auch die Beteiligung am Bürgerentscheid erhöht werden.

Die Abstimmungsbeteiligung spiele bei Bürgerbegehren eine wichtige Rolle. Anders als bei Wahlen gilt bei Bürgerentscheiden ein Zustimmungsquorum. Das bedeutet, dass zusätzlich zur einfachen Mehrheit auch ein bestimmter Anteil aller Abstimmungsberechtigten für einen Bürgerentscheid stimmen muss, damit dieser gültig ist. In Viersen liegt das Zustimmungsquorum bei 15 Prozent der Abstimmungsberechtigten, in Welver bei 20 Prozent. Rund 40 Prozent aller Bürgerentscheide in NRW scheitern an dieser Hürde, damit ist NRW deutschlandweit das Land mit den meisten sogenannten „unecht gescheiterten“ Bürgerentscheiden. Mehr Demokratie fordert die Abschaffung des Zustimmungsquorums, da es einen Anreiz schaffe, einer Abstimmung fernzubleiben. Und das könne und sollte laut Wölfel nie im Sinne des Gesetzgebers sein.

Ob ein Bürgerentscheid als Brief- oder Urnenabstimmung durchgeführt wird und wie die Abstimmung gestaltet ist, ist jeder Kommune selbst überlassen und wird in der jeweiligen Satzung zur Durchführung von Bürgerentscheiden festgehalten. Immer mehr Kommunen in NRW setzen auf die automatische Zusendung der Abstimmungsunterlagen. So wurden beispielsweise allein in diesem Jahr die Bürgerentscheide in Nümbrecht, Herten, Siegen und Engelskirchen als reine Briefabstimmung durchgeführt und alle Abstimmungsberechtigten mussten die Unterlagen nicht erst beantragen. Die Beteiligung bei dem Nümbrechter Bürgerentscheid, der nachträglich aus anderen Gründen als Bürgerbefragung gewertet wurde, lag mit 56 Prozent überdurchschnittlich hoch und sogar über der Beteiligung bei der letzten Landtagswahl in NRW. In Herten nutzen 34 Prozent der Abstimmungsberechtigten ihr Stimmrecht, in Siegen 35 Prozent und in Engelskirchen 45,6 Prozent. Die durchschnittliche Beteiligung bei Bürgerentscheiden in NRW liegt bei 32 Prozent. (opm/paz)

23 Kommentare

  1. Es war eine Frechheit der Stadt Viersen nicht das vereinfachte Verfahren anzuwenden. Traurig, wie Demokratie mit den Füßen getreten wird. Für mich, der seit Jahrzehnten SPD gewählt hat, hat diese Entscheidung und die der Politik ein Geschmäckle mit dem ich bei der nächsten Wahl das Kreuz woanders hin vergebe.

  2. Bla, bla, bla …..

    Bei JEDER anderen Wahl, werden Briefwahlunterlagen auch nicht direkt mit der Wahlbenachrichtigung verschickt. Da geht man entweder ins Wahllokal (oder wie beim Bürgerentscheid ins Rathaus) oder fordert Briefwahlunterlagen an.

    Will ja nicht wissen, was los wäre wenn tausende Blanko Wahlunterlagen mit dem Papiermüll abgeholt werden. Damit ist Wahlbetrug Tür und Tor geöffnet. Ich wundere mich, dass ein Verein der für “mehr Demokratie” gleichzeitig die Türe für “mehr Wahlbetrug” öffnen möchte.

    Gerade bei der statistisch hohen Wahrscheinlichkeit, dass ein Bürgerentscheid scheitert, ist die Versuchung doch groß.

    1. Das stimmt. Ich wohne auf dem Konrad-Adenauer-Ring. Und der Papiercontainer war voll mit den Unterlagen. Warum soll das Wahlverfahren anders als bei normalen Wahlen sein?

      1. Was sollen die Menschen denn mit den Abstimmungsunterlagen machen sobald diese nicht mehr benötigt werden, weil man entweder abgestimmt hat oder aufgrund der Komplexität nicht abstimmen möchte? Sollte man die Abstimmungsunterlagen etwa einrahmen und an die Wand hängen? Ist doch gut, dass die Einwohner wissen, wie diese zu entsorgen sind und diese in die Papiertonne schmeißen. 😊 Bei dem einstufigen Verfahren wird es sicherlich Möglichkeiten geben das Procedere sicher zu gestalten, z. B. durch Erweiterung der pers. Angaben.

        1. Was ist denn daran komplex? Auf den Unterlagen steht haarklein, welcher Umschlag wo rein muss. Porto ist frei.

          Ich werde mir meine Unterlagen gleich auf jeden Fall einrahmen, als Erinnerung, dass die Bürger/innen in weiser Voraussicht faktisch klug gegen die Erweiterung auf diesem Wege gestimmt haben (Erweiterung ist grundsätzlich sinnig, jedoch müssen Haushalt und Zeitpunkt im Blick bleiben).

          Viele Grüße

          1. Sven,
            Sehen Sie sie haben die Prozedur auch nicht verstanden. Denn hätten Sie abgestimmt, wüssten sie dass in dem Abstimmungsbrief keine Umschläge mitverschickt wurden!!! Diese hätten Sie erst per Mail oder QR Code beantragen müssen. Sie haben sich gerade geoutet und mitgeteilt wie komplex das Verfahren für viele war!!! Bitte schicken Sie gerne ein Bild von den eingerahmten Abstimmungsunterlagen, dann gibt es bei diesem ernsten Thema wieder etwas zu schmunzeln.

          2. Da haben Sie recht, hier habe ich mich geirrt. Ich habe, da ich ziemlich früh abgestimmt habe, den ersten Brief und den zweiten Brief mit den Wahlutnerlagen mental zusammengeworfen.

            FTW kann ich Ihnen versichern, dass ich gegen das Begehren gestimmt habe.

            Viele Grüße

    2. Diese Briefwahl ist nicht mit einer normalen Briefwahl zu vergleichen. Denn anders als beim Bürgerentscheid, gibt es bei Kommunal- oder Bundestagswahlen am Wahltag viele Wahllokale, bei denen man seine Stimme abgeben kann.
      Die Kritik ist also nicht nur blabla sondern höchstens der Vergleich.

      Wahlbetrug ist zudem auch bei Briefwahl möglich. Eine große Zahl der Bürger/innen haben lange auf ihren Stimmschein gewartet oder gar keinen bekommen. Diesen kann man daher erneut beantragen. Wenn man möchte, kann man also auch hier betrügen und zweimal abstimmen.

      Ich finde das Argument des möglichen Wahlbetruges wiegt daher in keiner Weise die Vorteile der direkten Wahl auf. Hiermit würden eindeutig Demokratiehürden abgebaut, die nachweislich die Wahlbeteiligung erhöhen. Und genau das wünscht sich doch Demokratie – eine hohe Wahlbeteiligung!
      Ich würde mir wünschen, dass die Satzung zu Bürgerbegehren in Viersen nochmal überarbeitet würde.

      1. Die Wahlbeteiligung hat aber nur teilweise mit dem Verfahren zu tun. Vielmehr geht es darum WAS in dem Bürgerentscheid entscheiden werden soll.

        Und bei einem eher lokal begrenzten und nur eine bestimmte Gruppe (Eltern mit “bald” Schulpflichtigen Kindern) betreffenden Thema wie der Schulneubau ist die Wahlbeteiligung logischerweise halt geringer. Unabhängig vom Verfahren.

        Außerdem empfinden die meisten das Verfahren auch nicht als undemokratisch, denn die Vertreter im Stadtrat wurden ja in einem demokratischen Verfahren von den Bürgern der Stadt bereits gewählt. Damit einher geht auch die Wahl wie die einzelnen Politiker/Parteien in der Lokalpolitik agieren.

  3. Der Bürgerentscheid ist eine Farce. Ein Trauerbeispiel für Verwaltung und Politik. Ich habe mit Ja abgestimmt und hoffe das es mir viele gleich tun.

  4. Unsere Familie hat über zwei Wochen auf die Wahlunterlagen gewartet. Der Bürgerentscheid kann ausgehen wie er will da folgt bestimmt noch etwas nach und ich hoffe, dass die Initiative diese Vorgänge rechtlich prüfen lässt.

    1. Da es zu mehreren Problemen beim Bürgerentscheid gekommen ist, sollte es nach dem Entscheid natürlich rechtliche Schritte geben.

      Warum durften die Parteien in den Abstimmungsunterlagen lügen während der Initiative mit Zensur gedroht wurde?

      Warum durfte die Bürgermeisterin Unwahrheiten einen Monat vorher in dem Viersener Magazin verbreiten?

  5. Ganz ehrlich,
    mittlerweile geht mir dieses Gejammer und die Verbreitung von Halbwahrheiten auf die Nerven!

    Wem es wichtig ist, der beantragt auch die Wahlunterlagen.

    Und nochmal, man kann auch mit NEIN stimmen!

    Ich hoffe sehr, dass dieser Bürgerentscheid nicht die nötigen Stimmen erhält und endlich mal Ruhe ist.

  6. Nach den Halbwahrheiten bei den Parteibriefen ist das Ding doch sowieso zum Scheitern verurteilt.

  7. Das Beantragen der Wahlunterlagen ist m. E. richtig. Die allerwenigsten sind soweit in der Materie, dass sie aus dem Stand heraus eine fundierte, möglichst emotionslose Entscheidung treffen können (mit emotionslos meine ich, dass man sich vorher kein manipulatives Video der Bürgerbewegung angeschaut hat, wo einem ein kleines Kind die harten Fakten für das Begehren erzählt). Das Thema ist so komplex, da blicken selbst die lokalen Politiker nur mit ausgiebigem Studium durch.

    Ich hoffe, dass es mittelfristig eine Lösung für diesen Standort gibt. Denn an der Sinnhaftigkeit zweifelt niemand, es geht hier einzig darum, dass die Stadt eine Pflichtaufgabe hat, die Schulversorgung
    (und OGS etc.) sicherzustellen. Aus den vielen Argumenten der bekannten Parteien außer Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN und der AfD weiß man ja um diese.

  8. Frau Erna Ehrlich
    Im Gegensatz zur normalen Wahl muss für den Bürgerentscheid ein bestimmtes Quorum erreicht werden. Städte die bedacht sind Demokratie zu fördern haben diese Satzung kurzfristig vor den Bürgerentscheiden geändert und Wahlbeteiligungen von mehr als 35! % erreicht. In Viersen möchte man anscheinend keine Demokratie fördern da man große Angst hat, dass die Bürger Fehlentscheidungen des Rates somit einfacher kippen könnten. Meiner Meinung nach sollte die Änderung landesweit auf das einstufige Verfahren abgeändert werden damit in unserem Land mehr Demokratie gelebt wird. Aber die Verwaltung traut ja das einstufige Verfahren den Viersenern nicht zu, dass haben wir ja in einem vorherigen Artikel schon gelesen. Es ist peinlich wieviele Fauxpas während des Bürgerentscheids seitens der Abstimmungsleiterin und den Parteien passiert sind. Dies alleine sollte Grund genug sein noch schnell das Stadthaus anzusteuern!

    1. Was heißt Fehlentscheidung durch den Rat? Die Entscheidung wurde DEMOKRATISCH getroffen. Was ist an einer DEMOKRATISCHEN Entscheidung auszusetzen? Nur weil sie einem nicht gefällt, ist sie nicht falsch.

      1. Sven
        Wenn es keine Fehlentscheidung war wieso lässt man die Viersener nicht einfach DEMOKRATISCH in dem einstufigen Verfahren abstimmen und fördert damit zusätzlich die DEMOKRATIE in unserer Stadt? Vielleicht weil man doch die Angst im Nacken hat, dass die Viersener andere Ansichten vertreten?! Sie sollten sich mal bei Gelegenheit die Zeit nehmen und eine Ratssitzung der Stadt besuchen, dann verstehen Sie wie hier DEMOKRATIE gelebt wird. SPD und CDU bilden eine große Partei und blockieren ALLES was von den kleinen Parteien vorgeschlagen wird, schon aus Prinzip. Das ist DEMOKRATIE in unserer Stadt

        1. Was ist an einer Wahlbeteiligung von 35% und eine vermutlichen Zustimmungsquote darunter denn demokratisch? Wenn Minderheiten vollkommen unsachliche Entscheidungen mit der Tragweite für alle treffen können.

          Hier werden immer wieder die EINZELFÄLLE der Vergangenheit zitiert, wo Verfahren „vereinfacht“ wurden. Über die vielen TAUSEND anderen Städte und Gemeinden, die bei diesem Einheitlichen Verfahren geblieben sind (bzw. ZEHNTAUSENDE, deren Regelwerk ebenfalls so ist) wird ungern berichtet.

          Gibt ja keine Klicks und Kommentare.

          1. Katrin, habe ich richtig verstanden, dass Sie es den Viersener Bürgern nicht zutrauen sich eine sachliche Meinung zu einem bestimmten Thema zu bilden? Wow ihre Aussage macht mich sprachlos. Sie sollten sich mal mit dem Begriff Demokratie auseinandersetzen.

  9. So ich auch noch! Es geht sich doch hier ,wie mittlerweile bei alle Entscheidungen in Deutschland um das „Ich Ich Ich“. Und willst du nicht meiner Meinung sein das schlag ich dir virtuell die Birne ein. Und wenn gar nix geht dann rottet sich eine sogenannte Opposition mit den gewählten Vertretern zusammen zu einer vierer oder Fünferbande um eine andere gewählte stärker werdenden Opposition zu verhindern weil die eigenen Pfründe und Pöstchen in Gefahr sind. Ich bin der Meinung das das zusammenrotten gleichgeschalteter Meinung zur SED 2023 führt. Und ob so eine kollektive Demokratie und Oppositionsverweigerung von den Gründern der BRD gewollt war zweifel ich stark an.

  10. Warum muss die Regentenstraße ausgebaut werden?

    Warum baut man nicht die Krefelder Straße aus wenn dort so viele Kinder wohnen?
    Die drei Kitas (dazu die größte Kita in Viersen) dort haben nicht einmal genug Platz für die Kinder in diesem Bereich? Warum wird dann geglaubt eine einzügige Grundschule ist dort genug?

    Warum sagt die Verwaltung den Bürgern nicht wie teuer der Neubau an der Regentenstraße wird? Dann können die Bürger doch abstimmen wo der Neubau hinkommt?

    Kann es sein, dass für den Neubau an der Regentenstraße die Feuerwache dort abgerissen wird und irgendwo neugebaut wird? Kann es auch sein, dass Frau Bürgermeisterin daran bestimmtes persönliches Interesse hat?

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