Caritas: „Benötigen bessere Rahmenbedingungen“

Immer mehr hilfebedürftige Menschen einerseits, immer mehr Kostendruck, wirtschaftliche Herausforderungen und bürokratische Vorgaben andererseits: „Wir erleben gerade eine merkwürdige Situation“, sagt Geschäftsführer Frank Polixa vom Caritasverband Region Mönchengladbach.

Mönchengladbach – Mit dem Bericht für 2023 blickt die Mönchengladbacher Caritas auf ein „Jahr mit großen Herausforderungen“ zurück, so Vorsitzender Dr. Christof Wellens bei der Vorstellung. Eine davon ist der Arbeitskräftemangel, „der sich von Jahr zu Jahr zu verschärfen scheint“. Das Personalrecruiting werde immer umfangreicher und der Wettbewerb um Mitarbeitende immer härter. Der Caritasverband habe es geschafft, die Zahl der hauptamtlichen Mitarbeitenden mit 805 zum Ende des vergangenen Jahres nahezu konstant zu halten. 56 Auszubildende erlernen ihren Beruf bei der Caritas. „Wir haben das große Glück, engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu haben. Wer einen attraktiven Arbeitgeber sucht, ist beim Caritasverband richtig“, erklärt Wellens, der im Herbst 2023 für weitere vier Jahre zum ehrenamtlichen Vorsitzenden gewählt worden ist.

Die finanzielle und soziale Lage sei für viele Menschen in Mönchengladbach, Korschenbroich und Jüchen angespannt, sagt Geschäftsführer Frank Polixa. So werde etwa im ambulanten Caritas-Pflegedienst aus Kostengründen weniger professionelle Unterstützung in Anspruch genommen. Die Schuldner- und Sozialberatung der Caritas verzeichne einen hohen Bedarf an Unterstützung. Polixa: „Besonders viele Probleme gab es bei jungen Menschen, die sich meistens noch in der Ausbildung befanden. Die gestiegenen Kosten für Energie, Lebensmittel und Miete machten es ihnen schwer, mit ihrem Ausbildungsgehalt ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Manche konnten ihre Energie-Rechnungen nicht bezahlen, andere liehen sich irgendwo Geld, das sie nicht zurückzahlen konnten.“ Für besonders betroffene Menschen organisierte die Caritas eine finanzielle Entlastung durch den Notfall-Energiefonds des Caritasverbandes für das Bistum Aachen. So konnten sie vor einer Strom- oder Gassperrung bewahrt werden.

Auch für viele soziale Einrichtungen sind es wirtschaftlich schwierige Zeiten,betont Frank Polixa. Bundesweit hätten im vergangenen Jahr mehr als 800 Pflegeeinrichtungen ihre Angebote einschränken, Insolvenz anmelden oder sogar ganz schließen müssen. Davon ist der Caritasverband zwar weit entfernt. Allerdings seien auch hier einige Dienste und Einrichtungen defizitär. Unter dem Strich habe die Caritas ein gerade noch ausgeglichenes Ergebnis erwirtschaftet. „Wir benötigen aber Überschüsse, um neue Angebote finanzieren und Investitionen tätigen zu können“, betont Polixa. Er kritisiert, dass sich die NRW-Landesregierung trotz massiver Proteste der Wohlfahrtsverbände kaum bewegt habe.

Vor allem in der stationären Pflege reichten die mit den Kostenträgern verhandelten Pflegesätze nicht aus. Mehrkosten für teureres Fremdpersonal werde nicht refinanziert, gestiegene Sachkosten oft nicht anerkannt. Darüber hinaus hätten die letzten Pflegesatzverhandlungen teilweise bis zu einem halben Jahr gedauert, bis die neuen Pflegesätze feststanden. Die Folge, so Polixa: „Es gab zig Rückrechnungen, die bei Angehörigen und Bewohnern für Verärgerung sorgten und uns viel Zeit und Arbeit gekostet haben. Wenn Bewohner in der Zwischenzeit verstorben waren, fielen Nachberechnungen für uns komplett aus.“ Der Geschäftsführer mahnt außerdem an, dass die Sozialämter oft viele Monate benötigten, um Rechnungen der Einrichtungen zu bezahlen. So entstünden hohe sechsstellige Außenstände. Diese Liquidität fehle in den Einrichtungen. „Die Altenheime sind quasi die Banken der Kommunen – nur unverzinslich“, sagt Frank Polixa und fügt hinzu: „Aus unserer Sicht verhalten sich die Kostenträger schon lange nicht mehr partnerschaftlich.“

Gleichzeitig ersticke man aufgrund gesetzlicher und behördlicher Anforderungen in Bürokratie. Dafür werde jedoch keine Stelle mehr in der Verwaltung finanziert. Für den Caritas-Geschäftsführer ist klar: „Es kann nicht sein, dass Politik und Kostenträger uns dabei immer wieder Knüppel zwischen die Beine werfen. Von daher benötigen wir bessere Rahmenbedingungen, damit wir unsere Arbeit weiter gut machen können.“

Trotz aller Schwierigkeiten baue der Caritasverband sein Angebot für die Menschen in der Region weiter aus, „weil wir uns dazu verpflichtet fühlen“, so der Geschäftsführer. Auf dem Gelände der Paul Moor-Schule im Hardter Wald entsteht derzeit ein Kunst- und Werkatelier. Im kommenden Jahr kann es dann von den 130 Heranwachsenden genutzt werden, die die Förderschule mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklung besuchen. Auch externe Gruppen sind willkommen. Das neue Paul Moor-Atelier soll zum Ort der Begegnung werden, geplant sind inklusive Workshops und Kunstprojekte.

Ein neues Projekt plant der Caritasverband in Giesenkirchen: In der Nähe des dortigen Caritaszentrums sollen am Pfarrer-Walter-Weg eine weitere Caritas-Tagespflege für ältere Menschen sowie 15 barrierefreie Service-Wohnungen für Senioren entstehen. „Wir denken, dass wir mit dem neuen Projekt eine gute Ergänzung zu unserem Caritaszentrum mit 84 vollstationären Pflegeplätzen und 20 öffentlich geförderten Seniorenwohnungen schaffen“, sagen Christof Wellens und Frank Polixa. Sobald alle Genehmigungen vorliegen, wird die Caritas über Einzelheiten informieren. Der Jahresbericht 2023 ist unter www.caritas-mg.de abrufbar. (opm)

Vorsitzender Dr. Christof Wellens (r.) und Geschäftsführer Frank Polixa präsentieren den Jahresbericht 2023 des Caritasverbandes Region Mönchengladbach.
Foto: Caritas