Reisen mit dem Flugzeug sollen uns schnell und bequem an den gewünschten Urlaubsort bringen – doch oft sieht die Realität anders aus. Verspätete oder annullierte Flüge, überbuchte Maschinen oder verloren gegangenes Gepäck sorgen regelmäßig für Frust bei Passagieren.
Service – Besonders in den Sommermonaten ist der Flugverkehr stark belastet: 2023 waren europaweit rund 107 Millionen Reisende von Flugproblemen betroffen. Doch welche Rechte haben Fluggäste und wann steht ihnen eine Entschädigung zu?

Häufige Ursachen für Flugprobleme
Die Gründe für Verspätungen und Flugausfälle sind vielfältig. Neben schlechtem Wetter und technischen Defekten spielen auch Personalmangel, Streiks oder überlastete Flughäfen eine Rolle. Laut einer Untersuchung waren 37 % aller Flugreisenden aus Deutschland im Sommer 2023 von Verspätungen oder Annullierungen betroffen – Tendenz steigend. Besonders problematisch ist die Lage in Ländern wie Serbien (51 % betroffene Flüge) und Malta (48 %), während in Finnland oder Norwegen nur rund 20 % der Flüge verspätet waren.
Auch ungewöhnliche Ereignisse können Verspätungen auslösen. So musste ein Flugzeug der US Airways sieben Stunden warten, weil ein Hund im Mittelgang sein Geschäft verrichtet hatte und die Maschine intensiv gereinigt werden musste. Auf der Piste des JFK Flughafens in New York verursachte eine Schildkrötenfamilie ein Verspätung von 90 Minuten. Selbst Hackerangriffe auf Airline-Systeme oder Stromausfälle haben bereits zu massiven Flugproblemen geführt.
Rechte bei Verspätungen und Ausfällen
Die EU-Fluggastrechteverordnung 261/2004 legt genau fest, unter welchen Bedingungen Passagiere eine Entschädigung erhalten können:
- Verspätung von mehr als 3 Stunden: Entschädigung zwischen 250 € und 600 €, je nach Flugdistanz.
- Annullierung weniger als 14 Tage vor Abflug: Entschädigung, sofern kein angemessener Ersatzflug angeboten wird.
- Überbuchung und verweigerte Beförderung: Anspruch auf Ersatzflug oder Erstattung sowie eine zusätzliche Ausgleichszahlung.
Ein Ersatzflug muss entweder zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder zu einer vom Passagier gewählten Zeit erfolgen, wenn entsprechende Plätze verfügbar sind. Alternativ kann der gesamte Ticketpreis erstattet werden. Zusätzlich stehen Betroffenen bei langen Wartezeiten kostenlose Mahlzeiten, Erfrischungen und gegebenenfalls eine Hotelübernachtung zu.
Ansprüche auf Entschädigung bestehen nicht, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen. Dazu zählen:
- Schlechtes Wetter wie starker Nebel, Sturm oder Schneefall
- Politische Unruhen, Terrorgefahr oder gesperrter Luftraum
- Streiks des Flughafenpersonals oder der Flugsicherung
- Vogelschlag oder plötzliche medizinische Notfälle an Bord
Airlines nutzen diese Begründungen oft, um berechtigte Forderungen abzulehnen. Besonders bei internen Streiks liegt die Verantwortung meist aber doch bei der Fluggesellschaft, sodass eine Entschädigung fällig wird.
Probleme mit dem Gepäck
Verlorenes, beschädigtes oder verspätetes Gepäck ist ein weiteres häufiges Ärgernis für Flugreisende. Nach dem Montrealer Übereinkommen haben Passagiere das Recht auf eine Entschädigung bis zu 1.590 €, wenn ihr aufgegebenes Gepäck beschädigt oder verloren geht. Entscheidend ist eine schnelle Meldung des Schadens direkt am Flughafen. Wer Ersatzkleidung oder Hygieneartikel kaufen muss, kann sich diese Ausgaben von der Airline erstatten lassen.
Bei Pauschalreisen können Passagiere den Reisepreis mindern, falls das Gepäck verspätet ankommt und dadurch der Urlaub beeinträchtigt wird. Wichtig ist, alle Ausgaben zu dokumentieren und Quittungen aufzubewahren.
Wenn der Flug wegen der Bahn verpasst wird
Wer ein Rail&Fly-Ticket nutzt und wegen einer Zugverspätung seinen Flug verpasst, hat möglicherweise Anspruch auf eine Entschädigung. Entscheidend ist, ob die Bahnverbindung Teil der Reiseleistung des Veranstalters war oder nur als optionaler Service angeboten wurde. In ersterem Fall muss der Reiseveranstalter für entstandene Mehrkosten aufkommen.
Durchsetzung von Ansprüchen
Passagiere können ihre Rechte direkt bei der Airline geltend machen. Dafür gibt es Musterbriefe von Verbraucherzentralen und Flugrechtsportalen. Sollte die Fluggesellschaft nicht reagieren oder die Forderung ablehnen, kann eine Schlichtungsstelle wie die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (söp) oder das Bundesamt für Justiz eingeschaltet werden. Diese Schlichtung ist kostenlos.
Alternativ bieten Anbieter wie AirHelp die Möglichkeit, Entschädigungen schnell und unkompliziert durchzusetzen. Die Prüfung erfolgt online, und Betroffene müssen sich nicht mit der Airline auseinandersetzen. Falls nötig, übernehmen solche Dienstleister auch Gerichtsverfahren, wobei meist nur im Erfolgsfall eine Provision fällig wird.
Höhe der Entschädigung
Die Höhe der Entschädigung richtet sich nach der Flugdistanz:
- Kurzstrecken bis 1.500 km: 250 €
- Mittelstrecken zwischen 1.500 km und 3.500 km: 400 €
- Langstrecken über 3.500 km: 600 €
Die Entschädigung wird unabhängig vom Ticketpreis gezahlt und kann bis zu drei Jahre rückwirkend beantragt werden. Auch wenn ein Ersatzflug angeboten wurde, kann eine Entschädigung fällig sein, wenn sich die Ankunftszeit um mehr als drei Stunden verzögert hat.
Besonderheiten bei Umbuchungen und Flugzeitänderungen
Verlegt die Airline einen Flug um mehr als eine Stunde nach vorne, gilt dies laut Europäischem Gerichtshof als Annullierung. Passagiere können in diesem Fall die gleichen Ansprüche geltend machen wie bei einer Stornierung durch die Airline.
Bei Umbuchungen auf andere Flüge besteht das Recht, zwischen einem neuen Flug oder einer Erstattung des Ticketpreises zu wählen. Falls ein Ersatzflug deutlich später startet, können zusätzlich Ausgleichsleistungen fällig werden.
Was tun, wenn die Sicherheitskontrolle zu lange dauert?
Wenn Reisende wegen langer Sicherheitskontrollen ihren Flug verpassen, ist die Airline nicht verantwortlich – zuständig ist in Deutschland die Bundespolizei. Ausnahme: Falls die Airline den Check-in schlecht organisiert hat und dadurch lange Wartezeiten entstehen, können Passagiere unter Umständen eine Entschädigung fordern.
Was tun bei Streiks?
Bei Streiks kommt es darauf an, wer streikt. Streikt das eigene Airline-Personal, bleibt die Fluggesellschaft in der Verantwortung und muss für Annullierungen oder Verspätungen haften. Streiks des Flughafenpersonals oder der Flugsicherung gelten jedoch als außergewöhnlicher Umstand – in diesem Fall entfällt der Anspruch auf Entschädigung.