Im Roahser Festzelt feierten die Jecken 88 Jahre Leidenschaft für das närrische Brauchtum

Die Roahser Jonges glühen für das Trömmelche im Herzen und die 5. Jahreszeit. Eine Flamme, die am Samstagabend im Festzelt an der Sittarder Straße lichterloh brannte und ein grandioses Jubiläum begleitete.
Von RS-Redakteurin Nadja Becker und Fotograf Martin Häming

Roahser – Viersen schreibt das Jahr 1936 als die Karnevalsgesellschaft der Roahser Jonges das Licht der Welt erblickt. Der Kriegsbeginn ist noch fern und die Gründungsväter Franz van der Maßen und Walter Reuter leiten vor und nach den Kriegswirren die Geschicke der Gesellschaft. Das ist mittlerweile 8 x 11 Jahre her, weshalb im Roahser Festzelt ein herausragendes Jubiläum anstand.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

88 beeindruckende Jahre, in denen die Gesellschaft sich zudem engagiert dem Kinderkarneval gewidmet hat und auch weiterhin widmet. Immerhin beteiligten sich die Roahser Jonges bereits im Jahre 1954 beim Fest der guten Nachbarschaft mit einer Kindergruppe am Festumzug. Erstmals stellte die Gesellschaft dabei ein Kinderprinzenpaar mit Hans I. (Haas) und Irmgard I. (Nilkes) vor und so kann an dieses Datum durchaus als Gründungsdatum für den Alt-Viersener Kinderkarneval angesehen werden.

Sogar einen Kinderkarnevalszug im Rahser gab es noch bevor 1957 der erste Tulpensonntagszug durch die Straßen zog und das Rahser Kinderprinzenpaar von da an über die kleinen Jecken der Stadt herrschte.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Zunächst feierte man in Gaststätten und dann im Saal Hommen, bis man im Rahser Gürzenich, dem Notburgasaal eine Heimat fand. Doch dieser wurde langsam aber sicher zu klein, weshalb ein Festzelt an der Sittarder Straße nun die Veranstaltungen beherbergt. Schließlich wollen dabei nicht nur zahlreiche der rund 100 Aktiven zu Gast sein, sondern auch viele befreundete Karnevalisten, wenn der Schlachtruf „Ramm die Bamm“ erschallt. Und woher stammt dieser? Als die Sittarder Straße erstmals einen Hartbelag erhielt wurde ausgerufen: „Ramm di Bamm, dat Roahser hät nun ene Mackedamm“.

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Daher auf die KG Roahser Jonges und auf das närrische Jubiläum dreemoal Ramm-di Bamm, wie kraftvoll beim Einmarsch de Gesellschaft am Samstagabend erschallte. Die Sitzungspräsidenten Wolfgang Genenger und Lothar Beeck konnten dabei stolz ‚ausverkauft‘ verkünden und zahlreich blaues, närrisches Blut begrüßen. Zunächst gebührte der besondere Bühnenmoment allerdings Putzfrau Achnes Kasulke, für die es Standing Ovations gab und die im bürgerlichen Leben als Annette Eßer bekannt ist.

Das „freche Schandmaul“ zählt längst zu den gefeierten Stars der Karnevalszeit. Kaum in das Kostüm mit orangefarbenem Eimer geschlüpft und geschminkt, wandelt sich die Kaldenkirchenerin zu der gefeierten Bühnengröße. Angefangen hat sie bereits im Alter von sechs Jahren als Funkenmariechen, ihren Sprung auf die großen Bühnen der jecken Welt fand sie 2006 und im Panini-Sammelalbum „Kölle Allaaf“ zum 200-jährigen Bestehen des Kölner Karnevals wurde ihr sogar ein Sticker gewidmet.

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Der Klatschmarsch mündete in dem Schönsten, was der Nachwuchskarneval in Alt-Viersche zu bieten hat. Prinz David I. und seine Lieblichkeit Laura I. kennen sich schon von den Minis im Roahser Kinderkarneval – gemeinsam begleiten sie die kleinen Karnevalisten mit viel Spaß an der Freud durch die 5. Jahreszeit. Quasi ein Heimspiel also, denn angefangen haben David Luhnen und Laura Meusen gemeinsam bereits mit 4 Jahren im Roahser Kinderkarneval.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Der Start ihrer Bühnenkarriere begann dabei als niedliche Tiere bei den Minis und hier konnten sie erste Erfahrungen auf den Brettern der närrischen Welt sammeln.
Das jecke Virus macht vor keinem Alter halt und so fand sich der neue Prinz ein Jahr später in der Prinzengarde und die neue Prinzessin bei den Mariechen wieder, bis sie nun mit ihrem Auftritt auch die Herzen der großen Jecken als Kinderprinzenpaar im Sturm ebenso eroberten – ebenso wie die Roahser Funken in rot-weiß, die zu Ehren des Kinderprinzenpaares und des wunderbaren Jubiläums das Tanzbein beeindruckend hoch schwangen.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Als dann das Vierscher Prinzenpaar, Helmut II. und Anne I. (Letztere zum Glück wieder genesen und mit einem Geschenk für Burkhard Klein für 25. Jahre Freundschaft sowie stete Unterstützung im Gepäck), die Bühne gemeinsam mit der Prinzengarde des Festausschusses Viersener Karneval (an diesem Abend angeführt vom stellvertretenden Kommandanten Dirk Gerhardts) einnahm, da glühte die Stimmung bereits und man hätte meinen können, dass mehr eigentlich nicht ginge.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming
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Doch da hatten die Gäste nicht mit der Roahser Prinzengarde gerechnet, die gekonnt das Zelt ist ihren drei Tanzpaaren übernahm. Längst war klar: Dieses Jubiläum wird unvergesslich.

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Mit dem Motto „Wat e Theater – wat e Jeckespill – bei uns an Bord lääv jeder wie hä will!“ erobert auch die StattGarde Colonia Ahoj bei ihren Auftritten in dieser Session das Publikum. Eine Anspielung auf die Wurzeln der Garde, die im „Rosa Karneval“ beheimatet ist und 2003 gegründet wurde.

Unkonventionell möchten sie sein, weshalb auch im Namen ‚statt‘ und nicht ‚Stadt‘ verankert ist. Mit ihrem Motto möchten sie den Spiegel auf positive Art und Weise vorhalten. „Egal wer du bist, egal woher du kommst, wie du lebst oder wen du liebst: Du bist gut, wie du bist!“, unterstreichen die mittlerweile über 200 aktiven und über 300 Fördermitglieder, von denen aber natürlich nur einige im Roahser die Bühne tänzerisch stürmten.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming
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Ein Auftritt für den gerne die Handys gezückt wurden und diese konnten auch für die diesjährigen Ehrungen direkt draußen bleiben, schließlich hießen die Roahser Jonges gleich drei neue EhrensenatorInnen willkommen. Eine große Auszeichnung, die Uschi Scherer, Tilo Ditges und Frank Mihm zuteil wurde.

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Nun sind Ehrungen für das Publikum gewohnt und traditionell ja immer etwas trocken. Für Komiker und Schauspieler Bernd Stelter keine Herausforderung, der auf der Bühne so gekonnt sicher ist, als würde er sie nie verlassen. Stelter zählt zu den Urgesteinen der 5. Jahreszeit und wenn wir jetzt anstimmen: „Ich hab drei Haare auf der Brust, ich bin ein Bär, ich zähl sie jeden Tag es werden halt nicht mehr. So’n Bär scheut in der Tierwelt überhaupt keinen Vergleich, man kann mit Bären prima kuscheln, denn so’n Bär ist herrlich weich! Wer’s einmal ausprobiert hat, will immer mehr, ich hab drei Haare auf der Brust, ich bin bin ein Bär!“, dann sieht man garantiert den einen oder anderen Leser mit dem Fuß wippen (Ohrwurm? Gern geschehen!).

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Zwischen ihn und einen weiteren bekannten Act der großen Bühnen schoben sich weitere heimische Gewächse. Ohne sie wäre so ein Jubiläum auch nicht vollständig gewesen, denn schließlich durften die Gäste die Roahser Wibbels begrüßen.

Die Männertanzgruppe, die aus dem Karneval heraus entstanden ist, ist Garant für das i-Tüpfelchen beim jecken Partyfeeling und ist längst nicht mehr nur auf der heimischen Bühne Zuhause. In der ganzen Region begeistern sie die große karnevalistische Familie. Vergessen wurde dabei der Dank an Trainerin Petra Ditzen nicht, die gekonnt die Herausforderung mit der wibbeligen Truppe meistert.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Wer dann mit Klatschmarsch angekündigt wurde war ebenfalls bekannt im Roahser. Schließlich haben die Rabaue erst noch im Dezember im gegenüberliegenden Notburgasaal mit ihrer Weihnachtsshow für zahlreiche Freudentränen und Lacher gesorgt. Die Sketche wurden beim Jubiläum aber weggelassen von Sänger Alex Barth, Keyboarder Peter van den Brock, Schlagzeuger Albert Detmer, Bassist Benjamin Weissert und Gitarrist Christian Barth.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Dafür brachten sie eine energiegeladene Reise durch ihre musikalische Welt mit, mit der sie seit über zwei Jahrzehnten nicht nur im Karneval, sondern auch auf Schützenfesten und Galas begeisterten.

Über 5.000 Live-Auftritte von Mallorca bis Australien und hin nach Südafrika haben sie bestritten mit ihrer einzigartigen, rheinischen Partymischung und (wer hätte es gewusst) sogar der bekannte Hit „Pizza Hut“, der von DJ Ötzi gecovert wurde, stammt aus ihrer Feder. In 2024 wollen sie mit ihrem neuen Hit „Niemals besser als jetzt“ zum Feiern einladen, natürlich darf dabei auch ihre Ballade „Ich zähl die Stääne“ nicht fehlen.

Als dann die Handflächen vom Beifall brannten und sich gerade die Stimme etwas erholt hatte wäre eigentlich die bekannte Comedy-Dame Lieselotte Lotterlappen dran gewesen. Doch Joachim Jung fiel kurzfristig leider wegen Krankheit aus, weshalb das Zelt die entstandene Pause, angestimmt von Wolfgang Genenger, als stimmgewaltiger Chor mit unserem Veedel überbrückte.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Für die vorletzte Band, die dann kurzerhand etwas vorgezogen wurde, bauen wir hier einen kleinen Werbeblock ein, denn die Domstürmer wollen mit ihrem Hit „Mir Sin All Do“ auf das Siegertreppchen der Karnevals-Hitparade des WDR 4 Jeck Duells 2024. Nicht einfach, denn immerhin können die Karnevalisten aus 44 Neuvorstellungen ihre drei Lieblingsstücke auswählen.

Unter allen Teilnehmern verlost WDR 4 Woche für Woche bis zum 5. Februar WDR 4-Jeck-Pakete, u.a. mit VIP-Tickets für die WDR-Rosenmontagstribüne. Für die 2006 gegründete Band ist allerdings noch ein wenig Platz bis ganz nach vorne und jede Stimme zählt.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Nach „Mir sin all do, mir sin all do, et kölsche Hätz schläht rut un wieß, Johr för Johr …“ stand leider nur noch ein Künstler auf dem Programm. Dabei hätte man doch noch viel länger dieses wunderbare Jubiläum begehen können.

Die Krone setzte dem Abend Torben Klein auf, den der eine oder andere noch als Mitglied der „Räuber“ oder der Boygroup „Verliebte Jungs“ kennt. Der sympathische Sänger und Musiker ist mittlerweile seit fünf Jahren als Solokünstler unterwegs und seine Stücke erobern regelmäßig die Charts. Im letzten Herbst veröffentlichte er seinen aktuellen Titel „Wunderschön“, denn: „Man sollte immer und überall jedem Menschen sagen, den man wunderschön findet, dass er wunderschön ist“, so der Sänger, für dessen Song übrigens auch beim WDR 4 abgestimmt werden kann. (nb)

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