Literarisches: Pfingsten. Löscht den Geist nicht aus

Auf einem österreichischen Katholikentag formulierte Karl Rahner, einer der bedeutendsten Theologen des vergangenen Jahrhunderts, die Sorge, „es könne der Geist ausgelöscht werden“. „Uns alle muss die Sorge quälen, dass wir es sein könnten, die den Geist auslöschen: Durch den Hochmut des Besserwissens, durch Feigheit, Unbelehrbarkeit und Herzensträgheit, womit wir neuen Impulsen und neuem Drängen in der Kirche begegnen.“
Von Peter Josef Dickers

Literarisches – Rahner ermahnte zunächst seine Kirche. Diese hörte den Ruf, erweckt aber nach wie vor nicht den Eindruck, dass sie ihn verstanden hat und in die Tat umsetzt. Das Gezerre um ein gemeinsames Abendmahl der christlichen Kirchen sowie der Widerstand gegen Priesterweihe für Frauen verraten den Un-Geist, der immer noch vorherrscht. Einige kirchliche Oberhäupter scheinen „von allen guten Geistern verlassen zu sein“. „Pfingsten“. Fest des Heiligen Geistes, sagen die Christen. „Pfingsten“. Aufforderung, darüber nachzudenken, wie wir mit den uns gegebenen Geistesgaben umgehen und wie wir sie nutzen.

„Löscht den Geist nicht aus.“ So mahnte Rahner. Er sprach nicht nur als Kirchen-Vertreter. Er war auch Staatsbürger. „Dem Volk muss man „aufs Maul schauen“, wird Martin Luther, Initiator der Reformation, zitiert. Der Sprachforscher Hartmut Günther deutete Luthers Aussage so: „Wenn du ein Pfarrer etwas über eine Schreinerei sagen will, dann muss er wie ein Schreiner sprechen. Wenn du krank bist, dann geh zu einem Arzt, der so spricht, dass du ihn verstehst.“ Sir Winston Churchill, ehemaliger britischer Premierminister, formulierte es so: „Mit dem Geist ist es wie mit dem Magen: Man sollte ihm Nahrung zumuten, die er verdauen kann.“

„Löscht den Geist nicht aus.“

Ihr Eltern und Erzieher: Helft euren Kindern und Schutzbefohlenen, jenen Geist zu entdecken, der sie zu geist-beseelten Menschen macht. Ihr Kinder und Heranwachsenden: Wendet euch an jene, die euch Wege in die Zukunft zeigen, und nicht nur erzählen, wie schön es gestern war. Ihr Arbeitgeber und Unternehmer: Betrachtet eure Mitarbeiter als Menschen, die begeistert werden wollen für das, was sie bei euch und für euch leisten. Ihr alle, die ihr euch engagiert in Familie und Beruf, in Vereinen und Gruppen, in Staat und Gesellschaft: Möge guter Geist euer Handeln prägen. Goethes Zitat im Zauberlehrling „Die ich rief, die Geister, werd‘ ich nun nicht los“ warnt uns vor dem Un-Geist der Selbstüberschätzung, vor dem Un-Geist der Wichtigtuerei, vor dem Un-Geist, der nur über das Smartphone mit anderen kommuniziert.

Pfingsten. Die Gaben des Geistes, nicht nur des Heiligen Geistes, stehen uns in reichem Maß zur Verfügung. Löscht diesen Geist nicht aus. (opm)

Foto: geralt/Pixabay

Aus: Peter Josef Dickers, Nicht unfehlbar

Foto: Privat

Peter Josef Dickers wurde 1938 in Büttgen geboren. Nach einem Studium der Katholischen Theologie sowie der Philosophie und Pädagogik in Bonn, Fribourg/Schweiz, Köln sowie Düsseldorf erhielt er 1965 die Priesterweihe. Anschließend  war er in der Seelsorge und im Schuldienst tätig, bis er sich 1977 in den Laienstand rückversetzen ließ und heiratete. Nach der Laisierung war er hauptamtlich tätig an den Beruflichen Schulen in Kempen (jetzt Rhein-Maas-Kolleg) mit den Fächern Kath. Religionslehre, Pädagogik, Soziallehre, Jugendhilfe/Jugendrecht.

„Seit der Pensionierung bin ich weiterhin engagiert durch meine Schreibtätigkeit, mein Vorlese-Engagement in diversen Einrichtungen und sonstige Initiativen. In den Sommermonaten lese ich zeitweise als „Lektor“ auf Flusskreuzfahrt-Schiffen aus meinen bisher erschienenen Büchern“, so Peter Josef Dickers, der mittlerweile in Mönchengladbach beheimatet ist.