Komplexe Systeme tragen dazu bei, dass schwere Lkw sicher unterwegs sind. Wie sie funktionieren, lernen angehende Kfz-Mechatroniker mit dem Schwerpunkt Nutzfahrzeugtechnik aus Krefeld und dem Kreis Viersen auch dank einer Kooperation der Kfz-Innung Krefeld mit den Unternehmen MAN Truck & Bus Service Krefeld und DAF Allers Nutzfahrzeuge GmbH.
Krefeld/Kreis Viersen – Man stelle sich vor: Der Fahrer eines schweren Lkw will bremsen und tritt auf das Pedal. Mithilfe des Dieselmotors wird Druckluft erzeugt und gespeichert, die dann über elektronisch geregelte Ventile an die Bremszylinder geleitet wird und letztendlich große Kräfte an den Bremsbelägen erzeugt. Immerhin muss das System das bis zu zwanzigfache Gewicht eines Autos abbremsen. Da könnte der Fahrer einen „Bums“ wie Fußballstar Lionel Messi im Fuß haben – allein bekommt er das nicht hin. Deshalb die Druckluft.
In modernen Systemen wird der Tritt aufs Bremspedal elektronisch umgesetzt. „Das ermöglicht auch den Eingriff von Sicherheitssystemen, beispielsweise dem automatischen Notbremssystem, und trägt aktiv zur Vermeidung von schweren Unfällen bei“, erläutert Jürgen Kröll, Meister im Überbetrieblichen Ausbildungszentrum (ÜBA) der Kfz-Innung Krefeld. In den letzten Jahren habe sich diese Technik enorm weiterentwickelt.
In der Praxis sieht das ziemlich komplex aus. Viele rote, weiße und grüne Schläuche führen zu verschiedenen Zylindern, schwarze und rote Kabel verbinden irgendwas mit irgendwem. Hoffnungslos für den Laien, das Gewirr auch nur im Ansatz zu durchschauen. Nicht so für die jungen Männer, die sich vor dem großen Schulungsmodell im Seminarraum des Innungsfachbetriebs Allers Nutzfahrzeuge in Krefeld aufgestellt haben. Sie lernen hier während eines mehrtägigen Lehrgangs unter anderem, wie die elektronischen Druckluft-Bremssysteme im Lkw funktionieren. Und sie üben, wie sie ein solches System mit Diagnosegeräten beurteilen sowie Fehler beheben können. Alle neun sind angehende Kfz-Mechatroniker mit dem Schwerpunkt Nutzfahrzeugtechnik aus Krefeld und dem Kreis Viersen, und was sie hier machen, hat mit dem klassischen „Schrauben“ ungefähr so viel zu tun wie ein moderner Truck mit einem Pferdefuhrwerk.
Dass das Schulungsmodell den Auszubildenden für ihren Lehrgang zur Verfügung steht, verdanken sie einer Kooperation des ÜBA und Allers. Das ÜBA verfügte über ein veraltetes Modell, Allers sorgte auf eigene Kosten für das Update auf die weiterentwickelte Technik und stellte dafür 20.000 Euro bereit, wie der stellvertretende Werkstattleiter Dennis Drab erläutert. Eine große Investition, die nun allen Nutzfahrzeugbetrieben in Krefeld und dem Kreis Viersen und ihren Azubis zugutekommt. Komplett neu hätte das Schulungsmodell übrigens 50.000 Euro gekostet.
Ohnehin arbeitet die Kfz-Innung bei der überbetrieblichen Ausbildung gerne mit Unternehmen zusammen, um den Praxisbezug sicherzustellen. Tags zuvor waren die angehenden Kfz-Mechatroniker im Betrieb von MAN. „Wir haben dort am Schulungs-Truck von MAN gearbeitet, der NRW-weit eingesetzt wird“, berichtet Werkstattleiter Tobias Jurich. Auch hier konnten die Azubis mithilfe eines Prüfgeräts und eines Notebooks üben, wie sie einem Fehler auf die Spur kommen. Jürgen Kröll: „Man muss das Hintergrundwissen und das Verständnis haben, um den Fehler identifizieren zu können. Der Computer repariert ja nicht, sondern zeigt lediglich an, dass Werte nicht stimmen oder irgendwo ein Ausfall im System ist.“
Die Auszubildenden erlernen ihren Beruf bei Mercedes Herbrand, Allers, MAN, Schönmackers Umweltdienste, Wolters Nutzfahrzeuge, Spedition Bönders und bei der Stadt Viersen. Einer von ihnen, Oliver Kistel (24), erzählt, was ihn an seinem Beruf reizt: „Ich finde diese hochkomplexen Systeme megainteressant, und es ist superspannend zu lernen, wie ich sie verstehen und reparieren kann“, erklärt der 24-jährige, der seine Ausbildung bald abschließen wird. (opm)

Foto: Kfz-Innung Krefeld