In Deutschland leben über 550 verschiedene Wildbienenarten. Wir sind darauf angewiesen, dass sie und andere Insekten unsere Kulturpflanzen bestäuben. Doch mehr als die Hälfte der Wildbienenarten ist mittlerweile bedroht.
Natur & Umwelt – Einen erheblichen Anteil daran hat die industrielle Landwirtschaft mit Monokulturen und Pestiziden. Doch jede*r kann mit der Gestaltung seines Gartens oder Balkons etwas für die Wildbienen tun. Corinna Hölzel, BUND-Pestizid-Expertin, gibt praktische Tipps.
Was ist das einfachste Mittel, um Wildbienen zu schützen?
Corinna Hölzel: „Verzichten Sie auf Pestizide im Garten. Pestizide töten und schädigen Nützlinge. Sie können die Orientierungsfähigkeit von Bienen und Hummeln beeinflussen und deren Immunsystem schwächen. Herbizide wie Glyphosat töten alle Blühpflanzen ab. Wildbienen haben dadurch zu wenig Pollen und Nektarquellen für ihre Ernährung.“
Wie können Hobbygärtner*innen im Garten oder auf dem Balkon Nahrungsangebote für Wildbienen schaffen?
Corinna Hölzel: „Viele Menschen haben Kräuter in ihrem Garten oder auf dem Balkon. Lassen Sie die einfach blühen. Das ist Futter für die Wildbiene. Besonders gerne mögen sie Thymian, Rosmarin, Bohnenkraut, Majoran, Borretsch oder Salbei. Auch bei anderen Insekten sind Kräuter-Blüten sehr beliebt. Wer einen Garten mit Rasen hat, mäht diesen am besten so selten wie möglich oder lässt einen ungemähten Streifen über das ganze Jahr hinweg stehen. Ein Kräuterrasen mit Klee, Löwenzahn, Hahnenfuß, Gänseblümchen und Schafgarbe ist nicht nur ein toller Anblick, sondern auch Nahrungsquelle und Rückzugsort für Wildbienen, Schwebfliegen und Schmetterlinge.“
Welche Pflanzen locken darüber hinaus Bienen an?
Corinna Hölzel: „Generell gilt: heimische Blühpflanzen; je vielfältiger, umso besser. Für den Balkon eignen sich Wildpflanzen und Kräuter wie Frühlingsthymian, Salbei, Basilikum, Lavendel, Kornblume oder Katzenminze besonders gut. Wählen Sie am besten Pflanzen aus, die zeitversetzt blühen. Dann haben Insekten ab Frühjahr bis in den Herbst hinein ein Nahrungsangebot. Wenn Sie Zuchtpflanzen kaufen, entscheiden Sie sich für Sorten mit ungefüllten Blüten. Vermeiden Sie die üblichen Balkonpflanzen, wie zum Beispiel Petunien und Geranien. Die sind zwar pflegeleicht und farbintensiv, aber für Insekten völlig uninteressant. Im Garten können Akelei, Sonnenblume, Glockenblume, Flockenblume, Färberkamille, Salbei, Malven, Fetthenne und vieles mehr gepflanzt und gesät werden. Auch Gehölze gehören dazu. Beerenobst, Wildrosen, Liguster, Berberitze, Holunder und Fingerstrauch sind für Wildbienen attraktiv.“
Was braucht die Wildbiene neben Pflanzen sonst noch in ihrem Lebensraum?
Corinna Hölzel: „Wasser. Stellen Sie an einer windgeschützten und sonnigen Stelle eine mit Wasser gefüllte Schale auf. In die Schale können Sie Steine, Korken oder Holzstücke legen. Das bietet den Bienen einen sicheren Landeplatz. Wasser brauchen Wildbienen nicht nur, um ihren Durst zu stillen oder ihre Brut zu ernähren. Sie verwenden es auch zum Bau ihrer Niströhren. Wer mehr Platz hat, kann einen kleinen Tümpel oder Teich anlegen, zum Beispiel mit in den Boden eingelassenen Tonnen oder Kübeln. Auf Fische sollte dabei verzichtet werden. Die fressen die Insektenlarven und verschlechtern gerade in kleineren Gewässern die Wasserqualität.“
Neben geeigneter Nahrung sorgen auch Nisthilfen dafür, dass sich Bienen ansiedeln. Was muss dabei beachtet werden?
Corinna Hölzel: „Von den rund 560 Wildbienenarten in Deutschland lässt sich etwa ein Viertel mit selbstgebauten Nisthilfen in den eigenen Garten locken. Am einfachsten können Sie Nisthilfen aus unbehandeltem Holz, Pflanzenstängeln, Schilfhalmen oder Bambusröhrchen bauen. Die Röhren sollten mindestens 10 Zentimeter lang sein. Der Eingang sollte abgeschliffen werden, damit sich die jungen Bienen ihre Flügel nicht verletzen. Wählen Sie einen sonnigen Platz, am besten Richtung Süd oder Südost. Bringen Sie die Nisthilfen fest, regengeschützt und trocken an, beispielsweise unter einem Dachüberstand an der Hauswand. Dann stehen die Chancen gut, dass Ihre Nisthilfe von April bis August schnell angenommen wird.“
Ursachen für das Insektensterben sind die industrielle Landwirtschaft und der Verlust von Lebensraum. Durch Monokulturen und den hohen Einsatz von Pestiziden werden Insekten massiv bedroht. Sie finden in Landschaften ohne Blühwiesen, Hecken und Gehölzinseln keine Nahrung und keine Nistplätze mehr. Herbizide wie Glyphosat töten alle Blühpflanzen ab, Wildbienen und Schmetterlinge haben kaum noch Pollen und Nektarquellen. Viele Insektizide und Fungizide verursachen auch Kollateralschäden an Nützlingen. Insekten sind jedoch die Grundlage für unser Ökosystem. Viele Vogelarten, Fledermäuse und Fische ernähren sich von Insekten. Nimmt deren Bestand ab, folgt daraus auch ein Artenschwund bei Vögeln. (opm)