Das Klagelied vom Fachkräftemangel ist seit Jahren nicht zu überhören! Mit der steigenden Überalterung der Bevölkerung und der anstehenden Verrentung der Boomer-Generation wird gerade eine besonders laute Strophe angestimmt. Immer mehr Unternehmen können ihre freien Stellen nicht mehr besetzen.
Service – Hauptsächlich sind Branchen wie das Handwerk, die Pflege, die Gastronomie und der IT-Bereich von fehlenden Fachkräften betroffen. Experten reden in diesem Zusammenhang von einem in Kürze anstehenden Einbruch großer Teile der deutschen Wirtschaft.
Gleichzeitig sind viele Menschen unterqualifiziert, möchten den Beruf wechseln oder den Einstieg in eine berufliche Karriere starten. Die Regierung setzt dabei unter anderem auf eine Stärkung von Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen. Nicht immer befinden sich die Betroffenen in der Situation, eine Ausbildung zu starten und durchzuhalten, die sich über mindestens drei Jahre hinzieht. Seit einiger Zeit bietet sich die Möglichkeit, mit einer Teilqualifizierung Jobchancen zu verbessern. Gleichzeitig könnte dadurch der Fachkräftemangel abgeschwächt werden.
Was wird unter einer Teilqualifizierung verstanden?
Arbeitnehmer können mit einer Teilqualifizierung anerkannte Ausbildungsberufe schrittweise erlernen. Die Lernphasen werden dabei in verschiedene Module eingeteilt, die in sich abgeschlossen sind. Die teilweise Ausbildung ist mit den Lehrplänen der herkömmlichen Ausbildungen abgestimmt und beinhaltet neben einer theoretischen Ausbildung auch praktische Phasen.
Mit jedem abgeschlossenen Modul steigert sich Schritt für Schritt die berufliche Qualifikation. Wer es schafft, alle Module einer Teilqualifizierung erfolgreich abzuschließen, erhält die Berechtigung, an der Externenprüfung der Industrie- und Handelskammer (IHK) teilzunehmen. Wer diese besteht, ist im Besitz einer anerkannten Berufsausbildung.
Für Unternehmen ist eine Teilqualifizierung ihrer Mitarbeiter interessant, weil sie ihre Mitarbeiter gezielt in Bereichen ausbilden lassen können, die für ihre Anforderungen notwendig sind. Teilqualifizierte Mitarbeiter entlasten so gezielt den innerbetrieblichen Fachkräftemangel.
Welche Gründe sind für eine Teilqualifikation ausschlaggebend?
Arbeitnehmer und Arbeitssuchende, die mit ihrer jetzigen beruflichen Situation unzufrieden sind oder die Qualifikationen für ihren Traumjob noch nicht erwerben konnten, sollten sich aus den folgenden Gründen für eine Teilqualifizierung interessieren:
- Verbesserung der Chancen am Arbeitsmarkt: Die beruflichen Fähigkeiten werden erweitert und die Erwerbsfähigkeit gestärkt.
- Neue Berufsfelder entdecken: Teilqualifizierungen umfassen viele interessante Ausbildungsberufe.
- Gültigen Berufsabschluss erwerben: Nach der erfolgreichen Absolvierung eines Moduls wird ein allgemein anerkanntes Zertifikat ausgestellt. Mit einem IHK-Zeugnis, das alle Module umfasst, gilt die Berufsausbildung als bestanden.
- Teilqualifizierung berufsbegleitend absolvieren: Ein bestehendes Beschäftigungsverhältnis kann fortgeführt werden. Der Arbeitgeber stellt die Betroffenen für die Zeit, die für die Teilqualifizierung benötigt wird, frei.
- Keine Kosten für Arbeitnehmer: Eine Teilqualifizierung wird komplett über einen Bildungsgutschein vom Staat finanziert.
Wer eignet sich für eine Teilqualifizierung?
Eine Teilqualifizierung kommt vornehmlich für Arbeitnehmer mit einer unzureichenden Ausbildung sowie für Arbeitslose oder Beschäftigte, die von Arbeitslosigkeit bedroht sind, infrage. Dabei sollten die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:
- Mindestalter: 25 Jahre.
- Ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis über insgesamt drei Jahre wird positiv bewertet.
- Ein fehlender Berufsabschluss.
- Eine Ausbildung, in der mindestens 4 Jahre nicht mehr gearbeitet wurde.
Welche Berufsfelder stehen im Fokus?
Inzwischen werden die Module einer Teilqualifizierung in über dreißig Berufen angeboten. Der Fokus konzentriert sich dabei auf kaufmännische, technikbezogene und dienstleistungsorientierte Jobs. Die Bandbreite reicht vom Industriemechaniker über Pflegeberufe bis zum Kaufmann für Büromanagement.
Wie baut sich eine Teilqualifizierung auf?
Die Teilqualifizierung teilt sich je nach Beruf in fünf bis acht Module auf. Diese bestehen jeweils aus einem theoretischen und einem praktischen Teil. Jeder Lernabschnitt umfasst 2 bis 6 Monate.
Der theoretische Teil wird bei einem anerkannten Bildungsträger absolviert. Das praktische Wissen wird in einem Betrieb in der Region vermittelt oder in der Firma, mit der ein Beschäftigungsverhältnis besteht. Nach erfolgreichem Abschluss eines Teilabschnitts kann ein neues Modul in Angriff genommen werden.
Wo kann eine Teilqualifizierung beantragt werden?
Verantwortlich für die Ausgabe von Bildungsgutscheinen ist die örtliche Agentur für Arbeit oder das in der Region angesiedelte Jobcenter. Wer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, muss sich mit dem Arbeitgeber absprechen. Die Freistellung für die Teilqualifizierung ist für diesen nämlich keine Verpflichtung, sondern eine freiwillige Leistung.
Wie finanziert sich eine Teilqualifizierung?
Die Kosten für eine Teilqualifizierung werden komplett von der Arbeitsagentur übernommen. Bisher ist es noch nicht möglich, sämtliche Module auf einmal zu beantragen. Vielmehr wird für jeden Abschnitt ein gesonderter Antrag notwendig. (opm)