Über den richtigen Umgang mit verletzten oder hilflosen Tieren nicht nur im Kreis Viersen

Zwischen Hilfsbereitschaft und Artenschutz: Was zu tun ist, wenn Sie ein Wildtier finden.
Von HB-Redakteurin Sabrina Köhler

Kreis Viersen – Ein Spaziergang durch die Felder, eine Wanderung im Wald oder ein sonniger Nachmittag im Garten: Immer häufiger werden Bürgerinnen und Bürger mit einem überraschenden Anblick konfrontiert – ein Jungvogel am Wegesrand, ein Igel mit Verletzungen oder ein scheinbar verlassener Hase. Doch was tun in solchen Situationen? Wie kann man helfen, ohne gegen geltendes Recht zu verstoßen oder das Tier unnötig zu gefährden?

Der Kreis Viersen klärt in einem umfassenden Informationsangebot darüber auf, was bei der Begegnung mit verletzten, kranken oder hilflosen Wildtieren zu beachten ist. Besonders betont wird: Bitte niemals Jungtiere mit bloßen Händen anfassen. Oft sind sie nicht verlassen, sondern werden von den Elterntieren beobachtet oder gefüttert – auch, wenn es zunächst nicht so scheint.

Natur verstehen, bevor man eingreift

Die natürliche Selektion gehört zum Kreislauf der Natur. Beutegreifer wie Füchse, Greifvögel oder Krähen sind auf schwache Tiere angewiesen, um sich und ihren Nachwuchs zu versorgen. Eingriffe durch den Menschen – so gut gemeint sie auch sein mögen – können hier das empfindliche Gleichgewicht stören.

Dennoch gibt es Fälle, in denen Hilfe angebracht oder sogar erforderlich ist. Hierfür stehen verschiedene Institutionen und Fachstellen bereit. Der Naturschutzbund Krefeld/Viersen beispielsweise vermittelt Kontakte zu erfahrenen Wildtierhelferinnen und -helfern. Eine wertvolle erste Anlaufstelle ist zudem die Website des Kreises Viersen unter www.kreis-viersen.de/naturschutz, wo unter dem Reiter „Wild- und Fundtiere“ eine umfangreiche FAQ-Liste bereitsteht.

Wer ist wofür zuständig?

Die Zuständigkeit hängt maßgeblich von der Tierart ab. Viele Wildtiere – insbesondere jagdbare Arten – unterliegen dem Jagdrecht. In solchen Fällen sind der Jagdpächter oder die zuständige Jagdgenossenschaft zu benachrichtigen. Die entsprechenden Kontaktdaten sind bei der Kreispolizeibehörde (Tel.: 02162 3770) erhältlich.

Wer auf eigene Faust tätig wird und ein Tier zu einem Tierarzt bringt, sollte wissen: Die Kosten trägt der Finder. Der Jagdausübungsberechtigte entscheidet nach Information, wie weiter verfahren wird.

Geschützte Arten brauchen besonderen Schutz

Besonders und streng geschützte Tierarten – etwa Greifvögel, Fledermäuse, Biber oder Hornissen – unterliegen dem Bundesnaturschutzgesetz. Wer ein verletztes Tier dieser Art aufnimmt, muss die untere Naturschutzbehörde des Kreises Viersen informieren. Eine Entnahme ist nur erlaubt, wenn sie der Gesundpflege und anschließenden Freilassung dient.

Auch wer dauerhaft verletzte Wildtiere pflegen möchte, muss je nach Umfang eine Genehmigung beim Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt beantragen. Diese Tätigkeit kann als tierheimähnlich eingestuft werden und erfordert entsprechendes Fachwissen.

Wenn Haustiere zulaufen oder Schädlinge Ärger machen

Nicht nur Wildtiere stellen Fragen auf. Läuft ein Haustier zu, helfen Stadt, Gemeinde oder ein nahegelegenes Tierheim weiter. Bei Problemen mit Tieren wie Mäusen, Wespen oder Ratten sollten professionelle Schädlingsbekämpfer hinzugezogen werden – diese müssen allerdings auf artenschutzrechtliche Vorgaben hinweisen. Viele Tiere lassen sich zudem umsiedeln oder durch bauliche Maßnahmen vertreiben, ohne dass sie getötet werden müssen.

Der Igel – ein Fall für besondere Aufmerksamkeit

Besonders besorgniserregend ist der Rückgang des Europäischen Igels, der seit 2020 auf der Roten Liste der Säugetiere steht. Als Schutzmaßnahme hat der Kreis Viersen ein Verbot für den nächtlichen Einsatz von Mährobotern erlassen, da diese für Igel tödliche Gefahren bergen. Privatpersonen werden ermutigt, ihre Gärten igelfreundlich zu gestalten: Wilde Ecken, Laubhaufen, Durchschlüpfe in Zäunen und eine Beleuchtungsvermeidung bei Nacht helfen, dem kleinen Säuger Lebensraum zu bieten.

Ansprechpartner auf einen Blick:

  • Naturschutzbund Krefeld/Viersen: Vermittlung von Wildtierkontakten

  • Kreispolizeibehörde Viersen: Tel. 02162 3770 (für jagdrechtlich relevante Funde)

  • Feuerwehr-Leitstelle: Tel. 02162 8195100 (bei in Not geratenen Tieren)

  • Untere Naturschutzbehörde Kreis Viersen: Für streng geschützte Arten

  • Veterinäramt Kreis Viersen: Für tierheimähnliche Einrichtungen

  • LANUV NRW / Artenschutzzentrum Metelen: www.lanuv.nrw.de

Die Natur ist ein empfindliches Gefüge. Wer helfen möchte, sollte sich vorab gut informieren. Nur so lässt sich sicherstellen, dass der Wunsch zu helfen nicht zum Schaden für das Tier oder die Umwelt wird. (sk)

Foto: Alexa/Pixabay