Veranstaltungsorte in Viersen – Politik beauftragt Verwaltung mit Bedarfsermittlung

Nachdem sich die Problematik um das Evangelische Gemeindehaus etwas entzerrt hatte, sah die Stadt Viersen keine Veranlassung mehr für Beratungen mit Blick auf Veranstaltungsorte in Viersen. Eine Meinung, die mehrheitlich von den Ratsmitgliedern anderes gesehen wurde. 
Von RS-Redakteur Dietmar Thelen

Viersen/Kommentar – Der Kultur- und Partnerschaftsausschuss hatte auf seiner Tagesordnung den gemeinsamen Antrag der CDU- und SPD-Fraktionen für einen möglichen neuen Veranstaltungsort in Viersen zu beraten, nachdem im Frühjahr bekannt geworden war, dass das Evangelische Gemeindehaus zunächst nicht mehr für Veranstaltungen zur Verfügung stand. Durch die Hilfe einer Stiftung hat sich die Lage zwar etwas entspannt, doch es ist nur eine zeitweise Lösung und dann könnten die Vereine, Einrichtungen & Co. plötzlich wieder ohne Heimat sein.

„Zum gegenwärtigen Zeitpunkt wird keine Notwendigkeit des Neubaus einer Veranstaltungshalle für Viersen und Süchteln gesehen, da die Anzahl der publikumsintensiven Brauchtumsveranstaltungen, die die Kapazitätsgrenzen überschreiten, kompensiert werden können“, so die Vorlage der Stadt Viersen, die als vorrangigen Punkt zudem die Ertüchtigung der vorhandenen Veranstaltungsstätten anstatt eines Neubaus anführte, der evtl. nicht ausgelastet sein wird, und die allerdings auf unterschiedlichste Meinungen im Ausschuss stieß. Am Ende beschloss der Ausschuss mehrheitlich bei zwei Enthaltungen der Bündnis 90/Die Grünen den Auftrag an die Verwaltung den aktuellen Bedarf abzufragen und im Anschluss, sollte es notwendig sein, unterschiedliche Betreiber-Modelle zu erstellen. Denn so einfach ist es nicht in Viersen für die Vereine eine passende Veranstaltungshalle zu finden, dass wissen auch die Ratsmitglieder, von denen viele in Vereinen aktiv sind.

Bei einer möglichen Schließung der Veranstaltungsstätte auf der Königsallee wären primär Karnevalsvereine betroffen, da diese Veranstaltungsräume mit bauordnungsrechtlich höheren genehmigten Personenzahlen benötigen, führte die Verwaltung aus. Derzeit werden im dortigen Gemeindehaus jährlich durchschnittlich sechs Brauchtumsveranstaltungen durchgeführt, die ausnahmslos karnevalistische Vereine betreffen. Darüber hinaus wird die Veranstaltungsstätte nur sporadisch durch Privatpersonen für Familienfeiern und sehr selten für musikalische Veranstaltungen gebucht. Gerade diese nur sehr geringe Nachfrage war – neben der notwendigen baulichen Ertüchtigung des Gebäudes unter Einhaltung des Denkmalschutzes – einer der Hauptgründe für die eventuelle Aufgabe des Standortes.

Mittlerweile sind die Pläne bekannt, hiernach beabsichtigt die evangelische Stiftung Som (sozial, ortsnah, mildtätig) das Gebäude zu kaufen, um den Betrieb der Kindertagesstätte weiterhin zu ermöglichen sowie den Saal für kulturelle Veranstaltungen und sonstige Anmietungen zur Verfügung zu stellen. Die notwendigen Renovierungsarbeiten sollen möglichst in Abstimmung mit den potentiellen Mietern erfolgen, sodass auch mittelfristig für die die Räumlichkeiten bisher nutzenden Viersener Vereine keine spürbaren Einschränkungen während der notwendigen Erhaltungsmaßnahmen zu erwarten sind. Allerdings weist die neue Betreiberin darauf hin, dass es Ziel sein muss, die Anzahl der Vermietungen zu steigern, um deutlich mehr Einnahmen zu generieren, damit der Saal wirtschaftlich auch langfristig bestehen kann. Die Landeskirche fordert jedoch bis 2026 eine Klimabilanz aller Gebäude sowie eine Klimaneutralität bis 2035, sodass die Stiftung nur Aussagen für diese Zeitspanne treffen kann. Ob dann in spätestens 12 Jahren eine finanzielle Investition zur energetischen Verbesserung wirtschaftlich vertretbar ist, macht die Stiftung u.a. von der künftigen Inanspruchnahme des Saales abhängig.

Sollte sich entgegen der Erwartungen während der aktiven Bauphase eine zeitliche befristete Schließung des Gemeindehauses ergeben, stehen in der Gesamtstadt Viersen unter anderem die Festhalle Viersen zur Verfügung. Hier seien allerdings neben den aktuell sieben karnevalistischen Veranstaltungen und durch die rund zwanzig Auf- und Abbautage keine zusätzlichen karnevalistischen Termine möglich. Zur Verfügung steht ebenfalls der Saal Maxim im Hormesfeld laut Plan für 250 Personen. Die Generatorenhalle wird aufgrund der direkten Innenstadtlage nicht in den Abendstunden an Veranstaltungen vermietet von denen eine höhere Geräuschkulisse ausgeht und der Notburgasaal wurde aufgrund der verschärften Bestimmungen auf 278 Personen (sitzend) reduziert.

Auch das Süchtelner Weberhaus ist nicht für Großveranstaltungen geeignet, weshalb die größeren Events meist im Josefshaus zu finden sind. Zum vor drei Jahren übernommenen Kolpinghaus gibt es aktuell kircheninterne Überlegungen zu einer sinnvollen Nutzung des Kolpinghauses und einer langfristige Nutzung des Josefshauses allgemein. Bei beiden Hallen wird der Platz zu eng, denn nur 240 Personen sind sitzend zugelassen, laut Auskunft der Süchtelner Karnevalisten wird jedoch eine Halle mit bis zu 350 Sitzplätzen benötigt.

In Dülken lockt dagegen das Bürgerhaus mit einem flexiblem Nutzungskonzept und einer hohen Auslastung. Zusätzlich tagen hier für ca. 1,5 Jahre die politischen Ausschüsse während der Umbau im Kreishaus vorgenommen wird.

Der Einwand der Verwaltung, dass fast 50 Jahre nach der Gebietsreform in Nordrhein-Westfalen und dem Zusammenschluss der Stadtteile zur Gesamtstadt Viersen, es möglich ist temporär auf andere Viersener Stadtteile auszuweichen, „was nach Ansicht der Verwaltung kein Hindernis darstellt“, traf dagegen nicht gerade den Geschmack der meisten Brauchtumsaktiven, die ihren Stadtteil fördern und erhalten wollen mit ihrer engagierten Arbeit und den zahlreichen Stunden Herzblut. (dt)

Foto: Rheinischer Spiegel