Heute ist der Viersener Neumarkt als Gereonsplatz bekannt. Häufig hat er sein Gesicht verändert, doch einige historische Elemente haben die Zeit überdauert.
Von RS-Redakteurin Ebru Ataman
Viersen – Als sich die Pest meist durch Rattenflöhe auf den Menschen übertrug, steckte die Medizin auf diesem Gebiet noch in den Kinderschuhen. Erst in den vergangenen Jahren geführte genetische Untersuchungen eines 3800 Jahre alten Grabes in der russischen Region Samara rekonstruierten bereits Genome der Beulenpest, der „Vorfahrin“ der heutigen Stämme.

Als Schwarzer Tod führte die Pest im 14. Jahrhundert zu einer der schwerwiegendsten Epidemien der Menschheitsgeschichte und noch Anfang des 17. Jahrhunderts starben tausende Menschen im Rheinland an dieser Seuche. Alleine in Viersen holte die Pest innerhalb von zwei Jahren gut 2.000 Menschen.

Ohne Antworten aus der Medizin suchten die Menschen die Ursache der Pest am Himmel mit ungewöhnlichen Sternenkonstellationen oder führten sie auf Brunnenvergiftungen zurück und riefen den heiligen Vater um Hilfe an. Daneben galt besonders der heilige Rochus als anbetungswürdig, der nach einer Pest-Erkrankung wieder genesen war, und auch der heilige Sebastian wurde in die Gebete einbezogen.

Doch ebenfalls die Viersener Priester blieben von der Seuche nicht verschont. Alle verstarben und die Viersener ersuchten Hilfe im Kloster in Sonsbeck. Zwei der drei nach Viersen entsandten Priester erlagen jedoch zudem der Pest. Der dritte Priester erkrankte, überlebte allerdings ebenso wie die zur Seelsorge geschickten Priester eines Minoritenklosters aus Venlo.

Als Dank für die Befreiung von der grausamen Krankheit, hielten die drei Geistlichen am 1. Oktober 1620 eine Prozession auf dem Neumarkt, dem heutigen Gereonsplatz, ab. Der Ort war gewählt worden, weil hier der letzte Pestkranke verstorben war. Sie errichteten das noch immer erhaltene Kreuz mit dem Schwur an diesem Tag alljährlich den Dank mit einer Prozession zu erneuern.

1798 bis 1815, während der Franzosenzeit, wurde die Prozession verboten und das Kreuz zunächst entfernt. 1857 ersetzte der Kölner Dombaumeister Vincenz Statz das morsche Kreuz aus Holz durch ein neugotisches Kreuz aus Stein für 500 Taler. Anfang des 20. Jahrhunderts erhielt das 6,50 m hohe Kreuz einen bronzenen Korpus mit dem Bibelvers: Um unserer Sünden willen ist er verwundet worden. Jesajas 53,5. (ea)




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