Die Geschichte schreibt das Jahr 1946, Kinderlachen dringt aus den Ruinen an der Viersener Bahnhofstraße, der damaligen Casinostraße. Der Zweite Weltkrieg hat seine Spuren hinterlassen.
Von RS-Redakteurin Nadja Becker
Viersen – Elisabeth S. schaut auf ihre Hände. „Wir haben die großen Mauersteine zur Seite geräumt um etwas Platz zum Spielen zu haben“, lächelt sie. Die 84-Jährige erinnert sich an ihre Kindheit als wäre es gestern gewesen. „Mein Leben lang habe ich in Viersen gelebt und habe die Veränderungen gesehen“, ergänzt sie. „An die Toten erinnere ich mich nicht gerne, aber es gab in der Zeit des Zweiten Weltkrieges auch viele schönen Momente.“

Nachdem das Casino, ein Gesellschaftshaus für die gebildete Bürgerklasse, an der heutigen Bahnhofstraße gefallen war, durchforsteten die Kinder neugierig die Ruinen. Manches habe man auch mit nach Hause genommen. „Wir hatten ja nichts mehr“, so die Seniorin.

Das Casino diente der „Gesellschaft Casino“ als Heimat. 1860 gegründet, war sie ein Zusammenschluss protestantischer Industrieller, Kaufleute, Rechtsanwälte und Ärzte. Ursprünglich lag das Gesellschaftshaus an der Bahnhofstraße 14, dort, wo heute der Eingang zum Casinogarten liegt. 1938 löste sich die Gesellschaft auf, während die Räume von der NSDAP aufgekauft wurden. Diese errichtete hier das sogenannte „Stadthaus III“, welches 1945 bei schweren Luftangriffen zerstört wurde. Noch heute ist der Grundriss sichtbar.

Erst später entstand der heutige Casinogarten aus dem alten Baumbestand des zerstörten Casinos und privaten Gärten des 19. Jahrhunderts.

Im Jahre 1887 beschließt der Stadtrat das Lager- und Bürogebäude der Firma Gebhard & Co. an der Bahnhofstraße 29 als Rathaus aufzukaufen. Nachdem der Platz immer knapper wurde, wird das Rathaus mit dem benachbarten Wohnhaus 1915 als Bürgermeisterwohnung erweitert. Als ebenfalls das ehemalige Haus Preyer und das Casinogebäude für städtische Ämter genutzt wird, wird in den 1930er Jahren ein Wettbewerb für einen Rathaus-Neubau vorbereitet. Mit dem Krieg enden diese Pläne, weshalb nach dem Zweiten Weltkrieg das Rathaus weiter genutzt und 1949-52 durch einen Neubau zur Königsallee hin das städtische Gebäude erweitert wird.

Bereits ab 1901 entstand der Alte Stadtgarten. Der Neobarockgarten erstreckt sich über eine Fläche von 5.500 Quadratmetern. Den Mittelpunkt bildet das Wasserbecken mit den Wasser-speienden Löwenköpfen an der Balustrade. Heute steht der Garten, der einst die Visitenkarte der Stadt war und Reisende vom Bahnhof aus begrüßte, unter Denkmalschutz. (nb)






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