Wahl mit Wucht – Friedrich Merz erklimmt im zweiten Anlauf das Kanzleramt

Ein politischer Kraftakt findet sein Ziel: Friedrich Merz ist der neue Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Nach einem holprigen Start im ersten Wahlgang sicherte sich der CDU-Vorsitzende im zweiten Anlauf die entscheidende Mehrheit und wird damit zum zehnten Kanzler der Bundesrepublik.
Von RS-Redakteur Dietmar Thelen

Magazin – Mit 325 Stimmen in geheimer Abstimmung übertraf Merz die erforderliche Kanzlermehrheit von 316 Mandaten knapp – aber deutlich genug, um jeden Zweifel zu beseitigen. Der Bundestag wählte den 69-jährigen Sauerländer am Dienstagmittag zum Regierungschef. „Ich danke für das Vertrauen und nehme die Wahl an“, sagte Merz, sichtbar bewegt, vor dem Plenum. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hatte zuvor das Ergebnis verkündet.

Der erste Wahlgang am Morgen war zu einer historischen Zäsur geworden: Noch nie zuvor war ein designierter Kanzler nach erfolgreichen Koalitionsverhandlungen im Bundestag durchgefallen. Sechs Stimmen hatten Merz zunächst gefehlt – ein Schlag ins Kontor der neuen CDU/SPD/CSU-Koalition, die sich nach dem Bruch der Ampelregierung formiert hatte. Doch die Koalition fing sich – und Merz setzte sich durch. Nun steht dem Wechsel im Kanzleramt ein halbes Jahr nach dem Koalitionsbruch nichts mehr im Weg.

Bevor Merz sein Amt jedoch offiziell antreten kann, überreicht Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ihm die Ernennungsurkunde. Noch am selben Tag kehrt Merz in den Bundestag zurück, um dort seinen Amtseid abzulegen – ein symbolträchtiger Moment nach einem politisch aufreibenden Vormittag. Auch die Ernennung der neuen Bundesregierung ist für den heutigen Tag geplant. Das Kabinett Merz besteht aus 18 Ministerinnen und Ministern – darunter zehn Männer und acht Frauen. CDU und SPD stellen jeweils sieben Ressortchefs, die CSU drei. Lars Klingbeil (SPD) wird als Finanzminister auch Vizekanzler – ein Signal der Balance zwischen konservativer Führung und sozialdemokratischer Verantwortung.

Im Inland lasten hohe Erwartungen auf der neuen Regierung: Wirtschaftliche Stagnation, demografischer Wandel und ungelöste Fragen der sozialen Sicherheit fordern klare Antworten. Viele Bürgerinnen und Bürger verbinden mit Merz vor allem wirtschaftspolitische Kompetenz – nun muss er liefern.

Auch auf internationaler Bühne steht Merz unter Beobachtung: Die Partner in Brüssel, Paris und Warschau drängen auf Stabilität und Führungsstärke aus Berlin. Bereits am Mittwoch will Merz zu Antrittsbesuchen in Frankreich und Polen aufbrechen. Besonders das Thema Grenzsicherheit dürfte dabei mit dem polnischen Premier Donald Tusk für Gesprächsstoff sorgen – Deutschland will die Kontrollen deutlich ausweiten. Mit Emmanuel Macron hingegen steht die Vertiefung der europäischen Zusammenarbeit auf der Agenda.

Friedrich Merz hat das Kanzleramt auf Umwegen erreicht – aber nun ist er da. Die kommenden Wochen werden zeigen, ob er auch regieren kann. Die Zeit der Vorbereitung ist vorbei. Deutschland hat einen neuen Regierungschef – und die Welt schaut gespannt nach Berlin. (dt)

Foto: Tobias Koch