Arbeitsrecht – Die zehn größten Irrtümer und Mythen bei Kündigungen

Im Arbeitsrecht kursieren zahlreiche Mythen und Irrtümer rund um das Thema Kündigungen, die oft zu Unsicherheiten bei Arbeitnehmern und Arbeitgebern führen. Dieser Artikel klärt die zehn verbreitetsten Missverständnisse auf und bietet fundierte Informationen zu den rechtlichen Rahmenbedingungen. Ziel ist es, Klarheit zu schaffen und gängige Fehlannahmen zu korrigieren, um so zu einem besseren Verständnis der Kündigungspraxis beizutragen.

Service – Eine Kündigung erfordert immer eine Begründung

Arbeitgeber müssen einen Kündigungsgrund nur dann angeben, wenn der Arbeitnehmer unter den Kündigungsschutz fällt. In solchen Fällen ist eine Kündigung nur gültig, wenn sie auf personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Gründen beruht, wie in § 1 Abs. 2 des Kündigungsschutzgesetzes (KschG) festgelegt. Während der Kündigungsgrund in der Kündigungserklärung nicht zwingend angegeben werden muss, ist dieser zu offenbaren, sollte der Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage erheben.

Wie Dr. Rehder, Anwalt für Arbeitsrecht in Moers, erklärt, ist bei einer fristlosen Kündigung ein wichtiger Grund erforderlich, der es dem Kündigenden unzumutbar macht, das Arbeitsverhältnis bis zum regulären Ende fortzuführen. Sollte die gekündigte Partei den Grund der fristlosen Kündigung erfahren wollen, muss dieser ihr unverzüglich und schriftlich gemäß § 626 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) mitgeteilt werden.

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Unternehmen müssen bei einer Kündigung eine Abfindung auszahlen

Ein genereller Anspruch auf Abfindung bei einer Kündigung besteht für Arbeitnehmer nicht. Eine Abfindungszahlung durch den Arbeitgeber erfolgt in der Regel auf freiwilliger Basis. Es gibt jedoch spezifische Situationen, in denen ein Arbeitnehmer nach einer Kündigung doch Anspruch auf eine Abfindung haben könnte. Ein solcher Anspruch ergibt sich entweder aus einer Vereinbarung im Arbeits- oder Tarifvertrag, die eine Abfindung bei Kündigung vorsieht.

Ein weiterer Grund für einen Abfindungsanspruch kann ein Gerichtsurteil sein, das den Arbeitgeber zur Zahlung einer Abfindung verpflichtet, wenn die Kündigung als unwirksam betrachtet wird und dem Arbeitnehmer die Fortführung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Ein Anspruch kann auch durch einen Abwicklungsvertrag entstehen, in dem sich der Arbeitnehmer verpflichtet, nicht gegen die Kündigung vorzugehen, und im Gegenzug eine Abfindung erhält. Zuletzt kann im Rahmen eines Sozialplans, der in Absprache mit dem Betriebsrat bei betrieblichen Änderungen aufgestellt wird, festgelegt werden, dass gekündigte Mitarbeiter eine Abfindung erhalten.

Kranken Arbeitnehmern darf nicht gekündigt werden

Eine Kündigung des Arbeitnehmers ist auch bei Krankheit möglich, sofern ein gerechtfertigter Kündigungsgrund vorliegt, der mit dem Kündigungsschutzgesetz in Einklang steht. In bestimmten Fällen kann die Erkrankung des Arbeitnehmers selbst einen Kündigungsgrund darstellen. Dies ist der Fall, wenn durch die Krankheit erhebliche wirtschaftliche oder betriebliche Interessen des Unternehmens beeinträchtigt werden. Eine krankheitsbedingte Kündigung ist jedoch nur dann rechtmäßig, wenn begründet erwartet wird, dass der Arbeitnehmer auch zukünftig häufig oder über längere Zeiträume hinweg arbeitsunfähig sein wird.

Mitarbeiter mit besonderem Kündigungsschutz sind unkündbar

Es besteht ein weit verbreiteter Irrtum, dass Personen mit besonderem Kündigungsschutz generell unkündbar sind. Zwar genießen bestimmte Gruppen wie Schwerbehinderte, Schwangere, Auszubildende, Betriebsratsmitglieder, Personen in Elternzeit sowie durch Tarifvertrag als „unkündbar“ geltende Personen einen verstärkten Schutz, jedoch ist eine Kündigung unter bestimmten Umständen dennoch möglich.

Die Kündigung solcher Personen kann zulässig sein, wenn beispielsweise der Betrieb vollständig geschlossen wird oder wenn der Arbeitnehmer schwerwiegende Straftaten gegen den Arbeitgeber begeht. Der besondere Kündigungsschutz macht eine Kündigung zwar schwieriger, aber nicht unmöglich. Die spezifischen Voraussetzungen für eine zulässige Kündigung variieren je nach Personengruppe. In Ausnahmesituationen kann daher auch einem Mitarbeiter mit besonderem Kündigungsschutz gekündigt werden.

Unternehmen können Mitarbeiter mündlich entlassen

In der öffentlichen Wahrnehmung sind Szenen aus Filmen, in denen Kündigungen lautstark mündlich ausgesprochen werden, durchaus geläufig. Jedoch ist in Deutschland im Gegensatz zu manchen anderen Ländern, wie etwa Österreich, wo formfreie Kündigungen rechtlich zulässig sind, eine mündliche Kündigung nicht erlaubt. Nach dem deutschen Recht, speziell nach § 623 BGB, müssen Kündigungen schriftlich erfolgen. Dies bedeutet, dass Kündigungserklärungen in Papierform vorliegen müssen; elektronische Kündigungen via E-Mail oder SMS sind ebenfalls nicht gültig. Eine mündliche Kündigung verstößt somit gegen die gesetzlichen Vorschriften und ist rechtsunwirksam.

Mitarbeiter, die kündigen, erhalten kein Arbeitslosengeld

Es herrscht die Auffassung, dass nach einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers in der Regel eine Sperre des Arbeitslosengeldes durch die Agentur für Arbeit erfolgt, da eine selbst herbeigeführte Arbeitslosigkeit als versicherungswidrig eingestuft wird gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGB III. Allerdings gibt es Ausnahmen von dieser Regel, bei denen keine Sperre verhängt wird. Eine solche Ausnahme liegt vor, wenn die Kündigung aus einem wichtigen Grund erfolgt. Anerkannte Gründe hierfür sind unter anderem der Umzug in eine andere Stadt, um mit dem Lebens- oder Ehepartner zusammenzuleben, das Vorliegen eines unzumutbaren Arbeitsverhältnisses oder der bevorstehende Antritt einer neuen Arbeitsstelle. In diesen Fällen wird die Sperre des Arbeitslosengeldes nicht angewendet.

Arbeitnehmer haben nach ihrer Probezeit einen automatischen Kündigungsschutz

Die Annahme, dass Arbeitnehmer nach der Probezeit automatisch Kündigungsschutz genießen, ist weit verbreitet, jedoch nicht korrekt. Tatsächlich ist der Erwerb des Kündigungsschutzes an spezifische Bedingungen geknüpft, die nicht direkt mit der Probezeit zusammenhängen. Kündigungsschutz tritt gemäß § 1 Abs. 1 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) in Kraft, wenn das Arbeitsverhältnis ununterbrochen länger als sechs Monate besteht und im Betrieb mehr als 10 Mitarbeiter in Vollzeit beschäftigt sind, wie in § 23 KSchG festgelegt.

Eine Probezeit kann nach § 622 Abs. 3 BGB bis zu sechs Monate dauern, und es ist möglich, eine kürzere oder gar keine Probezeit zu vereinbaren. Erreicht ein Arbeitnehmer das Ende einer sechsmonatigen Probezeit in einem Unternehmen mit mehr als 10 Beschäftigten, so erwirbt er damit in der Regel Kündigungsschutz. Endet die Probezeit jedoch früher oder ist der Arbeitnehmer in einem Kleinbetrieb tätig, greifen diese Regelungen nicht, und es besteht kein automatischer Kündigungsschutz nach der Probezeit.

Bei einer unwirksamen Kündigung ist kein Widerspruch nötig

Der Glaube, dass gegen eine offensichtlich unwirksame Kündigung nicht vorgegangen werden muss, ist weit verbreitet, jedoch fehlerhaft. In der Realität wird eine Kündigung nach Ablauf der gesetzlich festgelegten Klagefrist als wirksam betrachtet, selbst wenn sie ursprünglich aufgrund sozialer Ungerechtfertigkeit oder Formfehlern unwirksam war, wie in § 4 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) geregelt.

Arbeitnehmer sollten auf eine als unwirksam empfundene Kündigung reagieren, indem sie zunächst schriftlich Widerspruch einlegen. Dieser Widerspruch soll den Arbeitgeber dazu bewegen, die Kündigung zurückzunehmen. Sollte dieser Widerspruch erfolglos bleiben, ist es ratsam, innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung eine Kündigungsschutzklage zu erheben, um die Rechte wirksam zu verteidigen.

Eine Kündigung vor Jobantritt ist nicht möglich

Die Frage, ob eine Kündigung vor dem offiziellen Arbeitsantritt möglich ist, wird oft gestellt, besonders wenn nach Unterzeichnung des Arbeitsvertrags ein attraktiveres Jobangebot eintrifft. Ob dies zulässig ist, hängt von den Bestimmungen im jeweiligen Arbeitsvertrag ab. Häufig beinhaltet der Vertrag eine Klausel, die eine Kündigung vor dem Antritt der Tätigkeit ausschließt. In einem solchen Fall könnte bei Nichteinhaltung dieser Vereinbarung eine Vertragsstrafe fällig werden.

Falls der Arbeitsvertrag keine solche Klausel enthält, ist eine Kündigung auch vor dem Antritt grundsätzlich möglich. Es muss dann jedoch die im Vertrag festgelegte Kündigungsfrist eingehalten werden. Sollte der Vertrag diesbezüglich keine Angaben machen, kommen die gesetzlichen Kündigungsfristen gemäß § 622 BGB zur Anwendung.

Kündigungen dürfen erst nach einer Abmahnung erfolgen

Es existieren drei Hauptarten von Kündigungen: betriebsbedingte, personenbedingte und verhaltensbedingte Kündigung. Für die ersten beiden Arten ist keine vorherige Abmahnung erforderlich. Bei der verhaltensbedingten Kündigung hingegen setzt § 314 BGB voraus, dass eine Abmahnung erfolgt sein muss, wenn die Kündigung auf einer Verletzung vertraglicher Pflichten beruht. Eine Abmahnung ist also grundlegend, bevor eine verhaltensbedingte Kündigung ausgesprochen wird.

In Ausnahmefällen kann jedoch auch eine verhaltensbedingte Kündigung ohne vorherige Abmahnung rechtens sein, die dann als außerordentliche Kündigung gewertet wird. Dies ist der Fall bei besonders schweren Vertragsverstößen, wie Diebstahl, Betrug oder sexueller Belästigung, oder wenn keine Aussicht auf eine Verhaltensänderung durch eine Abmahnung besteht, etwa weil der Arbeitnehmer wiederholt Uneinsichtigkeit zeigt oder explizit erklärt, sein Verhalten nicht ändern zu wollen. (opm)