Bürgergeld – Verständigung im Vermittlungsausschuss

Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat hat sich auf einen Kompromiss zum Bürgergeld verständigt. Stimmen Bundestag und Bundesrat abschließend dem Gesetz zu, kann es zum 1. Januar in Kraft treten. Mit dem Bürgergeld sollen sich Menschen im Leistungsbezug stärker auf Qualifizierung, Weiterbildung und Arbeitssuche konzentrieren können.

Deutschland – Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat hat am Mittwochabend für einen Kompromiss zum Bürgergeld gestimmt, auf den sich zuvor die Koalitionsfraktionen und die Union verständigt hatten. Bundessozialminister Hubertus Heil sprach von einer „richtig guten Lösung“. Das Bürgergeld sei ein neues System, das Chancen gebe und Schutz gewähre, sagte er am Donnerstag. „Mit dem Bürgergeld wird der Staat gerechter und moderner.“ Das Bürgergeld schaffe durch Qualifikation und Weiterbildung neue Wege aus der Bedürftigkeit in die Arbeit, so der Minister.

Der Vermittlungsausschuss war von der Bundesregierung angerufen worden, nachdem der Bundesrat  in einer Sondersitzung am 14. November gegen die Einführung des Bürgergeldes gestimmt hatte. Als nächsten Schritt stimmt der Deutsche Bundestag über das Gesetz ab. Am Freitag befasst sich abschließend der Bundesrat damit. Dann kann das Reformvorhaben wie geplant zum 1. Januar in Kraft treten.

Der Vermittlungsausschuss ist ein gemeinsamer Ausschuss von Bundestag und Bundesrat, in dem beide Häuser gleich stark vertreten sind. Das Gremium ist ein parlamentarisches „Hilfsorgan“, das bei umstrittenen Gesetzesvorhaben mit dem Ziel einer Einigungssuche eingeschaltet werden kann. Mehr Informationen dazu finden Sie auf der Webseite des Vermittlungsausschusses.

Erhöhung der Regelbedarfe ab 2023

Gerade angesichts steigender Lebenshaltungs- und Energiekosten ist es notwendig, so rasch wie möglich die Menschen zu unterstützen, die sehr wenig verdienen oder bedürftig sind.

Mit dem Bürgergeld werden nun die Berechnungen der Regelbedarfe auf eine neue Grundlage gestellt: Die Bedarfe sollen künftig nicht mehr rückwirkend, sondern vorausschauend an die Teuerungsraten angepasst werden. Dazu werden zusätzlich die aktuellsten verfügbaren Daten über die regelbedarfsrelevante Preisentwicklung berücksichtigt.

Die Regelbedarfe für das kommenden Jahr wurden bereits entsprechend berechnet. Ab 1. Januar 2023 soll etwa ein alleinstehender Erwachsener 502 Euro erhalten – 53 Euro mehr als bisher.

Das Bundesarbeitsministerium beantwortet häufige Fragen zum Bürgergeld.

Karenzzeit bei Wohnen und Vermögen

Damit sich die Leistungsberechtigten auf die Arbeitssuche konzentrieren können, soll im ersten Jahr des Bürgergeldbezugs eine sogenannte Karenzzeit gelten: Die Kosten für Unterkunft werden in tatsächlicher Höhe, die Heizkosten in angemessener Höhe anerkannt und übernommen. Zudem gibt es eine Härtefallregelung, wenn Wohneigentum weiterhin selbst genutzt wird.

Wer künftig auf Bürgergeld angewiesen ist, soll in der Karenzzeit zudem Erspartes behalten dürfen. So darf Vermögen erst ab 40.000 Euro angetastet werden, bei weiteren Personen in der Bedarfsgemeinschaft liegt die Grenze jeweils bei 15.000 Euro. Ist die Karenzzeit abgelaufen, wird eine entbürokratisierte Vermögensprüfung vorgenommen.

Freibeträge bei Hinzuverdienst

Mit dem Bürgergeld soll die grundlegende Erfahrung verstärkt werden, dass Arbeit auch im Geldbeutel einen Unterschied macht. Deshalb sollen höhere Freibeträge gelten. Wer zwischen 520 und 1.000 Euro verdient, soll künftig mehr von seinem Einkommen behalten können. Die Freibeträge in diesem Bereich werden auf 30 Prozent angehoben. Zudem werden die Freibeträge für Einkommen von Schülerinnen und Schülern sowie Studierenden auf 520 Euro erhöht. Auch für Auszubildende gelten höhere Freibeträge für die Ausbildungsvergütung.

Kommunikation auf Augenhöhe 

Die bisherige Eingliederungsvereinbarung wird durch einen Kooperationsplan abgelöst, der von den Leistungsberechtigen und Integrationsfachkräften gemeinsam erarbeitet wird. Dieser Plan dient dann als „roter Faden“ im Eingliederungsprozess und ist damit ein Kernelement des Bürgergeld-Gesetzes.

Der sogenannte Vermittlungsvorrang in Arbeit wird abgeschafft. Stattdessen werden Geringqualifizierte auf dem Weg zu einer beruflichen Weiterbildung unterstützt, um ihnen den Zugang zum Fachkräftearbeitsmarkt zu öffnen. Eine umfassende Betreuung (Coaching) soll Leistungsberechtigten helfen, die aufgrund vielfältiger individueller Probleme besondere Schwierigkeiten haben, Arbeit aufzunehmen. Auch jungen Menschen, die eine Ausbildung beginnen, soll ein Coaching ermöglicht werden.

Sanktionen bei Pflichtverletzungen

Wer Termine nicht wahrnimmt, muss weiterhin mit Sanktionen rechnen. Künftig soll ein dreistufiges System gelten: Bei der ersten Pflichtverletzung mindert sich das Bürgergeld für einen Monat um zehn Prozent, bei der zweiten für zwei Monate um 20 Prozent und bei der dritten für drei Monate um 30 Prozent. Eine Leistungsminderung darf nicht erfolgen, sollte sie im konkreten Einzelfall zu einer außergewöhnlichen Härte führen.

Das Bürgergeld – die einzelnen Schritte im Gesetzgebungsverfahren
Am 14. September 2022 hatte das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zum Bürgergeld beschlossen. Nach ausführlichen Beratungen stimmte der Deutsche Bundestag am 10. November mit Mehrheit für das Reformvorhaben. In der Sondersitzung des Bundesrats am 14. November fand der Gesetzentwurf hingegen keine Mehrheit. Die Bundesregierung rief daraufhin den Vermittlungsausschuss an. Das Gremium aus Vertretern von Bundestag und Bundesrat verständigte sich am 23. November auf einen Kompromiss. Als nächstes entscheidet der Bundestag über den geänderten Gesetzentwurf, am Freitag dann der Bundesrat. Stimmen beide zu, kann das Gesetz wie geplant am 1. Januar 2023 in Kraft treten.

Diese Regelbedarfe sollen ab 2023 gelten

 
Alleinstehende / Alleinerziehende 502 Euro (+ 53 Euro) Regelbedarfsstufe 1
Paare je Partner / Bedarfsgemeinschaften 451 Euro (+ 50 Euro) Regelbedarfsstufe 2
Volljährige in Einrichtungen (nach SGB XII) 402 Euro (+ 45 Euro) Regelbedarfsstufe 3
nicht-erwerbstätige Erwachsene unter 25 Jahre im Haushalt der Eltern 402 Euro (+ 45 Euro) Regelbedarfsstufe 3
Jugendliche von 14 bis 17 Jahren 420 Euro (+ 47 Euro) Regelbedarfsstufe 4
Kinder von 6 bis 13 Jahren 348 Euro (+ 39 Euro) Regelbedarfsstufe 5
Kinder von 0 bis 5 Jahren 318 Euro (+ 35 Euro) Regelbedarfsstufe 6

Veränderung gegenüber 2022 in Klammern. Zusätzlich werden die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung übernommen, soweit sie angemessen sind. Die Leistungen orientieren sich am Niveau der Mieten auf dem örtlichen Wohnungsmarkt. (Ausnahmen gelten für die ersten 24 Monate) (opm)