In einer schriftlichen Anfrage hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen am 23. März 15 Fragen an die Viersener Verwaltung gerichtet. Von den Antworten erwartete sich besonders Maja Roth-Schmidt, Vorsitzende und zugleich schulpolitische Sprecherin ihrer Fraktion mehr Klarheit über die zukünftige Entwicklung der Primarschulen – Grundschulen und PRIMUS-Schule – im Stadtteil Dülken.
Viersen-Dülken – Seit dem vergangenen Freitag liegt die Antwort der Schulverwaltung vor. Die Grüne Ratsfrau sieht sich in vielen Punkten darin bestätigt, dass die PRIMUS-Schule an der Kettelerstraße als Modellversuch um drei Jahre verlängert und danach gegebenenfalls sogar als Regelschule fortgeführt werden sollte, sofern die Landesregierung dies ermöglicht. Die Antworten der Stadt Viersen auf den Fragenkatalog sind hier einsehbar.
Roth-Schmidt weist insbesondere darauf hin, dass mit dem Auslaufen der PRIMUS-Schule die Wahlmöglichkeit der Eltern im ganzen Stadtgebiet eingeschränkt wird: „Als Schule des Gemeinsamen Lernens von der vierten bis zur zehnten Klasse bietet PRIMUS eine echte Alternative zur Haupt- und Realschule, die es in Dülken ja bekanntlich auch nicht gibt. PRIMUS wäre auch in der Lage, die Grundschulen im Stadtteil Dülken zu entlasten, wenn man das Angebot entsprechend ausrichten und vorantreiben würde.“ Sollte es dagegen zur Gründung eines Teilstandorts der Gemeinschaftsgrundschule Dülken am jetzigen Standort der PRIMUS-Schule kommen, könnten die Eltern sich nicht mehr unmittelbar selbst dafür entscheiden, ob ihre Kinder wohnortnah an der Kettelerstraße unterrichtet würden, denn für die Unterrichtung am Wunschstandort gibt es keinen gesetzlichen Anspruch. Darüber hätte die Schulleitung auf der Grundlage der vorliegenden Anmeldezahlen zu entscheiden, so die Antwort der Schulverwaltung.
Antworten gab das Schulamt auch auf die Frage nach dem zukünftigen OGS-Angebot am geplanten neuen Teilstandort der Gemeinschaftsgrundschule. Roth-Schmidt ist mit dieser Stellungnahme nicht zufrieden: „Die PRIMUS-Schule ist als Modellschule auf die Ganztagsbetreuung ausgerichtet und garantiert einen entsprechenden Platz. Sie erreicht schon jetzt das Ziel einer OGS-Betreuungsquote von rund 80%. Diese Garantie kann am geplanten zweiten Standort der GGS Dülken erst einmal nicht geleistet werden. Auch nach den Angaben des Schulamts wird diese Quote an den Grundschulen erst zu einem späteren Zeitpunkt erreicht werden. Auch in diesem Punkt ergeben sich für die Eltern und Kinder in Dülken durch das Ende des PRIMUS-Projekts nur Nachteile.“
Die Grüne Fraktionssprecherin weist auch erneut darauf hin, dass eine Verlängerung der PRIMUS-Schule in Verbindung mit einer Absenkung von drei auf zwei Klassen pro Jahrgang viele Probleme des Primarbereichs im Stadtteil dauerhaft lösen könnte. Wie die Schulverwaltung jetzt mitteilt, ist die ursprünglich geplante Dreizügigkeit am jetzigen Standort räumlich ohnehin nicht darstellbar. Roth-Schmidt: „Ich finde es sehr bedauerlich, dass die Schule von der Verwaltung und Teilen der Politik immer wieder am Erreichen der Dreizügigkeit gemessen wird. Dabei ist der geplante zweite Standort an der Brabanter Straße doch längst vom Tisch. Und es geht auch ohne, wenn man das Schulkonzept auf zwei Klassen pro Jahrgang reduzieren würde – so geschehen übrigens auch an der PRIMUS-Schule in Münster.“
Vor diesem Hintergrund bewerten die Viersener Grünen die Anmeldezahlen für die PRIMUS-Schule als ausreichend. Ihre Rechnung: Um die aktuell 783 Grundschülerinnen und Grundschüler in Dülken auf acht Züge gleichmäßig zu verteilen, wären 98 Schülerinnen und Schüler pro Zug zu beschulen. An einer offiziell zweizügigen PRIMUS-Schule müssten dann aktuell 196 Schülerinnen und Schüler sein, im Vergleich zu den tatsächlichen 176. Roth-Schmidt: „Es fehlen der PRIMUS-Schule also nur 5 Schülerinnen und Schüler pro Jahrgang, um eine Gleichverteilung an den Grundschulen in Dülken zu erreichen.“
Folgt man dieser Rechnung, so kann von einer Überfüllung der beiden Dülkener Grundschulen in Zukunft nicht mehr die Rede sein – insbesondere, wenn der Boisheimer Standort der Paul-Weyers-Schule im nächsten Schuljahr nach der energetischen Sanierung wieder den Betrieb aufnimmt und die Boisheimer Schülerinnen und Schüler am Wohnort unterrichtet werden können. Auch dies bestätigt die vorliegende Stellungnahme der Schulverwaltung: Ab dem Schuljahr 24/25 soll sich die Zahl der Erstklässlerinnen und Erstklässler in Dülken auf unter 200 stabilisieren. So werden auch langfristig nicht mehr als acht Grundschulzüge in Dülken benötigt. Schon zum neuen Schuljahr wird sich die Situation auch an der GGS Dammstraße deutlich entspannen und die Klassengrößen kleiner werden.
Als Argument gegen die Fortführung der PRIMUS-Schule ist in der Vergangenheit immer wieder die mangelnde „Haltekraft“ der Schule ins Feld geführt worden. Diese Begründung sehen die Grünen aufgrund der von der Verwaltung in der letzten Schulausschusssitzung genannten Zahlen als entkräftet an. Roth-Schmidt: „Die PRIMUS-Schule ist sehr wohl in der Lage, ihre Schülerinnen und Schüler zu halten. Zum Schuljahr 23/24 wechseln nur sechs Schülerinnen und Schüler von insgesamt 48 zur fünften Klasse an eine andere weiterführende Schule. Diese Zahlen sprechen eine klare Sprache. Es ist Zeit, die PRIMUS-Schule nicht länger zu benachteiligen. Wir appellieren an den Stadtrat: Geben Sie dieser Schulform in Viersen noch eine Chance. Die Entscheidung gegen die PRIMUS-Schule bleibt eine Entscheidung ohne Not.“
Im Rahmen eines Bürgerbegehrens hatten sich rund 6000 Bürgerinnen und Bürger für die Verlängerung des Schulprojekts in Dülken ausgesprochen. Der Stadtrat steht jetzt vor der Entscheidung, seinen Beschluss zu revidieren. Andernfalls kommt es automatisch zu einem Bürgerentscheid, in dem sich alle Viersenerinnen und Viersener für oder gegen die Zukunft der PRIMUS-Schule aussprechen können. Ein positiver Entscheid der Bürgerinnen und Bürger würde den Ratsbeschluss kippen und den Schulversuch um drei Jahre verlängern. Am morgigen Donnerstag (27. April) beschäftigt sich der Schulausschuss mit der Zukunft des Primarbereichs im Stadtteil Dülken ab dem Schuljahr 2024/2025. (opm/Fraktion Bündnis 90/Die Grünen)