Fietsallee am Nordkanal – Radfahren auf Napoleons Spuren

Von Napoleon geplant, jedoch niemals fertiggestellt, wird der Nordkanal zu neuem Leben erweckt. Folgen Sie der Fietsallee zwischen Neuss und Nederweert und entdecken Sie auf 100 Kilometern die Spuren von Bonapartes „grand canal du nord“.

Radtour Niederrhein/Freizeit – Geplant von Antwerpen bis zum Rhein, nie ganz, nur in Fragmenten realisiert, erinnert der Nordkanal an die geopolitische und wirtschaftliche Bedeutung der Region zwischen Rhein und Maas.

Als Anfang des 19. Jahrhunderts die Gebiete zwischen Rhein und Maas nach jahrhundertelanger Zersplitterung unter napoleonischer Führung geeinigt waren, bemühte sich die französische Regierung um eine bessere verkehrsmäßige Erschließung. Der Plan, einen Kanal vom Rhein zur Maas und von der Maas bis zur Schelde zu bauen, gewann an Bedeutung. Er sollte Antwerpen, damals französischer Seehafen, und die südniederländischen Gebiete auf kürzestem Weg mit den Handelszentren am Rhein verbinden. Neben dem schnellen Transport von Massengütern versuchte Napoleon in der Auseinandersetzung mit England deren gesamten Handel mit dem europäischen Festland zu unterbinden. Die Holländer, die als Anrainer des Rheinmündungsgebietes Nutznießer des Handelsverkehrs waren, widersetzten sich diesen Bestrebungen. Ihre gewinnbringende Schlüsselstellung sollte ihnen durch den Bau einer Wasserstraße Schelde-Maas-Rhein – der Noordervaart und dem Nordkanal – streitig gemacht werden.

Pläne, Fragmente der Fossa Eugeniana, einer Kanalverbindung aus dem 17. Jahrhundert zu komplettieren, fanden keine Unterstützung. Napoleon befürwortete den Plan, einen alten Handelsweg von Neuss über Venlo nach Antwerpen als Trasse für den Kanal festzulegen. Der Bauerlass von 1806 sah vor, bereits ein Jahr später mit dem Bau des Nordkanals zu beginnen. Die Strecke wurde in zwei Sektionen geteilt – die Noordervaart von Antwerpen bis Venlo und den Nordkanal von Venlo bis nach Neuss.

Hageaupromenade in Viersen – Foto: Rheinischer Spiegel

Napoleons Chefingenieur Hageau arbeitete die Trassenführung des Kanals aus. Für den längsten Teil sollte sie dem Lauf des alten Rheintales folgen, das auf langer Strecke von der Niers durchflossen wird. Die Länge des Kanals vom Rhein bis zur Maas betrug insgesamt 53 Kilometer.

Die Planung bezog sogar drei Häfen – am Rhein, in Süchteln und in Venlo – und 16 Schleusen- und Brückenwärterhäuschen mit ein. Zugbrücken sollten den Verkehr der wichtigsten Straßen über den Kanal erleichtern und Fährverbindungen den kleinerer Strassen. Die geplante Wasserspeisung durch Erft und Niers sollte sicherstellen, dass der Kanal auch im Sommer ausreichend Wasser führt.

Im Frühjahr 1807 wurden die Baumaßnahmen begonnen. 1812 sollte der Kanal vollendet sein. Das Jahr 1810 brachte einen Wendepunkt. Als das selbstständige Königreich Holland dem französischen einverleibt wurde, entfiel für Napoleon der Zweck des Projektes. Er stoppte die Bauarbeiten, zog die Gelder ab und anstelle feindlicher Gesinnung trat der Wunsch nach Versöhnung mit den Holländern.

So kam es, dass der Kanal nur in Fragmenten (Schleuse Louisenburg, Erdwälle, Brücken, Brückenwärterhäuser, Kanäle, Hafen Neuss) realisiert ist. An vielen Stellen wurden später die ursprünglichen Kanalparzellen mit neuen Trassen für Eisenbahnen und Straßen belegt. So ist der Nordkanal – auch dort, wo er nicht realisiert wurde – teilweise noch unmittelbar nachvollziehbar. Und mancherorts verweisen noch die Straßennamen „Am Nordkanal“ auf das historische Projekt.

Auf Initiative des Arbeitskreises Nordkanal im Rahmen der Euroga 2002plus wurde der Nordkanal neu in Szene gesetzt. Das Land-Art-Projekt „Fietsallee“ verbindet neue und alte Spuren rund um Napoleons Kanalprojekt und trägt der damaligen hohen Ingenieurleistung des napoleonischen Kanals Rechnung. So können Sie die Geschichte der Wasserstraße heute ideal mit dem Fahrrad erkunden.

Auf der gesamten Länge markiert ein blaues Band die Strecke zwischen Neuss und Nederweert. Es zeigt sich als Bodenmarkierung oder in Form von Stelen. In den Niederlanden verdeutlichen blaue Markierungen an Laternenpfosten den Verlauf der Fietsallee. Abseits der Fahrradroute zeigen orange-weiß gestreifte Markierungsstangen, die an Vermessungsstangen erinnern, die geplante Trasse des Nordkanals .

Auf den blauen Fietsallee-Infotafeln finden Radfahrer Wissenswertes rund um den Kanal und eine Übersichtskarte mit Radrouten und Sehenswürdigkeiten bietet eine gute Orientierung vor Ort. Entlang der Strecke laden individuell gestaltete Rastplätze zur Pause ein.

Neue Zeichen lassen den Kanal wieder aufleben: Eine Erlebnisbrücke zeigt, mit welchen Techniken Wasserstraßen früher überquert wurden. Baumreihen, blumengefüllte Nordkanalprofile und andere künstlerische Inszenierungen reihen sich entlang der Fietsallee. Daneben sind alte Spuren des Kanalbaus bis heute in der Landschaft zu erkennen. Auf der Suche nach der geplanten Wasserstraße zwischen Rhein und Maas findet man ausgehobene Kanalbecken, Schleusen, Schleusenwärterhäuschen und Straßennamen, die an Napoleons Projekt erinnern.

Auch abseits der Strecke lässt sich vieles entdecken. Eingebunden in das beschilderte Radroutennetz sind Abstecher zu Sehenswürdigkeiten, Ortskernen und landschaftlichen Attraktionen leicht möglich. Routenflyer mit Übersichtkarte und touristischen Informationen liefern alles, was der Radfahrer für eine Nordkanaltour braucht.

So verbindet die Fietsallee bis heute alle am Kanalbau beteiligten Ortschaften miteinander. Auf deutscher Seite sind es Neuss, Kaarst, Korschenbroich, Willich, Mönchengladbach, Viersen, Grefrath, Nettetal und Straelen. In den Niederlanden führt der Nordkanal über Venlo Maasbree, Helden und Meijel bis nach Nederweert. (opm)