IHK-Regionalforum Kreis Viersen: „Was macht meine Stadt über das reine Abverkaufen hinaus aus?“

Stefan Postert hat Klartext gesprochen. „Die Innenstädte sollten ihre Kraft nicht allein dafür aufwenden, sich gegen den Online-Handel behaupten zu wollen.“ Stattdessen müsse es ein Umdenken geben – weg vom Anspruch, Innenstädte seien einzig Handelsstandorte.

Viersen-Dülken – Unter dem Titel „Aktuelle Herausforderungen von Innenstadtakteuren im kreisangehörigen Raum – Handlungsempfehlungen für den Kreis Viersen“ hatte die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein zum Regionalforum ins Bürgerhaus Dülken eingeladen. Postert erarbeitet für das Beratungsunternehmen Stadt + Handel Konzepte für lebenswerte Ortskerne und Innenstädte.

„Für viele Bürger sind Innenstädte mehr als reine Konsumorte. Sie sind Identifikationspunkte, mitunter ‚der kleinste Nabel der Welt‘, weil sie damit auch zahlreiche Erinnerungen verbinden“, erklärte Postert. „Wenn man sie wieder für die City gewinnen will, muss man bitte auch ihre Emotionen ansprechen.“ Somit müsse man fragen: „Wo holen wir die Menschen – und eben nicht, wo holen wir die Kunden – ab.“ Ganz sicher funktionierten Innenstädte nicht ohne Wertschöpfung. Die könne man aber nicht mehr allein über den Einzelhandel generieren. Vielmehr müsse man schauen, welche Werte kultureller oder emotionaler Art es für die Profilierung der Innenstadt gebe. „Was macht meine Stadt über das reine Abverkaufen hinaus aus? Was macht sie lohnenswert, liebenswert und lebenswert“, müssten die entscheidenden Fragen lauten.

In der Pflicht sieht der Handelsexperte auch die Immobilienbranche und die Politik, die für die Entwicklung innerstädtischer Immobilien mehr Anreize schaffen müsse. „Wir müssen sie überzeugen, noch mehr Verantwortung für die Innenstadtentwicklung zu übernehmen.“

Und in punkto Verwaltung gab er zu bedenken, dass zwar jeder Mitarbeitende seine Zuständigkeit und die Verantwortung für seinen Fachbereich habe. Die Innenstadtentwicklung im Grunde aber in der gemeinsamen Verantwortung aller liege – nicht zuletzt auch im Sinne des Gemeinwohls.“ Bei alledem appellierte Postert abschließend an die Teilnehmenden: „Lasst uns viel mehr in Möglichkeiten statt in Wiederständen denken.“

IHK-Vizepräsident Rainer Höppner dankte dem Referenten für seinen „inspirierenden, aber auch besorgniserregenden Vortrag“. „Unsere Innenstädte, Einzelhändler und Gastronomen haben es schwer, und selbst durch Stadtfeste und andere Aktivitäten schaffen wir es nicht, wieder dauerhaft mehr Frequenz zu generieren.“ Deshalb sei es sicherlich lohnenswert, über neue Ansätze nachzudenken. „Das Wichtigste ist, dass wir die Leute mitnehmen, in der täglichen Arbeit für kleine Erfolgserlebnisse sorgen und daraus Motivation ziehen.“ (opm)

„Für viele Bürger sind Innenstädte mehr als reine Konsumorte“, sagte Stefan Postert vom Beratungsunternehmen Stadt + Handel Konzepte beim IHK-Regionalforum Kreis Viersen. Foto: IHK

5 Kommentare

  1. Eine Einladung zum Bummeln und Schlendern ist unsere Innenstadt nun wirklich nicht.

    Die Stadt lockt mit vernachlässigten, ungepflegten Fassaden.
    Papierfetzen, alte schmuddelige Gardinen an den Fenstern, Gerümpelsammlungen auf Balkonen, ständig Sperrmüll in der Fußgängerzone und dazu der zunehmende Taubenkot, sind auch kein lohnenswerter Anblick.

    Die respektlose Behandlung der neuen Spielgeräte und Verweilgelegenheiten, teilweise ziemlich verdreckt, tun ihr Übriges.

    Immer mehr Geschäfte schließen und dafür öffnen immer mehr Kramläden, Friseure, Barbershops und Nagelstudios, ergo nichts für’s Auge, nichts für Geist und Seele.

    Nein, es macht keinen Spaß mehr in die Innenstadt zu gehen.
    Veranstaltungen und „Viersen blüht“ ändern daran auch nichts.

    Wie man die Leute mitnimmt? Tja, viel Erfolg beim darüber Nachdenken.

  2. Triste Schaufenster, deren Dekorationen wenig ansprechend sind, locken den potentiellen Kunden auch nicht in die Läden.
    Statt der vielen Kioske wären u.a. Boutiquen und Fachgeschäfte mit lebendiger und frischer, peppiger Dekoration sicher hilfreicher.

  3. Der Handelsverband spricht schon lange davon, dass immer mehr Läden geschlossen werden.
    Schuld seien die sinkende Kaufkraft der Menschen sowie die gestiegenen Kosten.
    Wenn es dem Einzelhandel schlecht geht, dann bedeutet dies, dass er nicht genügend Umsatz macht und nicht ausreichend Kunden gewinnt.
    Es ist bekannt, dass der Onlinehandel boomt und damit ein entscheidender Faktor für das Ladensterben ist. Dagegen haben klassische Geschäfte nur ein besonderes Einkaufserlebnis durch eine angenehme Atmosphäre und ein erlesenes Angebot sowie eine gute persönliche Beratung entgegenzusetzen. Doch auf derartiges legt man heute meist nur noch bei besonderen und hochwertigen Anschaffungen Wert.
    Wie viele andere auch kann und will ich mir diesen Idealismus gerade in Krisenzeiten nicht leisten.
    Die Vorteile des Kaufs im Internet sind einfach zu groß und liegen auf der Hand: Man kann aus einem schier unbegrenzten Angebot Produkte bequem nach Hause bestellen, meistens deutlich günstiger als im Laden. Fehlkäufe können problemlos wieder zurückgeschickt werden.
    Hinzu kommen auch die vielfältigen „Erlebnisse“ in der Servicewüste Einzelhandel.
    Viersen spielt dazu ständig das Stück „Täglich grüßt das Murmeltier“. Die ständigen Events mit fast gleichem Inhalt, Ablauf und gleichen „Köstlichkeiten“ bringen auch keine Massen an die Kassen.
    Neue Ideen werden schon von der städtischen Bürokratie und deutschem Vorschriftenwahn im Keim erstickt.
    Wir fahren gerne nach Düsseldorf, Roermond, Venlo o.a. Feste Marktstände, vielfältige Gastronomie und/oder Foodtrucks bieten immer wieder und ständig!!! Abwechslung und Leckeres.
    Warum trifft man denn dort so viele VIE?
    Darüber sollten die Verantwortlichen einmal nachdenken anstatt in immer neuen „Projekten“ heisse Luft und Kosten zu produzieren.

  4. Die neue Generationen möchten eben in Zukunft in einer Anonymität leben, was mal ein fürchterliches Ende nehmen wird. Es wird den Kindern schon so beigebracht.
    Wo sieht man heute noch Kinder spielen mit Puppen oder mehr?
    Wo finden bei Kinder noch Spiele statt die früher eine Gruppe meist 10 Mitglieder hatte.
    Gemeinsam wie Pfadfinder waren Ortsteilgruppen weit verbreitet.
    Sie durften als Kinder aus dem Haus nach Frühstück, und mussten erst zur Dunkelheit wieder zuhause sein.
    Da lernte man Selbständig als Kind werden. Wir haben uns beim Spielen alles selbst angeeignet und unseren Hunger selbst gestillt mit Handwerklichen Aufgaben und selbst Ernährung damit wir nicht nach Haus mussten. Das war eine Lehrzeit ohne Beeinflussung.
    Es wird so gemacht, wie es nicht sein soll, denn der Nachbar brauch ich und der Bäcker wie Metzger auch.
    Aber das wird heute nicht mehr erkannt.
    In vielen Essbaren Sachen schmecken in allen Geschäften fast gleich. Das gab es früher nicht.
    Das Miteinander war anders und heute will jeder seine eigene Intimität haben.
    Daran scheitert unsere Städte und der Handel macht alle Geschäfte kaputt. Die Straßen voll Lieferwagen und Postautos. Alle werden in den heutigen Verkehr Verdrängt und die leeren Geschäfte sind in ganz Europa zu sehen. Es kann ja sein das aus den leeren Städte mal Urnenfelder werden?

    1. In einer niederrheinischen Kleinstadt, die einst für ihre malerischen Straßen und engen Gemeinschaftsbande bekannt war, hat die Zukunft eine düstere Wendung genommen.

      Die Innenstadt, einst das pulsierende Herz der Gemeinde, ist nun ausschließlich mit dem Auto erreichbar. Straßen, die früher von Kindern, Radfahrern und flanierenden Bürgern belebt waren, sind jetzt von Blechlawinen übernommen. Die einheimischen Geschäfte, die das Stadtbild prägten, sind verschwunden, ersetzt durch große Parkplätze und Drive-Through-Geschäfte.

      Die ehemals lebhaften Marktplätze und Plätze sind jetzt mit Sensoren und Kameras übersät. Jede Bewegung, jedes Gespräch, sogar jede Regung wird überwacht – alles im Namen der Sicherheit. Die Angst vor Kriminalität, die in den Köpfen der Menschen gepflanzt wurde, hat diese Überwachungsmaßnahmen notwendig gemacht. Doch trotz der allgegenwärtigen Technologie fühlen sich die Bürger weniger sicher als je zuvor.

      Autos sind nicht nur Transportmittel, sondern auch Zufluchtsorte geworden. Menschen verbringen mehr Zeit in ihren Fahrzeugen, abgeschottet von der Außenwelt, in der Annahme, dass es der sicherste Ort ist. Die Ironie, dass die Autos, die einst als Symbol der Freiheit galten, jetzt Käfige geworden sind, entgeht niemandem.

      Die Polizei, die früher die Gemeinschaft unterstützte und schützte, hat sich verändert. Die Beamten sind nun eine ständige und einschüchternde Präsenz. Ihre patrouillierenden Fahrzeuge sind häufiger in den Straßen zu sehen als spielende Kinder.

      Das soziale Gefüge der Stadt hat gelitten. Misstrauen hat Einzug gehalten, Nachbarn reden weniger miteinander, und das Gemeinschaftsgefühl ist einem Gefühl der Isolation gewichen.

      In dieser dystopischen Vision hat die niederrheinische Kleinstadt ihre Seele verloren, eingetauscht gegen eine trügerische Vorstellung von Sicherheit, die durch Technologie und Isolation gewährleistet wird.

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