IHK-Standortanalyse Schwalmtal: Unternehmen sind zufrieden, sehen aber auch Verbesserungspotenzial

Die Unternehmerinnen und Unternehmer in Schwalmtal geben ihrem Standort die Note 2,74. Sie schätzen die Verkehrsanbindung sowie die Informations- und Kommunikationsinfrastruktur. Die Beschäftigung in der Kommune ist überdurchschnittlich gewachsen.

Schwalmtal – „Insbesondere das produzierende Gewerbe sowie die distributiven Dienste sind in Schwalmtal stärker vertreten als in der Region insgesamt. Und: Bei vielen wichtigen volkswirtschaftlichen Indikatoren, wie zum Beispiel der Entwicklung der Gewerbesteueraufbringungskraft, schneidet Schwalmtal im interkommunalen Vergleich gut ab.“ Mit diesen Worten fasste Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein, einige wesentliche Ergebnisse der IHK-Standortanalyse zusammen. Gemeinsam mit Gregor Werkle, Leiter des IHK-Bereichs Wirtschaftspolitik, stellte Steinmetz nun den Unternehmerinnen und Unternehmern in Schwalmtal die Ergebnisse der Analyse vor. „Es gibt auch Verbesserungspotenzial“, so Steinmetz. „So sind die Unternehmerinnen und Unternehmer mit der Dauer von Plan- und Genehmigungsverfahren sowie dem Wohnungsangebot unzufrieden.“

In Schwalmtal arbeiteten zum 30. Juni 2023 insgesamt 4.850 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Seit 1999 ist die Beschäftigung deutlich gewachsen (plus 29,6 Prozent). Im Land Nordrhein-Westfalen (NRW) und im Kreis Viersen lag das Wachstum im gleichen Zeitraum bei 25,8 beziehungsweise 19,3 Prozent. „Das überdurchschnittliche Wachstum in Schwalmtal liegt auch an der exzellenten Lage, die geprägt ist durch die Nähe zu Mönchengladbach und den Niederlanden. Auch die Entwicklung von Gewerbegebieten in den vergangenen Jahrzehnten hat zum Arbeitskräftewachstum beigetragen“, erklärte Werkle. „Zudem haben sich einige für den Standort relevante Unternehmen sehr gut entwickelt.“

Beim Vergleich wichtiger volkswirtschaftlicher Indikatoren Schwalmtals mit Kommunen ähnlicher Größe und dem Land NRW fällt besonders positiv auf: Die Bruttoverschuldung ist gering, und die Entwicklung der Steueraufbringungskraft ist positiv. Die einzelhandelsrelevante Kaufkraft in Schwalmtal liegt leicht über dem Durchschnitt des Bundes, des Landes und des Kreises Viersen. Die Vergleichskommunen Brüggen, Rommerskirchen und Niederkrüchten sind in diesem Punkt jedoch gleich auf oder stärker. „Dennoch zeigt das Ergebnis, dass Schwalmtal es geschafft hat, sich sowohl als Wohn- als auch als Wirtschaftsstandort zu positionieren“, sagte Werkle. Bei der Zentralität weist die Kennziffer von 85,4 auf einen Kaufkraftabfluss hin. Schwalmtal schneidet damit dennoch besser ab als die meisten vergleichbaren Kommunen. Lediglich die Burggemeinde Brüggen und der Durchschnitt des Kreises Viersen weisen bessere Werte auf. „Der Wert ist allerdings nicht besorgniserregend im Hinblick auf die Größe Schwalmtals und die Nähe zu Mönchengladbach und der niederländischen Grenze“, betonte Werkle.

Die insgesamt positiven Ergebnisse werden auch durch die Resultate einer Unternehmensbefragung bestätigt. Daran haben sich knapp 150 Schwalmtaler Betriebe beteiligt. Sie bewerteten den Standort insgesamt sowie mehr als 40 Standortfaktoren mit einer Schulnote zwischen 1 und 6. „Das Urteil für den Standort insgesamt fällt zufriedenstellend aus“, erläuterte Steinmetz. Schwalmtal schneidet in den Themenbereichen kommunale Kosten und Leistungen sowie Innenstadt besser ab als die übrigen Kommunen am Mittleren Niederrhein im Durchschnitt. Dagegen entsprechen die Werte für die harten Standortfaktoren und die Arbeitsmarktfaktoren den jeweiligen Durchschnittswerten am Mittleren Niederrhein.

Der wichtigste Standortfaktor für die Unternehmen ist die Informations- und Kommunikationsinfrastruktur. „Die Note 2,77 ist deutlich besser als am Mittleren Niederrhein im Schnitt und deutlich über dem Niveau von 2020“, sagte der IHK-Hauptgeschäftsführer. „Diese im Vergleich gute Bewertung ist sicherlich auch auf das Wirken der Kommunalverwaltung zurückzuführen.“ Eine weitere Stärke bei den harten Standortfaktoren ist die Erreichbarkeit über die Straßen. Steinmetz: „Die Verkehrsanbindung an das Straßen- und Autobahnnetz wird mit 2,00 gut bewertet. Sie ist den Betrieben auch sehr wichtig.“ Die Anbindung an den Luftverkehr und die Schienenwege wird von den Unternehmen deutlich besser als 2020 bewertet. Die ÖPNV-Anbindung wird in Schwalmtal eher kritisch bewertet. Das sei allerdings typisch für ländlich geprägte Standorte.

Bei den Standortfaktoren rund um die kommunalen Kosten und Leistungen schneidet die Gemeinde ebenfalls insgesamt positiv ab. „Die Erreichbarkeit und Reaktionszeit der Behörden erhalten gute Noten, der Gewerbesteuerhebesatz wird besser bewertet als in der Region im Schnitt. Gleiches gilt für die Kommunikation mit der Kommunalverwaltung“, fasste Steinmetz das gute Ergebnis zusammen. Allerdings zeigt die Umfrage auch: Insbesondere bei der Dauer von Plan- und Genehmigungsverfahren kommt Schwalmtal auf eine schlechtere Note, obgleich sie besser ist als am Mittleren Niederrhein im Durchschnitt. Auffällig ist, dass alle Standortfaktoren im Themenfeld Kommunale Kosten und Leistungen, mit Ausnahme von „Services und (Netzwerk-)Angebote der Wirtschaftsförderung“, etwas schlechter bewertet werden als vor 2020. „Trotz des insgesamt positiven Bilds ist das sicherlich ein Handlungsfeld. Die Gemeinde Schwalmtal darf sich nicht auf guten Noten ausruhen“, sagte Steinmetz und empfahl der Gemeinde, das RAL-Gütesiegel „Mittelstandsorientierte Kommunalverwaltung“ zu beantragen. Schwalmtal habe die besten Voraussetzungen dafür, das Gütesiegel schnell zu erhalten. Steinmetz: „Beim Zertifizierungsprozess werden auch vorhandene Potenziale, die zu den schwachen Bewertungen der Dauer von Plan- und Genehmigungsverfahren geführt haben, identifiziert.“

Bei den Arbeitsmarktfaktoren fällt auf, dass die Schwalmtaler Unternehmen ebenfalls sehr unter dem Fachkräftemangel leiden. „Der Standort punktet aber als Wohnstandort. Das kann in Zukunft für die Linderung des Fachkräftemangels von großer Bedeutung sein“, sagte Steinmetz. Positiv schneiden auch die innerörtlichen Faktoren ab. Handlungsfelder erkennt die IHK-Standortanalyse insbesondere bei den Themenfeldern, die schlechter abschneiden als bei der vergangenen Standortanalyse. „Das Thema Sicherheit im Ortskern sollte angegangen werden. Auch wenn die Unternehmen geringfügig zufriedener sind als im IHK-Bezirk im Schnitt, hat sich das subjektive Sicherheitsgefühl verschlechtert“, erklärte Steinmetz.

In der anschließenden Diskussion bedankte sich Bürgermeister Andreas Gisbertz für die wertvollen Hinweise auf Verbesserungspotenziale: „Ich freue mich über das positive Ergebnis für Schwalmtal. Doch es ist kein Anlass, sich auszuruhen. Wir nehmen die Handlungsempfehlungen sehr ernst und werden diese sorgfältig analysieren. Unser Ziel ist es, gezielt an den Schwächen zu arbeiten und die gut funktionierenden Bereiche weiter zu optimieren, um auch hier Verbesserungen zu erzielen.“

Philipp Quenzel, Geschäftsführer der QTM Automatisierung, Maschinen und Service GmbH, und Norbert Vortmann, Geschäftsführer der Vortmann GmbH, bestätigten, dass die gute Verkehrsanbindung insbesondere an das Autobahnnetz eine große Stärke des Standorts Schwalmtal ist. „Für uns spielte auch die Nähe zum Flughafen Düsseldorf und zum Hafen Rotterdam eine wichtige Rolle“, ergänzte Quenzel. Von Seiten der Verwaltung und der Wirtschaftsförderung fühlen sich beide Unternehmer gut unterstützt.

Große Sorgen bereitet ihnen allerdings der Mangel an Fachkräften und an motivierten Kandidaten und Kandidatinnen für die Ausbildung in ihren Betrieben. „Ich könnte 40 Stellen besetzen – wir bekommen keine Techniker, keine Meister, keine Ingenieure“, berichtete Vortmann, dessen Unternehmen 250 Menschen beschäftigt. „Im Bildungssystem und in der Gesellschaft läuft leider vieles schief, es fehlen die Anreize für technische, gewerbliche und handwerkliche Berufe.“ Nahezu alle versammelten Unternehmerinnen und Unternehmer bestätigten, dass es inzwischen enorm schwierig sei, junge Menschen für die Ausbildung zu gewinnen. Oft seien es die Eltern, die sich gegen eine Berufsausbildung ihrer Kinder aussprechen, hieß es aus der Runde. Steinmetz teilte diese Einschätzungen: „Wir müssen als IHK inzwischen sehr viel investieren, um Unternehmen und junge Menschen zusammenzubringen, und gleichzeitig arbeiten wir daran, dass in der Gesellschaft die berufliche Bildung den gleichen Stellenwert wie die akademische Bildung bekommt.“

Auch beim Thema Überregulierung waren die Unternehmerinnen und Unternehmer weitgehend einig. „Bürokratie prägt unseren Arbeitsalltag – leider. Die Datenschutzgrundverordnung beispielsweise ist mit erheblichem Aufwand verbunden und bremst uns an vielen Stellen“, berichtete Quenzel. Auch die unbürokratische Integration von Ausländern und Geflüchteten in die Schwalmtaler Unternehmen war ein Thema, das den Unternehmerinnen und Unternehmern auf den Nägeln brannte. Der Bürgermeister konnte keine rasche Hilfe versprechen: „Wir sind leider oft nicht zuständig und stoßen auch selbst an bürokratische Grenzen.“ Für Jürgen Steinmetz ist die Belastungsgrenze für die Unternehmen und ihre Beschäftigten in puncto Bürokratie längst überschritten: „Es muss sich dringend etwas ändern. Wir erwarten von der Politik spürbare Verbesserungen – zum Beispiel Fast Lanes in den Ausländerbehörden, um ausländische Fachkräfte schneller in unseren Arbeitsmarkt zu integrieren.“

Die Standortanalyse Schwalmtal ist auf der IHK-Website zu finden: www.mittlerer-niederrhein.ihk.de/31838 (opm)

Sie sprachen über die Ergebnisse der Standortanalyse Schwalmtal (v.l.): Norbert Vortmann (Geschäftsführer der Vortmann GmbH), Bürgermeister Andreas Gisbertz, IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz, Moderator Dieter Könnes und Philipp Quenzel (Geschäftsführer der QTM Automatisierung, Maschinen und Service GmbH). Foto: IHK