IHK und Creditreform stellen Risikobarometer vor: Für den Kreis Viersen werden steigende Zahlungsausfallzahlen befürchtet

Die wirtschaftlich triste Lage führt zu mehr Unternehmens- und Zahlungsausfällen in der Region – das zeigt das aktuelle Risikobarometer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein und der Creditreform Düsseldorf/Neuss.

Kreis Viersen – „Im Kreis Viersen ist die Ausfallrate bisher konstant. Der Wert liegt aktuell auch unter dem der beiden kreisfreien Städte des Bezirks und dem des Rhein-Kreises Neuss“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. „Für das kommende Jahr gehen wir anhand der Prognose-Daten jedoch von einer Steigerung aus“, ergänzt André Becker, Mitglied der Geschäftsleitung Creditreform Düsseldorf/Neuss.

Im Kreis Viersen liegt die Ausfallrate zum 30. Juni bei 1,31 Prozent. „Die Ausfallraten im Kreis Viersen sind damit noch auf einem niedrigen Niveau“, so Becker. Zum Vergleich: Der entsprechende Wert für Nordrhein-Westfalen liegt bei 1,77 und für Deutschland bei 1,63 Prozent. Nur die Stadt Nettetal und die Gemeinde Schwalmtal liegen über dem Schnitt der Region. Besonders gering ist die Ausfallrate in Grefrath und Tönisvorst mit 0,8 Prozent. In der Region Mittlerer Niederrhein ist die Ausfallrate zuletzt von 1,57 auf 1,74 angestiegen.

„Der Anstieg ist das Resultat der sich verschlechternden Standortbedingungen der deutschen Wirtschaft“, so Steinmetz. Der IHK-Hauptgeschäftsführer erinnert daran, dass jeder dritte Job am Mittleren Niederrhein unmittelbar oder mittelbar vom Export abhängt. „Wenn wir zu teuer produzieren, verkaufen wir weniger Produkte ins Ausland. Die Industriebetriebe sind zwar sehr resilient, aber die Industrierezession sorgt dafür, dass es für Zulieferer und Industriedienstleister schwieriger wird. Und: Die allgemein pessimistischen Konjunkturerwartungen schaden Unternehmen, die vom Konsum der Bevölkerung abhängen.“

Nach derzeitigem Stand der Prognosedaten von Creditreform dürfte sich die Entwicklung der Ausfallraten im Kreis Viersen im kommenden Jahr verschlechtern: „Die Prognosedaten zeigen, dass die Ausfälle steigen“, erklärt Proios. „Für den Kreis Viersen gehen die Rechenmodelle zurzeit von einer Ausfallrate von 1,99 aus.“ Im Vergleich zu den anderen Teilregionen des IHK-Bezirks wäre das ein überdurchschnittlicher Anstieg. Insbesondere in der Stadt Tönisvorst und in der Gemeinde Grefrath ist mit einem deutlichen Anstieg der Ausfallraten zu rechnen.

Das Verkehrsgewerbe in der Region weist unter den einzelnen Branchen aktuell die höchste Ausfallquote auf. „Der Logistikbranche fehlen die Aufträge aus der Industrie. Zudem ist der Fachkräftemangel hier wie auch in anderen Branchen weiterhin eklatant“, erklärt Chris Proios von der Konjunkturforschung Regional die Gründe. Auch im Gastgewerbe ist die Ausfallrate im Kreis Viersen sehr hoch.

Positiv fällt zurzeit lediglich der Blick auf das Zahlungsverhalten aus. „Die Dauer des Zahlungsverzugs ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich angestiegen und nun wieder deutlich gesunken“, so Proios. „Die Werte liegen in allen Teilregionen unterhalb der Werte des Jahres 2019.“ Im Kreis Viersen lag der durchschnittliche Zahlungsverzug zuletzt bei 12,20 Tagen, und damit fast einen Tag niedriger als in der Gesamtregion im Schnitt.

Nach einer Analyse von Creditreform hat diese positive Entwicklung vor allem folgenden Grund: „Nach der Corona-Krise hatten Lieferanten und Kreditgeber ihre Zahlungsziele vorübergehend zunächst drastisch verkürzt, um schnell an Liquidität zu gelangen. Mittlerweile steht jedoch die Vermeidung von Zahlungsausfällen ganz oben auf der Agenda. Entsprechend werden den Kunden derzeit großzügigere Zahlungsfristen eingeräumt“, erklärt Becker.

Insbesondere die Prognosedaten für den Kreis Viersen machen IHK-Hauptgeschäftsführer Steinmetz Sorgen. „Hauptaufgabe der neuen Bundesregierung wird es sein müssen, die Wirtschaft in Deutschland wieder zu stärken“, fordert Steinmetz. „Deswegen brauchen wir jetzt keinen Konsenswahlkampf, sondern eine ernsthafte Diskussion um die beste Wirtschaftspolitik.“ Das Risikobarometer Mittlerer Niederrhein ist online zu finden unter: www.mittlerer-niederrhein.ihk.de/21198 (opm)

Sie stellten das Risikobarometer 2024 vor (v.l.): Jürgen Steinmetz (Hauptgeschäftsführer der IHK Mittlerer Niederrhein), Chris Proios (Konjunkturforschung Regional), Gregor Werkle (Leiter Wirtschaftspolitik der IHK Mittlerer Niederrhein) und André Becker (Mitglied der Geschäftsleitung Creditreform Düsseldorf/Neuss). Foto: IHK