Nach sieben Jahren Pause feiert die St. Sebastianus Bruderschaft Süchteln-Sittard 1407 e.V. ihr lang ersehntes Schützenfest. Am Wochenende kam das Sommerbrauchtum zusammen, um das Königshaus hoch leben zu lassen und das Brauchtum zu ehren.
Von RS-Redakteurin Claudia-Isabell Schmitz, Rita Stertz und Martin Häming
Viersen-Süchteln – Seit vergangenen Freitag, mit der Wiesenparty im Festzelt mit den Kleinenbroichern, bis heute Abend, wenn sich beim Königsgalaball mit der Band Farbton, die prunkvollen Kleider und Uniformen zum Takt noch einmal im Kreis drehen, die St. Sebastianus Bruderschaft Süchteln-Sittard 1407 e.V. zelebrierte voller Freude ihr Schützenfest, auf welches sie sieben Jahre warten mussten.
„Ein Schützenfest ist nicht nur ein Anlass zur Geselligkeit, sondern auch eine Gelegenheit die Gemeinschaft zu stärken und Traditionen zu pflegen. Unsere Schützengemeinschaft verkörpert Werte wie Zusammenhalt, Respekt und Engagement, die in der heutigen Zeit besonders wichtig sind“, so der 1. Vorsitzende Christoph Wartmann, der voller Stolz auf die große Beteiligung der Mitglieder und befreundeten Bruderschaften blicken konnte.
Tatkräftig hatte im Vorfeld nämlich auch die St. Noburga-Schützenbruderschaft aus Viersen-Rahser mit angefasst, die zudem die Königskrone in diesem Jahr für den amtierenden König Rüdiger Cremers gestaltet hatte. Dieser nämlich ist auch als Tante Rüdi oder Rahser Nanny bekannt und mit ganzem Herzen ein „bunter“ Vogel. Aktiv im Brauchtum oder als Künstler und immer zur Stelle, wenn er gebraucht wird, war der erfolgreiche Vogelschuss im vergangenen Jahr ein weiteres i-Tüpfelchen und bescherte der Bruderschaft einen beliebten und gefeierten Regenbogenkönig.
„Schon als Kind träumte ich davon einmal Schützenkönig zu sein, nun ging mein Traum in Erfüllung.
Ich bin stolz für drei Jahre die Königswürde tragen zu dürfen“, unterstrich Rüdiger Cremers mit Freude, dem Ministerin Jasmin Springer und Minister Christian Rußlies zur Seite stehen. Doch wieso nur drei Jahre? Weil eigentlich seit 1952 das Schützenfest im 5-jährigen Rhythmus gefeiert wird … wenn nicht gerade eine Corona-Pandemie für einen Stillstand sorgt.
Eine Reise durch die Jahrhunderte
Die St. Sebastianus Bruderschaft Süchteln-Sittard 1407 e.V. blickt auf eine bewegte und beeindruckende Geschichte zurück, die geprägt ist von Widrigkeiten, kriegerischen Auseinandersetzungen und gesellschaftlichen Umbrüchen. Trotz zahlreicher Herausforderungen hat die Bruderschaft stets ihren Glauben, ihre Traditionen und ihre Heimat verteidigt und bewahrt.
In einer Zeit tief verwurzelter Religiosität gründete sich die Bruderschaft und stiftete einen dem heiligen Sebastianus geweihten Nebenaltar. Ohne die heutigen Kirchensteuern waren Naturalien die wichtigsten Einnahmequellen, die für karitative Zwecke genutzt wurden. So wurden 1553 unter Tilman Behr, dem Rentmeister des Amtes Brüggen, 12 Malter Roggen an Arme und Bedürftige verteilt. Diese Unterstützung war in Zeiten von Kriegen und Raubzügen lebensnotwendig.
Die Bewohner der Außenbezirke von Süchteln waren oft schutzlos und wurden vom Herzog von Jülich im Stich gelassen. Inmitten von Plünderungen und Gewalttaten organisierte die Bruderschaft eine Schützenwehr, um die Gemeinschaft zu schützen. Ihre Verdienste wurden 1657 durch Herzog Philipp Wilhelm von Jülich mit einem silbernen Vogel zum 250-jährigen Jubiläum gewürdigt, der noch heute Teil des Königssilbers ist.
Nach den verheerenden Erbfolgekriegen und der Belagerung von Neuss durch Karl den Kühnen im 15. Jahrhundert erlebte die Region erneut schwere Zeiten. Kriege wie der Truchsessische Krieg und der Dreißigjährige Krieg hinterließen tiefe Spuren, und die Pest von 1635-1637 dezimierte die Bevölkerung drastisch. Dennoch boten die Schützenfeste in Friedenszeiten seltene Momente der Freude.
Die Französische Revolution und die nachfolgende Besetzung brachten ideologische Umwälzungen mit sich. Kirchen und Klöster wurden enteignet, die Bruderschaften entwaffnet und ihre karitativen Aufgaben eingeschränkt. Erst unter preußischer Herrschaft konnten alte Traditionen wieder aufleben.
1907 feierte die St. Sebastianus Bruderschaft ihr 500-jähriges Bestehen, doch der Erste Weltkrieg und die nachfolgende belgische Besatzung brachten erneut Unterbrechungen. Trotz der schwierigen Zeiten fand 1932 noch einmal ein Schützenfest statt.
Im „Tausendjährigen Reich“ war das öffentliche Auftreten der Bruderschaft verboten, ihr Besitz musste versteckt werden. Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Währungsreform 1948 fanden die alten Sebastianer wieder zusammen und nahmen ihre Traditionen wieder auf. Heute ist die St. Sebastianus Bruderschaft Süchteln-Sittard 1407 e.V. stolz darauf, eine solch alte und bedeutsame Tradition fortführen zu dürfen. Mit dem Motto „Für Glaube, Sitte und Heimat“ setzt die Bruderschaft ein Zeichen für Zusammenhalt und Beständigkeit in einer sich ständig wandelnden Welt. (cs)