Literarisches – Wohin mit dem Geschenkpapier?

Bisher habe ich es immer gesammelt, die Klebestreifen entfernt, oft wieder glatt gebügelt. Zu Schade, es weg zu werfen. Ich kann es bestimmt wieder brauchen. Auch die Bänder, Schleifen, Engelchen und Sternchen. Jetzt ist Schluss. Einen Karton voll habe ich gesammelt. Wofür?
Literarisches von Peter Josef Dickers

Literarisches – Weg damit. Wenn ich wieder etwas kaufe, um es zu verschenken, lasse ich es gleich einpacken. Weh tut es mir schon. Aber im nächsten Jahr ist anderes Papier modern.
Bisher habe ich übrig gebliebene Kerzenstummel in eine Dose gepackt. Fast abgebrannte, halb abgebrannte, weiße, rote, blaue, gelbe Kerzenstummel. Gesteckkerzen, Adventskerzen, Weihnachtsbaumkerzen. Wild durcheinander liegend wundern sie sich ein Jahr lang, was aus ihnen werden soll und fragen, ob sie wieder am Weihnachtsbaum oder auf dem Kerzenständer brennen dürfen.

Ihre Hoffnung trügt. Soll ich am Ersten Advent eine Secondhand-Kerze anzünden, obwohl das die erste Kerze sein soll? Wie sieht ein Adventskranz aus mit halb- oder viertel abgebrannten Kerzen? Kann ich nicht machen. Also lasse ich die im Karton. In diesem Jahr werde ich alle Kerzen ausbrennen lassen. Reste werden vielleicht übrig bleiben, aber nicht so viele wie sonst. Mal sehen, wo ich die lasse. Sammeln werde ich sie auf keinen Fall. Die Dose will ich vorerst in den Keller stellen. Irgendetwas wird mir im Laufe des Jahres einfallen.

Bisher habe ich immer alles ausgepackt, was ich bekommen habe. Zum Glück kann mir nicht passieren, was ich beim Auspacken meiner Geschenke entdeckte. „Liebe Grüße zum Geburtstag von Tante Änne“. Liebevoll steht das auf der beigefügten Karte. Soll ich Tante Änne anrufen? Wahrscheinlich werden Geschenke gehortet wie Weihnachtspapier. Sie waren wunderschön eingepackt. Zu schade, um sie aufzureißen. Danke, Tante Änne.

Foto: Pexels/Pixabay

Bisher habe ich mich in die Mitternachtsmette gequetscht. Eine halbe Stunde vor Beginn war kein Sitzplatz mehr frei. Erstaunlich, wie viele Weihnachts-Christen nach Kartoffelsalat und Würstchen noch Appetit auf „Stille Nacht“. Haben. Was wollen sie so früh in der Kirche? Vielleicht wissen sie nicht, wann es anfängt. Einer fragte telefonisch an, ob ich ihm sagen könne, wann Einlass wäre, was der Eintritt kosten und wann es ungefähr zu Ende sein würde.

Eine ganze Bankreihe war reserviert. Als ich zehn Minuten vor Mitternacht einen Sitzplatz suchte, raunte man mir zu, die Bank wäre besetzt. Das könnte ich nicht erkennen, raunte ich zurück. Ja doch, wurde gestikuliert. Oma und Opa, die Kinder und Onkel Hermann kämen noch. Als nach Eingangslied, Begrüßung und Choral die Bank immer noch frei war, schmiedete ich Pläne für die Christmette im kommenden Jahr. „Wegen Renovierung geschlossen“. Das Schild vom Geschäftsumbau hatte ich im Keller liegen. Ich werde es Heiligabend an die Kirchentür hängen. Kurz vor Beginn des Gottesdienstes hänge ich es wieder ab. Vielleicht finde ich Platz.

Bisher habe ich alle Weihnachtspost gesammelt. Auch die Glückwünsche mit Tannenbaum-Motiv und Schneemann, abgeschickt aus der Karibik und von der Wüstensafari. „Hier ist es toll.“ „Bescherung ist all inclusive.“ Solche Grüße bringen mich ins Schwärmen oder ins Grübeln. Warum mache ich mir jedes Jahr diese Arbeit und tue mir den Stress an, wenn alles „all inclusive“ geht? Wenn hier kein Schnee fällt, ist es dann nicht egal, wo ich die Geschenke auspacke?

Für das nächste Weihnachtsfest werde ich mich frühzeitig beraten lassen. Ich brauche kein Geschenkpapier und keine Kerzenstummel mitzunehmen. Für die Weihnachtsparty am Strand muss ich keine Bank reservieren. All inclusive. Warum habe ich das bisher nicht gewusst? (opm)


Aus: Peter Josef Dickers, Ein bisschen Sehnsucht (vergriffen)

Foto: Winkler

Peter Josef Dickers wurde 1938 in Büttgen geboren. Nach einem Studium der Katholischen Theologie sowie der Philosophie und Pädagogik in Bonn, Fribourg/Schweiz, Köln sowie Düsseldorf erhielt er 1965 die Priesterweihe. Anschließend  war er in der Seelsorge und im Schuldienst tätig, bis er sich 1977 in den Laienstand rückversetzen ließ und heiratete. Nach der Laisierung war er hauptamtlich tätig an den Beruflichen Schulen in Kempen (jetzt Rhein-Maas-Kolleg) mit den Fächern Kath. Religionslehre, Pädagogik, Soziallehre, Jugendhilfe/Jugendrecht.

„Seit der Pensionierung bin ich weiterhin engagiert durch meine Schreibtätigkeit, mein Vorlese-Engagement in diversen Einrichtungen und sonstige Initiativen. In den Sommermonaten lese ich zeitweise als „Lektor“ auf Flusskreuzfahrt-Schiffen aus meinen bisher erschienenen Büchern“, so Peter Josef Dickers, der mittlerweile in Mönchengladbach beheimatet ist.