Schaffhausen: Erste Anwendung der „Sarco“-Suizidkapsel endet mit Festnahmen und offenen rechtlichen Fragen.
Von RS-Redakteuin Sabrina Köhler
Magazin – Im Kanton Schaffhausen hat sich offenbar ein tragischer Vorfall ereignet, der die umstrittene „Sarco“-Suizidkapsel in den Mittelpunkt einer strafrechtlichen Ermittlung rückt. Die Kantonspolizei fand am Montagnachmittag in einer Waldhütte bei Merishausen, unweit der deutsch-schweizerischen Grenze, die Leiche einer Person in einer solchen Kapsel. Im Zuge der Ermittlungen wurden mehrere Personen festgenommen, gegen die nun wegen des Verdachts der „Verleitung und Beihilfe zum Suizid“ ermittelt wird. Die Suizidkapsel wurde sichergestellt, und der Leichnam wird zur weiteren Untersuchung in Zürich obduziert.
Der Fall kam ins Rollen, als eine Anwaltskanzlei am Montagnachmittag einen Hinweis bei der Staatsanwaltschaft von Schaffhausen abgab. Dieser führte die Polizei zu der entlegenen Waldhütte, wo sie die „Sarco“-Kapsel entdeckten – ein futuristisch anmutendes Gerät, das es einem Menschen ermöglichen soll, sich durch Knopfdruck das Leben zu nehmen. Die dabei genutzte Methode: Durch das Einleiten von Stickstoff in die versiegelte Kammer sinkt der Sauerstoffgehalt rapide, sodass die Person friedlich einschlafen und innerhalb weniger Minuten sterben soll.
Wie die Kantonspolizei mitteilte, wurden mehrere Menschen im Zusammenhang mit dem Vorfall in Merishausen festgenommen. Sie stehen im Verdacht, durch ihre Beteiligung den Suizid unterstützt oder dazu angestiftet zu haben. In der Schweiz ist zwar assistierter Suizid unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, doch diese Fälle dürfen nicht von selbstsüchtigen Motiven geleitet sein. Der Einsatz der „Sarco“-Kapsel hingegen wirft zusätzliche rechtliche Fragen auf.
Die Schweizer Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider äußerte sich bereits am Montag dazu und stellte klar, dass die Kapsel nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Sowohl das Produktsicherheitsrecht als auch das Chemikaliengesetz seien verletzt, da die Verwendung von Stickstoff in dieser Form nicht zugelassen ist.
Laut Angaben der Nachrichtenagentur AP wurde die „Sarco“-Suizidkapsel bisher weltweit noch nie verwendet. Entwickelt wurde sie von der niederländischen Sterbehilfeorganisation Exit International, die das Gerät als eine friedliche, schnelle und würdige Methode des Suizids beschreibt. Die betroffene Person in Merishausen soll eine 64-jährige US-Bürgerin gewesen sein, die an einer schweren Immunschwäche litt. Vor Ort war auch Florian Willet, der Co-Präsident der Schweizer Sterbehilfeorganisation „Last Resort“, der den Tod als „friedlich“ bezeichnete.
Bereits seit Monaten sorgt die Ankündigung der Einführung der „Sarco“-Kapsel in der Schweiz für heftige Diskussionen. Vor allem die Frage, ob der Einsatz der Kapsel mit dem Schweizer Recht vereinbar ist, bleibt umstritten. Der Fall von Merishausen dürfte nun die juristischen und ethischen Debatten über Sterbehilfe weiter anheizen.
Während Suizidhilfe in der Schweiz grundsätzlich erlaubt ist, sofern keine selbstsüchtigen Motive dahinterstehen, stellt die „Sarco“-Kapsel eine Grauzone dar. Baume-Schneider betonte im Schweizer Parlament, dass die Kapsel weder den Anforderungen an Produktsicherheit genüge noch die Verwendung von Stickstoff mit dem Chemikaliengesetz vereinbar sei. Diese rechtlichen Unklarheiten haben nun zu einem Strafverfahren geführt, das den Einsatz der Kapsel im Land auf absehbare Zeit infrage stellt.
Hilfsangebote für Menschen in Not
Der Vorfall in Schaffhausen rückt erneut die Bedeutung von Prävention und Unterstützung für Menschen mit Suizidgedanken in den Fokus. In Deutschland und der Schweiz gibt es zahlreiche Anlaufstellen für Menschen, die über einen Suizid nachdenken. Die Telefonseelsorge ist in Deutschland rund um die Uhr unter den Nummern 0800 1110111 oder 0800 1110222 erreichbar. Auch Online- und Mailberatungsmöglichkeiten stehen zur Verfügung. Für Jugendliche gibt es die „Nummer gegen Kummer“ sowie weitere spezifische Angebote wie die „Muslimische Telefonseelsorge“.
In der Schweiz werden die Ermittlungen weitergeführt, und die Ergebnisse der Obduktion in Zürich dürften weitere Details zu den Umständen dieses tragischen Todesfalls liefern. Klar ist jedoch, dass der Einsatz der „Sarco“-Kapsel nicht nur juristische, sondern auch tiefgreifende gesellschaftliche Fragen zur Sterbehilfe aufwirft. (sk)