Quantentechnologie am Zentrum Jülich – Ein neues Computer-Zeitalter

Am Forschungszentrum Jülich ist einer der weltweit leistungsfähigsten Quantencomputer in Betrieb genommen worden. „Quantencomputer bieten enorme Chancen für unsere Zukunft“, betonte Forschungsministerin Stark-Watzinger. Noch steckt die Technologie in den Kinderschuhen, kann aber Wissenschaft und Wirtschaft künftig völlig neue Möglichkeiten bieten.

Jülich – Im nordrhein-westfälischen Jülich haben Forscherinnen und Forscher ein neues Quantencomputersystem in Betrieb genommen. Der sogenannte Quantenannealer ist Teil einer Infrastruktur für Quantencomputing, die Forschenden in Deutschland und Europa in der Cloud Zugriff auf verschiedene Quantensysteme ermöglicht. Der Quantenannealer hat eine Rechenleistung von mehr als 5000 superleitenden Quantenbits, sogenannten Qubits.

Im Unterschied zu den Bits von Digitalrechnern sind die kleinsten Recheneinheiten der Quantencomputer, die „Quantum Bits“ (Qubits), in der Lage, sich untereinander nach speziellen Gesetzmäßigkeiten der Quantenmechanik zu verbinden und damit einen wesentlich komplexeren Gesamtzustand anzunehmen. Die Realisierung von Quantenrechnern und -simulatoren ist jedoch mit außerordentlichen Herausforderungen verbunden.

Enorme Chancen für Forschungsstandort Deutschland
„Quantenphysik ist für viele schwer greifbar, jenseits der Intuition und doch zentral für unser Leben“, sagte Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger, die pandemiebedingt bei der Vorstellung via Videokonferenz zugeschaltet war. „Quantencomputer bieten enorme Chancen für unsere Zukunft und den Forschungsstandort Deutschland. Sie haben das Potenzial, unseren Alltag zum Besseren zu verändern – etwa mit Blick auf die optimale Nutzung unseres Stromnetzes, der Optimierung von Anlagestrategien am Finanzmarkt oder das Design wirksamerer Medikamente.“

Deswegen fördere das Bundesforschungsministerium die Entwicklung von Quantencomputern intensiv und auf einer breiten Basis. „Die heutige Inbetriebnahme eines Quantenannealers in der Nutzerinfrastruktur JUNIQ ist ein weiterer wichtiger Schritt, um Deutschland und Europa im Bereich des Quantencomputing international an die Spitze zu bringen,“ so Stark-Watzinger.

Das neue System ist ein sogenannter Quantenannealer: Diese Art von Quantensystemen sind besonders geeignet für die Lösung von schwierigen Optimierungsproblemen, die insbesondere auch für die Industrie von großem Interesse sind – etwa um Verkehrsflüsse effizient zu steuern oder um künstliche neuronale Netze für Anwendungen der Künstlichen Intelligenz zu trainieren.

Quantentechnologie bietet völlig neue Möglichkeiten
Das Forschungszentrum Jülich hat sich zum Ziel gesetzt, eine führende Entwicklungs- und Nutzergemeinschaft aus Industrie und Wissenschaft für die Anwendungen von Quantencomputern in Deutschland und Europa aufzubauen. „Dazu haben wir am Jülich Supercomputing Centre mit JUNIQ bereits 2019 eine Nutzereinrichtung für offene Innovationen geschaffen, die Anwendern eine einheitliche Quantencomputing-Plattform als Service und die zugehörigen Kompetenzen zur Nutzerunterstützung und gemeinsamen Software-Entwicklung zur Verfügung stellt“, sagte Professor Wolfgang Marquardt, Vorstandsvorsitzender des Forschungszentrums.

Welche Anwendungen in den nächsten Jahrzehnten mit der Quantentechnologie möglich sind, kann noch niemand vorhersagen. Am Jülicher Forschungszentrum wird sie für sehr komplexe Rechenaufgaben genutzt, die kein Superrechner alleine lösen kann. Die Erkenntnisse aus Jülich können aber dazu beitragen, Quantencomputer zur Serienreife zu bringen.

Für den neuen Computer entstand am Forschungscampus in Jülich extra ein neues Gebäude mit zwei Maschinenhallen. Damit der Computer störungsfrei funktioniert, benötigen die Hallen ein besonderes Fundament, damit jede noch so winzige Erschütterung abgefedert wird. Außerdem müssen die Prozessoren extrem gekühlt werden. Daher werden die Bauteile hinter der Verkleidung des etwa vier mal vier Meter hohen Würfels „versteckt“ und auf etwa minus 270 Grad Celsius heruntergekühlt. (opm)

Von außen ist er recht unscheinbar, doch die inneren Werte des Quantencomputers sind beedindruckend: Mehr als 5000 superleitenden Quantenbits beträgt die Rechenleistung des Systems. Foto: Forschungszentrum Jülich/Sascha Kreklau