Umfrage zur Entwicklung der Energiekosten: Für viele Industrieunternehmen ist die Lage ernst

Die Entwicklung der Energiepreise kennt derzeit nur eine Richtung: nach oben. Das hat die Industrie- und Handelskammern in NRW veranlasst, bei Industrieunternehmen nachzufragen, wie sich die Lage vor Ort in den Betrieben darstellt.

NRW – Mehr als 470 Unternehmen haben Mitte Januar an der Umfrage zur aktuellen Situation der Energieversorgung teilgenommen. Für viele Betriebe ist die Lage ernst: 59 Prozent der befragten Industrieunternehmen rechnen mit weiter stark steigenden Energiekosten im Jahr 2022. Bereits 10 Prozent schätzen die Entwicklung als existenzgefährdend ein.

„Diese Beurteilung wird nach den jüngsten besorgniserregenden Ereignissen in der Russland-Ukraine-Krise und den damit verbundenen Fragestellungen in Bezug auf die Erdgasversorgung nochmal kritischer ausfallen“, betont Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein. „Der Druck auf die Industrie wächst. Das bereitet uns auch deshalb Sorgen, weil gerade die Industrie für unsere Region von großer wirtschaftlicher Bedeutung ist.“ So sei die Industrie am Mittleren Niederrhein mit einem Anteil der Auslandsumsätze von 52 Prozent an den Gesamtumsätzen auch deutlich exportstärker als die Industrie in NRW im Durchschnitt.

Kritisch ist der aktuelle Anstieg der Energiekosten für die Industrie vor allem, weil die Kosten oft nicht auf die Kunden umgelegt und damit weitergegeben werden können. Somit schwinde die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie. „Wenn Vorprodukte beziehungsweise Rohstoffe mit hohem Energieeinsatz produziert werden müssen, betrifft das ganze Wertschöpfungsketten.“

Hinzu kommt die zuletzt anziehende Nachfrage nach Energie. In mehr als der Hälfte der Unternehmen (52 Prozent) ist der mengenmäßige Energieverbrauch 2021 gestiegen, vor allem aufgrund längerer Maschinenlaufzeiten und Investitionen in neue zusätzliche Anlagen und Maschinen. Insgesamt gaben vier von fünf der befragten Unternehmen an, dass die Energiekosten im vergangenen Jahr angestiegen sind, obwohl viele Unternehmen mit Energieeinsparmaßnahmen und Investitionen in Energieeffizienz dagegenhalten. Alle Anstrengungen und Investitionen haben die Ausgaben unter anderem für Strom und Gas demnach nicht bremsen können. „Das trifft auch auf diejenigen zu, die viel tun, um den eigenen Energiebedarf zu reduzieren“, so Steinmetz. Absehbar werden die Energiekosten weiterhin hoch bleiben. Verantwortlich dafür sind unter anderem steigende Netzentgelte. „Damit dämpft der Anstieg der Energiepreise die Erholung der NRW-Wirtschaft zusätzlich.“

Neben der Unberechenbarkeit der Energiepreise bereitet die sinkende Sicherheit der Energielieferung den Unternehmen Sorgen: Bei 10 Prozent der befragten Unternehmen ergaben sich in der letzten Zeit teils massive Probleme mit den Energielieferverträgen.

„Die zunehmende Unsicherheit führt dazu, dass mehr Unternehmen über Investitionen in Erneuerbare Energien wie zum Beispiel Photovoltaik-Anlagen oder Blockheizkraftwerke nachdenken“, sagt Steinmetz. „Laut der Befragung sehen die Unternehmen hier bisher jedoch unzureichende Rahmenbedingungen.“ Hinzu kommen derzeit Probleme bei der Versorgungssicherheit, der Netzinstabilität und dem Schutz vor Stromausfällen. Darüber hinaus wird die Beschaffung von CO2-freiem Strom zu einem weiteren Problem. So berichteten Unternehmen, dass sie aktuell keinen CO2-freien Strom in nennenswertem Umfang beschaffen können. Nur diejenigen, die für 2022 noch laufende Stromverträge haben, wägen sich derzeit noch auf der sicheren Seite. Wenn diese Verträge auslaufen, wird die Situation für diese Unternehmen dann allerdings neu zu bewerten sein. (opm)

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