„Wir sind nur Gast auf Erden.“ Gedanken zu Allerheiligen und Allerseelen

Im Stadtgebiet Viersen gibt es mehrere Friedhöfe. Zu einer Führung über den Friedhof in Dülken lud kürzlich eine Sachverständige ein. Die Grabeskirche St. Joseph der Kirchengemeinde St. Remigius hat sich für eine andere Form zeitgemäßer, würdiger Bestattung entschieden. Unsere Lebensformen, auch die Bestattungsformen, sind vielfältig geworden. Auf einem Hamburger Friedhof wird ein Bestattungsfeld für Fußballfans angeboten. In Basel ist „Letzte Ruhe“ im Rhein möglich.
Von Peter Josef Dickers

Gedanken – Allerheiligen. Allerseelen. „Wir sind nur Gast auf Erden.“ Hin und wieder begleite ich Verstorbene zur „letzten Ruhe.“ Tröstlich ist es, wenn Angehörige und Freunde dabei sind. Abschied nehmen kann leichter gelingen in Begleitung anderer. Wir leben nicht allein. Wir sterben nicht allein.
Eine ehemalige Schülerin von mir verunglückte tödlich mit ihrem Motorrad. Bei ihrer Beerdigung durfte ich nicht anwesend sein. „In aller Stille“ wollten Eltern und Angehörige an ihrem Grab stehen. „Von Beileidsbekundungen bitten wir abzusehen.“ „Auf Wunsch der Verstorbenen im engsten Familienkreis.“ Es fiel mir nicht leicht das zu respektieren. Sie war meine Schülerin, Mitglied der Schulgemeinschaft, eine von uns.

Sinti und Roma veranstalten an den Gräbern ihrer verstorbenen Angehörigen Sippentreffen. Die Toten gehören zu ihnen. Die Stadt Köln stellte Bänke auf ihren Friedhöfen auf. Die Friedhofsbesucher sollen an den Gräbern verweilen können. Verstorbene und Angehörige bleiben miteinander in Hoffnung und Zuversicht verbunden. Friedhöfe und Grabstätten wollen nicht Orte sterblicher Überreste ehemals Lebender sein. Sie erzählen vom Leben, von seinem Anfang und Ende. „Mami du fehlst.“ Unsere Lebens-Party ist zeitlich begrenzt; doch sie hinterlässt Spuren. Friedhöfe halten das gegenwärtig.

Natürlich kann man auch in anderer Weise mit Verstorbenen verbunden bleiben. „In unseren Gedanken bist du immer bei uns“ lese ich in Todesanzeigen. Gräber, auf deren mit Efeu überwucherten Grabsteinen das Wort „unvergessen“ kaum noch zu entziffern ist, zeigen die Vergänglichkeit bloßer Erinnerung. Den „Holocaust-Garten“ des Architekten Peter Eisenman in der Nähe des Berliner Reichstags für ermordete Juden Europas kann man „begehen.“ Symbol für mit Händen greifbare und mit Füßen betretbare Erinnerungskultur. Eine Wertschätzung über das Leben hinaus.

Ein alter gregorianischer Choral beginnt mit den Worten: „Mitten in dem Leben sind wir vom Tod umfangen.“ Die Tage Allerheiligen und Allerseelen wollen uns daran erinnern, dass wir „Gast auf Erden“ sind, Titel eines Kirchenlieds von Georg Thurmair. Nicht immer ist morgen auch noch ein Tag. Wir haben nicht endlos viel Zeit. Am Nimmerleinstag, wenn Endzeit ist, ist sie zu Ende. (opm)

Foto: Privat

Foto: Privat

Peter Josef Dickers wurde 1938 in Büttgen geboren. Nach einem Studium der Katholischen Theologie sowie der Philosophie und Pädagogik in Bonn, Fribourg/Schweiz, Köln sowie Düsseldorf erhielt er 1965 die Priesterweihe. Anschließend  war er in der Seelsorge und im Schuldienst tätig, bis er sich 1977 in den Laienstand rückversetzen ließ und heiratete. Nach der Laisierung war er hauptamtlich tätig an den Beruflichen Schulen in Kempen (jetzt Rhein-Maas-Kolleg) mit den Fächern Kath. Religionslehre, Pädagogik, Soziallehre, Jugendhilfe/Jugendrecht.

„Seit der Pensionierung bin ich weiterhin engagiert durch meine Schreibtätigkeit, mein Vorlese-Engagement in diversen Einrichtungen und sonstige Initiativen. In den Sommermonaten lese ich zeitweise als „Lektor“ auf Flusskreuzfahrt-Schiffen aus meinen bisher erschienenen Büchern“, so Peter Josef Dickers, der mittlerweile in Mönchengladbach beheimatet ist.