Ein Erdbeben der Stärke 6,2 erschüttert gestern Abend die türkische Millionenmetropole – Hunderte Verletzte, Schäden und eine Nation im Zeichen der Solidarität.
Von HB-Redakteurin Sabrina Köhler
Magazin – Istanbul – Eine Stadt erzittert, ein Land hält den Atem an. Am Mittwochmittag wurde die Metropole am Bosporus von einem schweren Erdbeben der Stärke 6,2 heimgesucht. Das Epizentrum lag im Marmarameer, südöstlich von Marmara Ereğlisi in der Provinz Tekirdağ – nur rund 60 Kilometer westlich des Stadtzentrums von Istanbul.
Der Erdstoß ereignete sich am Mittag 12:49 Uhr Ortszeit und versetzte Millionen Menschen in Angst und Schrecken. Fenster klirrten, Gebäude schwankten, Sirenen heulten. Panik griff um sich – mindestens 230 Menschen wurden verletzt, viele von ihnen beim Versuch, sich überstürzt in Sicherheit zu bringen. Einige stürzten auf der Flucht von Balkonen oder Treppenhäusern.
In mehreren Stadtteilen kam es zu teils erheblichen Gebäudeschäden. Erste Bilder zeigen Risse in Fassaden, herabgestürzte Fassadenteile und beschädigte Innenräume. Noch liegen keine genauen Zahlen zu den Zerstörungen vor. Doch das Ausmaß der Erschütterung war deutlich: Über 184 Nachbeben wurden bis zum Abend verzeichnet, das stärkste davon mit einer Magnitude von 5,3.
Die türkische Katastrophenschutzbehörde AFAD reagierte schnell und entsandte Einsatzkräfte in die betroffenen Gebiete. Auch das Gesundheitsministerium stellte mobile Versorgungseinheiten bereit. Die Behörden mahnten zur Vorsicht – es sei weiterhin mit Erschütterungen zu rechnen.
Istanbul liegt gefährlich nahe an der Nordanatolischen Verwerfung, einer der aktivsten geologischen Bruchzonen der Erde. Seit Jahren warnen Seismologen vor einem schweren Erdbeben in der Region. Das jetzige Ereignis, so sagen Experten, müsse als dringende Mahnung verstanden werden: Die Gefahr sei real, die Vorbereitung oft unzureichend. Besonders in den Fokus rückt erneut die Bauqualität vieler Wohnhäuser. Trotz gesetzlicher Vorgaben werden immer wieder Mängel festgestellt. Die Notwendigkeit eines flächendeckend erdbebensicheren Bauwesens wird durch die jüngsten Ereignisse schmerzhaft deutlich.
Inmitten des Schreckens zeigte sich auch eine andere Seite der Gesellschaft: Solidarität, Mitgefühl und Hilfsbereitschaft. Über soziale Netzwerke organisieren sich Helfer, private Unterkünfte werden angeboten, Restaurants verteilen kostenlose Mahlzeiten. Auch internationale Unterstützung ließ nicht auf sich warten, denn weitere Beben werden erwartet. (sk)
