Ein Abend voller Emotionen, Geschichte und Tanz: Am Samstag erlebte die St. Notburgabruderschaft Viersen-Rahser 1705 ihren ersten Königinnengalaball – und schrieb damit Vereinsgeschichte. Zum ersten Mal seit der Gründung vor über 320 Jahren stand mit Anja Schiffer-Knippel eine Frau als Königin im Mittelpunkt.
Von RS-Redakteurin Nadja Becker und Martin Häming
Viersen-Rahser – Die St. Notburgabruderschaft Viersen-Rahser 1705 erlebte am Samstag einen festlichen Höhepunkt ihres diesjährigen Schützenfestes: den großen Königinnengalaball. Bereits am Nachmittag hatten sich die Schützen in voller Uniform am Kirmesplatz versammelt, um den besonderen Tag würdig einzuleiten. Nach einem Zwischenstopp an der Königinnenresidenz formierte sich der Hofstaat schließlich zum prächtigen Umzug durch die Sektion.
Im Mittelpunkt des Abends stand aber natürlich das Königinnenhaus rund um Anja Schiffer-Knippel, die erste Frau an der Spitze der Bruderschaft. An ihrer Seite präsentierte sich Prinzgemahl Andre Schiffer, begleitet von den Ministerinnen Carmen Chlebowski mit ihrem Ehemann Thomas sowie Jeanette Zirngast mit ihrem Begleiter Andreas Gütjens. Komplettiert wurde der historische Hofstaat von Schatzmeister Marcel Dorsch, der in der Rolle des Königinnenadjutanten die Formation abrundete. „Man merkte, dass es nicht irgendein Schützenfest ist, sondern ein ganz besonderer Moment für die Gemeinschaft“, schwärmte Zuschauerin Helga P. (62).

Im festlich geschmückten Zelt erreichte der Abend schließlich seinen Höhepunkt: den Königinnengalaball zu Ehren von Anja Schiffer-Knippel und ihrem Hofstaat. Die Band „Farbton“ sorgte für Tanzmusik bis in die Nachtstunden – und das bei freiem Eintritt. „Das hier verbindet Tradition mit echter Lebensfreude. Genau so sollte ein modernes Schützenfest aussehen“, fand Besucher Andreas K. (45) zwischen zwei Tanzrunden.
Ein besonderer Stolz für die Bruderschaft ist, dass die neue Königin selbst Mitglied der traditionsreichen Knickaugen ist. Diese Frauengruppe gilt als echte Pionierin im Vereinsleben, denn sie war die erste reine Frauengruppe in der St. Notburgabruderschaft. Gegründet wurde sie im Jahr 1990 zunächst als reine Schießsportgruppe. Schon zwei Jahre später entschieden sich die Knickaugen eigene Uniformen anzuschaffen – ein sichtbares Zeichen dafür, dass sie nicht nur am Schießstand, sondern auch bei Umzügen und Festen fest zur Bruderschaft gehören wollten. Seitdem prägen sie das Bild der Bruderschaft entscheidend mit.

Die Knickaugen treffen sich bis heute regelmäßig alle zwei Wochen mittwochs, um kommende Aktivitäten zu besprechen, neue Ideen zu entwickeln und ihre Gemeinschaft zu pflegen. Bis 2013 schoss die Gruppe jedes Jahr ihre eigene Gruppenkönigin aus – eine liebgewonnene Tradition, die man nun wiederbeleben möchte. Denn für die Knickaugen gehört es einfach dazu, dass mindestens einmal im Jahr eine Frau als Königin gekrönt wird, auch wenn es „nur“ innerhalb der Gruppe ist. Dass in diesem Jahr – nachdem die Schützenbruderschaft eine historische Satzungsänderung vorgenommen hatte – mit Anja Schiffer-Knippel erstmals ein Mitglied der Knickaugen die gesamte Bruderschaft repräsentiert, ist für viele ein Herzensmoment und ein starkes Symbol für gelebte Gleichberechtigung im Schützenwesen.
Doch nicht nur die Knickaugen haben Grund zum Feiern: Auch die Jungschützen blicken stolz auf ihr 70-jähriges Bestehen zurück – sieben Jahrzehnte Jugendarbeit, Zusammenhalt und Nachwuchsförderung. Zudem feiern die Amazonen, die seit zehn Jahren in der Bruderschaft aktiv sind, ihr kleines Jubiläum. Mit ihren frischen Ideen sind auch sie aus dem Vereinsleben längst nicht mehr wegzudenken.

Ein fester Bestandteil des Abends waren auch die feierlichen Auszeichnungen, die noch einmal deutlich machten wie wichtig das ehrenamtliche Engagement für das Schützenwesen ist. Mit dem Silbernen Verdienstkreuz wurden in diesem Jahr Marissa Gormanns von den Amazonen sowie Clemens Fuchs, besser bekannt unter seinem Schützennamen „Odin“ von den Weißen Husaren, geehrt. Den Hohen Bruderschaftsorden erhielten Jeanette Zirngast von den Knickaugen und Marcel Dorsch von den Fahnenoffizieren. Eine ganz besondere Würdigung wurde schließlich Michael Mertens aus der Generalität zuteil, der das Sankt Sebastianus Ehrenkreuz entgegennahm.
Mit Musik, Tanz und festlichen Ehrungen fand ein Abend seinen Höhepunkt, der in die Annalen der St. Notburgabruderschaft eingehen wird. Der Königinnengalaball zeigte eindrucksvoll, wie lebendig und stark die Gemeinschaft im Rahser ist. Zwischen Uniformglanz und Jubelrufen stand beim letzten Schützenfest des Jahres in Alt-Viersen stets ein Gedanke im Mittelpunkt: Zusammenhalt über Generationen hinweg. (nb)

Sonntag, 24. August: Frühaufsteher treffen sich um 08:00 Uhr zum Antreten an der Königinnenresidenz. Um 09:00 Uhr beginnt das Festhochamt in der Pfarrkirche St. Notburga, gefolgt von einer großen Musikdemonstration und Parade um 10:00 Uhr vor der Kirche. Anschließend wird am Ehrenmal ein Kranz niedergelegt, bevor der Große Zapfenstreich erklingt. Ab 12:00 Uhr lädt DJ Möhrchen zum musikalischen Früh- bis Spätschoppen im Festzelt ein – ebenfalls bei freiem Eintritt.
Montag, 25. August: Um 18:30 Uhr treffen sich die Schützen an der Königinnenresidenz zum letzten Umzug, bevor ab 19:30 Uhr der Dorfabend startet. Mit einem bunten Programm aus den Reihen der Bruderschaft und dem Auftritt der kölschen Band „Hätzblatt“ klingt das Fest aus. Der Eintritt beträgt 5 Euro.
