In Viersen demonstrierten am Freitagabend dieser Woche rund 450 Teilnehmer aus der ganzen Region und darüber hinaus mit den Forderungen „Freie Impfentscheidung! Kein Mensch ist illegal! Grundrechte sind nicht verhandelbar“.
Von RS-Redakteurin Claudia-Isabell Schmitz
Viersen/Kommentar – Erwartet wurden am Freitagabend etwa 600 Teilnehmer auf dem Rathausmarkt zu einer angemeldeten Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen. Die Polizei Viersen schätzte die tatsächliche Menge auf 450 Personen – längst nicht alle aus Viersen, denn nicht wenige hatten trotz der Kälte Anreisen, beispielsweise aus Düsseldorf, auf sich genommen. Angemeldet hatte die Demonstration eine Privatperson, Aufrufe zur Teilnahme gab es jedoch zahlreich in den sozialen Netzwerken aus Reihen der Partei „Die Basis“.
Ihr Weg führte ab 18.30 Uhr lautstark mit Megafon, Pfeifen und einem Banner „Wir sind die rote Linie“ durch die Viersener Innenstadt, unter anderem über die Hauptstraße, Lindenstraße und Großen Bruchstraße zurück zum Rathausmarkt. Immer wieder riefen sie „Friede, Freiheit, Selbstbestimmung.“ Ruhig wurde es im Bereich der Goetersstraße, das Altenheim hatte laut Sprecherin eine Beschwerde eingereicht, weshalb der Zug die Musik ausmachen musste. „Es wäre pietätlos mit Musik zu demonstrieren, während innen Menschen sterben“, zuckte eine Teilnehmerin mit den Schultern, während ein Zuschauer des gleichzeitig laufenden Live-Streams kommentierte: „Wer stirbt denn da? Wo sind denn die ganzen Krankenwagen?“ Masken wurden nur selten getragen, die Genehmigung sah eine Pflicht erst ab 750 Personen vor.
Mein Nachfrage, warum die blonde Frau aus Straelen neben mir in Viersen an einer Demonstration teilnimmt, wurde zunächst höflich beantwortet. „Damit wir nach mehr aussehen und so unsere Forderungen durchsetzen können. Viele von uns nehmen an so vielen Demonstrationen wie möglich teil“, dann flüsterte ihr jemand zu, dass ich von der Presse bin und das Gespräch war beendet. Ihren Namen wollte sie ebenso nicht in einer Berichterstattung lesen, wie fotografiert werden. Eine andere Teilnehmerin sprach mich an: Sie demonstriere gegen eine Impfpflicht und Spaltung der Gesellschaft. Eine freie Meinung, die es zu respektieren gilt und die ich nachvollziehen kann (ich bin dreifach geimpft) – sie stammte ebenfalls nicht aus Viersen, aber natürlich waren auch Viersener dabei.
Politische rechte Parolen habe ich zumindest nicht offen gesehen, vorab wurde klar darauf hingewiesen, dass keine politischen Statements gewünscht sind. In der Menge fielen trotzdem bekannte Gesichter auf, die durchaus in der verschwörungsideologischen oder rechtspopulistischen Ecke einzuordnen sind. Das eine wie andere Mal drangen Kommentare an mein Ohr, die eine gute Kinderstube längst vergessen haben. Nein, es werden keine Ungeimpften in ein KZ-ähnliches Lager gesteckt werden! Es haben sich nicht alle Regierenden der Welt zusammengetan, um die halbe Menschheit auszurotten! Und glaubt wirklich noch jemand, dass es das Virus gar nicht gibt?
Es ist mir dennoch wichtig ebenfalls die Teilnehmer zu erwähnen, die sich Sorgen um die Maßnahmen während der aktuellen Corona-Situation machen, die ihre Stimme erheben möchten und nichts mit einer Politisierung zu tun haben. Ganz „normale“ Menschen ohne rechts oder links. Längst ist nicht jeder ein „Rechter“ nur weil er hier mitläuft. Aber die Augen zu schließen vor der Instrumentalisierung wäre weltfremd. Während zunächst zudem das Viersener Ordnungsamt vor Ort war, begleitete die Polizei den Versammlungszug, der laut Einsatzkräften erwartungsgemäß störungsfrei verlief. Aufmerksamkeit von außen gab es allerdings weniger, immer wieder öffneten Anwohner die Fenster und kommentierten mit Zustimmung oder Kopfschütteln den abendlichen „Spaziergang“. (cs)
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