Was für ein wunderbares Gefühl, was für ein fantastischer Moment! Kurz vor dem Start in den Höhepunkt der fünften Jahreszeit, dem Straßenkarneval, schrieb Dülken Karnevalsgeschichte: Zum allerersten Mal in der bewegten Historie des Dölker Narrenspiels wurde gestern Abend ein weibliches Dreigestirn in der Stadt mit dem Stripke proklamiert.
Von RS-Redakteurin Nadja Becker und Martin Häming
Dölke – Ein Abend voller Emotionen, Tradition und jecker Weiberpower entfaltete sich im Corneliushaus, als Jungfrau Gabi I. (Houben), Bäuerin Andrea I. (Stollenwerk) und Prinzessin Judith I. (Stobbe) die Regentschaft über ihr Narrenvolk übernahmen. Doch bevor es so weit war, musste das Damen-Dreigestirn erst einmal gefunden werden!

Das Trommlerkorps marschierte mit Standarten und Vertretern der Vereine durch die Stadt – aber wo waren die drei Hoheiten? Beim königlichen Fotografen, um sich ins rechte Licht rücken zu lassen! Was soll’s? Die Jecken wussten, wo sie suchen mussten und bald wurden die Damen mit karnevalistischer Würde ins Corneliushaus geleitet. Dort erwartete sie ein Saal voller begeisterter Karnevalisten, die mit Jubel, Applaus und dreifachem „Gloria Tibi Dülken“ das erste Dölker Damen-Dreigestirn begrüßten.

Nach der Begrüßung durch den Präsidenten des Vaterstädtischen Vereins, Günter Jansen, und dem feierlichen Einmarsch der neuen Regenten verlieh der Rector magnificus der Dülkener Narrenakademie, Dr. Arie Nabrings, dem Abend die offizielle Note. Unter tosendem Beifall und mit strahlenden Gesichtern verlasen die drei Damen ihre Gelöbnisse.

So sprach Prinzessin Judith I. voller Inbrunst:
„Ich, die Prinzessin, stehe hier jetzt mit Stolz und voller Macht,
Im bunten Karneval, der in uns große Freude entfacht.
Im schimmernden Kleid mit Zepter zur Hand,
regiere ich fröhlich das Narrenland.
Ich gelobe, stets mit Frohsinn und Schwung,
zu bringen den Jecken Tanz, Freude und Gesang.
Die Tradition zu wahren, das Brauchtum zu ehren,
und das Herz dieser Stadt mit Leben zu mehren.
Mit der Jungfrau und der Bäuerin fest an meiner Seite,
erfüllen wir gemeinsam die närrische Weite.
Fast jedes Mädchen hat diesen Traum schon geträumt,
heute wird er wahr, mit Freude versäumt.
Also lasst uns gemeinsam singen und lachen,
mit Tanz und Musik das Beste draus machen.
Ich schwöre mit Herz und mit voller Kraft,
dass der Karneval uns allen nur Freude schafft!“
Jungfrau Gabi I. und Bäuerin Andrea I. folgten mit ihren eigenen, bewegenden Worten, die das Publikum mitgerissen und gerührt haben. Sie schworen, mit Begeisterung, Hingabe und echtem Dölker Herzblut ihre Regentschaft zu führen und alle Jecken in eine unvergleichliche Session mitzunehmen.

Mit Schunkeln im Blut und „Gloria Tibi Dülken“ in den Genen traten die drei Damen ihr Amt mit voller Hingabe an. Was einst ein Kindheitstraum war, wurde nun zur jecken Realität: „Auch wenn die Zeit kurz erscheint, wird sie intensiv. Allen zum Trotz, das wird unsere Zeit, unser Traum wird wahr. Sind wir doch einmal ehrlich, wir waren so nah dran die 5. Jahreszeit führungslos zu verbringen. Vorschläge kamen und gingen, die großen Vereine, wie wir alle, gaben nicht auf. Es musste etwas Neues her, ausgetretene Pfade mussten verlassen werden, um den Karneval in unserer Vaterstadt zu modernisieren. Dazu waren und sind alle bereit und ein völlig anderes Modell nahm in der Vorstellung Gestalt an … und dann kamen wir.“

Ein Dreigestirn, das nicht nur mit seiner Frauenpower überzeugt, sondern auch mit einer beeindruckenden Zahlenmystik. Gabi I. wurde am 3.3. geboren, Andrea I. am 5.5. und Judith I. am 8.8. – und alle drei teilen das Geburtsjahr 1965. Doch es kommt noch besser: Andrea I. blickt auf 33 Jahre Ehe zurück – und das mit ihrem Mann, den sie an einem Rosenmontag kennengelernt hat. Geschichten, wie sie nur der Karneval schreiben kann!

Selbstverständlich durfte an diesem historischen Abend auch ein mitreißendes Showprogramm nicht fehlen. Die Mariechen der „KV de Üüle“ wirbelten kunstvoll über die Bühne, während die „Dölker Möhne“ ein eigens für diesen Anlass komponiertes Lied präsentierten. Besonders gefeiert wurde die Tatsache, dass sich unter ihnen – immerhin mit ihrer Dölker Obermöhn – nun auch die neue närrische Bäuerin befand, eine Proklamation mit Symbolkraft!
„Op der Määrt, op der Määrt stond de Möhne,
decke, dünne, lange, körte, äver schöne…
On de Lüü, on de Lüü sind an luure,
Op de Jungfrau, de Prinzessin on de Buure!“

Drei Strophen voller Dölker Frohsinn, die den Saal zum Beben brachten und mit einem donnernden „Ja is dat nit wunderbar, dat Dreigestirn in diesem Jahr!“ die Herzen alle närrischen Gäste erreichten. Doch der Abend war nicht nur voller Tanz und Musik, sondern auch mit klaren Worten gespickt. In ihrer Rede betonten die Dölker Möhne, dass die Zeit reif war für ein weibliches Dreigestirn. Mit einer Prise Humor, aber auch mit deutlicher Botschaft hieß es: „In Dülken werden se immer schlauer, jetzt setze se schon auf Frauenpower. Nur weil der Mann nicht immer kann (beruflich!), ließen se dieses Jahr auch mal de Frauen ran. Was sollten auch bloß die Vierscher sagen, wenn wir wieder in Dülken kein Prinzenpaar haben. Der Vaterstädtische Verein und die Narrenakademie, die hatten wirklich Stress, wie nie! Die Möhnen sahen ihnen die Verzweiflung an und riefen: „Kommt, wir nehmen uns der Sache an!“ So kam es, wie es kommen muss, das Beste, das kommt meist zum Schluss …“

Ein augenzwinkernder Seitenhieb auf die traditionsbewussten Karnevalisten, die sich diesem mutigen Schritt gegenüber offen gezeigt haben. Die Rede gipfelte in der Erkenntnis: „Drum haben drei Möhnen laut gelacht und haben sich als Dreigestirn ins Spiel gebracht. Ja, die Frauen von heut, die sind emanzipiert, da wird schon gern mal was ausprobiert!“
Als die starken Stimmen der Sänger des Orpheums erklangen und alle Jecken, unabhängig von ihrer Vereinsfarbe, sich schunkelnd in den Armen lagen, war der Abend perfekt. Ein Gänsehaut-Moment, der den Startschuss in einen unvergesslichen Abschluss dieser Session markierte – darauf ein dreifaches „Gloria tibi Dülken!“ (nb)
