Jüdisches Leben in Viersen – Planungen für neue Gedenkstätte schreiten voran

Die Jüdische Gemeinde Mönchengladbach-Viersen stellte in dieser Woche den neuen Imagefilm „Jüdisches Leben in Viersen – Visionen einer neuen Gedenkstätte im Rheinland“ vor. Dieses bedeutende Projekt zielt darauf ab eine innovative Gedenkstätte im ehemaligen jüdischen Schul- und Bethaus in der Rektoratstraße 10 zu errichten.
Von RS-Redakteurin Claudia-Isabell Schmitz und Rita Stertz

Viersen – Unter der Leitung von Franciska Lennartz entsteht in Zusammenarbeit mit der Jüdischen Gemeinde Mönchengladbach-Viersen eine Gedenkstätte, die didaktisch neue Wege geht. Ziel ist es, Geschichte nicht nur informativ, sondern auch emotional ansprechend zu vermitteln. Die Gedenkstätte wird erfahrungsbasiertes Lernen durch Zeitzeugengespräche, Diskussionsrunden und moderne technische Entwicklungen fördern. Das Projekt umfasst die virtuelle Rekonstruktion zerstörter Synagogen, eine Idee, die Dr.-Ing. Marc Grellert von der TU Darmstadt nach dem Brandanschlag auf die Synagoge in Lübeck 1994 entwickelte. Bis heute wurden 31 Synagogen rekonstruiert und das Projekt hat international Beachtung gefunden.

3D-Modell der Dülkener Synagoge. Foto: Rheinischer Spiegel/Rita Stertz

Das aktuelle Projekt umfasst die Rekonstruktion der Synagogen in Dülken und Süchteln sowie die Produktion eines Gesamtfilms über das jüdische Leben in Viersen. Für beide Synagogen werden Innenraumrekonstruktionen, ein 2D-Film mit Untertiteln und ein VR-Film erstellt. Für Dülken wird zusätzlich das Äußere der Synagoge rekonstruiert. Der Gesamtfilm wird neben den Synagogenrekonstruktionen auch weitere Aspekte jüdischen Lebens in Viersen beleuchten.

Der von der Bürgerstiftung der Stadtsparkasse Viersen mitfinanzierte Imagefilm thematisiert das jüdische Leben in Viersen vor der Shoah und zeigt die virtuelle Rekonstruktion der zerstörten Synagoge in Dülken. Der Film enthält Realfilmaufnahmen von den Standorten der ehemaligen Gotteshäuser in Dülken, Süchteln und Viersen und Interviews, die das Konzept der geplanten Gedenkstätte erläutern. Ziel ist es, besonders junge Menschen anzusprechen und für die Geschichte der jüdischen Gemeinde zu sensibilisieren. Der Film wurde auch bei den ELNET Awards in Berlin und dem Wettbewerb „Digitale Orte 2024“ eingereicht.

Der Film wird zukünftig auf der neuen Internetseite „gedenkstaette-viersen.de“ verfügbar sein, die Ende Juli 2024 online gehen soll. Die Seite wird über die Entwicklung des Gesamtprojekts und aktuelle Aktivitäten informieren. Im Rahmen der Veröffentlichung des Buches „Fremd- und Zwangsarbeit in Viersen von 1939 – 1945“ hat Franciska Lennartz eine intensive Zusammenarbeit mit den Schulen im Stadtgebiet Viersen aufgebaut. Diese Kooperation wird durch die Vorstellung des Films an den Schulen weiter vertieft.

Ein zusätzliches Highlight ist das Modell der zerstörten Synagoge in Dülken, das von einem 3-D-Drucker erstellt wurde und ab sofort im Foyer der Sparkasse in Viersen besichtigt werden kann. Dieses Modell wird im kommenden Jahr in die neue Gedenkstätte umziehen und als didaktisches Mittel für Führungen dienen. Die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Dülken reicht bis ins Jahr 1340 zurück. Die Synagoge, die 1898 eingeweiht und 1938 zerstört wurde, ist ein zentraler Bestandteil des geplanten Projekts und der Gedenkstätte.

Ein Förderverein wird die Gedenkstätte finanziell unterstützen und sich der detaillierten Erforschung der jüdischen Kultur im Rheinland widmen. Geplant sind Ausstellungen, Zeitzeugengespräche und Synagogenführungen. Die Gründung des Vereins ist für das vierte Quartal 2024 vorgesehen. (cs)

Stefan Vander begrüßte die Teilnehmer aus der Stadt- und Bundespolitik. Foto: Rheinischer Spiegel/Rita Stertz