Karnevalistischer Hochgenuss in Viersen: Närrischer Frühschoppen der „Blauen“ begeisterte jecke Herzen

Unter ihrem Sessionsmotto „Wer viere dat leäve“ öffnete die Grosse Viersener Karnevalsgesellschaft am gestrigen Sonntag die Pforten der altehrwürdigen Festhalle für ihren 17. Närrischen Frühschoppen – und sorgte für ein karnevalistisches Spektakel, das die Herzen der Karnevalisten höher schlagen ließen.
Von RS-Redakteurin Nadja Becker und Martin Häming

Viersche – Wenn die Grosse Viersener Karnevalsgesellschaft zum närrischen Frühschoppen einlädt, dann wird die Uhrzeit schnell zur Nebensache. Denn egal ob es noch früher Vormittag oder längste Zeit für das erste Kölsch ist – Karneval kennt keine Uhr! Bereits zum 17. Mal verwandelten die Blauen die Viersener Festhalle in einen Ort, an dem die Narrenherzen höherschlagen. Und das hat sich längst herumgesprochen: Nicht nur Karnevalisten aus Viersen strömten zu diesem bunten Spektakel, sondern auch Gäste aus den jecken Hochburgen Düsseldorf und Köln.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

In diesem Jahr erwartete die Besucher der Großen Viersener Karnevalsgesellschaft zudem ein ganz besonderer Augenschmaus: Ein einzigartiges Bühnenbild, das von keinem Geringeren als Jacques Tilly, dem renommierten deutschen Bildhauer, Kommunikationsdesigner und Karnevalswagenbau-Künstler, entworfen wurde. Tilly, der für seine scharfsinnige Satire und kreative Meisterwerke bekannt ist, hat nicht nur die Gesellschaft, sondern auch die gesamte Vier-Stadt in sein beeindruckendes Design integriert. Hierzu hat er sich sogar bildlich auf die Turmspitze der Kirche St. Remigius begeben.

Jacques Tilly ist weit über die Grenzen Düsseldorfs hinaus bekannt für seine Karnevalswagen, die sich durch eine besonders bissige und satirische Kunst auszeichnen. Dabei greift er stets auf aktuelle gesellschaftspolitische Entwicklungen zurück, was seine Wagen nicht nur bei den Besuchern des Düsseldorfer Rosenmontagszugs, sondern auch bundesweit und international zu einem echten Blickfang macht. Jährlich baut Tilly mit seinem Team nicht nur politischen Wagen, sondern auch Prunk- und Werbewagen für Städte wie Düsseldorf, Aachen, Krefeld, Hilden und Ratingen.Darüber hinaus entstehen in seiner Werkstatt auch karnevalistische Bühnendekorationen, wie etwa für die Fernsehsitzung des Düsseldorfer Karnevals. Mit seinem kreativen Schaffen bringt Tilly stets neue Impulse und einen Hauch von Provokation in den Karneval – und das auf eine Kunst und Weise, die zum Staunen und Nachdenken anregt.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Mit dem traditionellen Einmarsch durch die Karnevalisten läutete die GVK den Sonntagmorgen ein. Gemeinsam mit dem Viersener Tambour Corps 1925 e. V., das in tiefblauen Uniformen glänzte, schritten die Mitglieder durch die ausgelassene Menge. Der Funke sprang sofort über, und die Feierbiester feierten die Karnevalisten mit lauten „Helau“-Rufen und wippenden Hüften. Denn was gibt es Schöneres als den Sonntagmorgen mit Musik, Tanz und dem Gefühl von Gemeinschaft zu beginnen?

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Den Auftakt der Show durfte die weibliche Tanzgarde der GVK übernehmen, die wie immer für Staunen und Begeisterung sorgt. Mit sprühendem Temperament und synchronen Choreografien erfüllten die jungen Tänzerinnen die Bühne – das Scheinwerferlicht war verdientermaßen ganz auf sie gerichtet. Diese Garde, die von Jahr zu Jahr weiterwächst, beweist eindrucksvoll, wie viel Herzblut und Leidenschaft im Karneval stecken.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Doch damit nicht genug: Präsident Rainer Zaum ergriff das Mikrofon und versprach, dass an diesem Vormittag keine Langeweile aufkommen würde – und er sollte Recht behalten. Mit gekonnten Worten führte dann DJ und Sänger Detlef Belk durch ein Programm, das von einem Highlight ins nächste mündete.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Ein besonderer Moment des Frühschoppens war zudem der Auftritt der Prinzenpaare – der großen und der kleinen … und natürlich der Dreigestirne. Doch bevor die heimischen Tollitäten die Bühne eroberten, war es das Prinzenpaar aus Düsseldorf, welches das Mikrofon ergriff und mit ihrem Lied die Jecken zu einem Chor formte. Was für ein wunderbares Bild mit den Düsseldorfer Jecken vor dem Bühnenbild eines großen Düsseldorfer Künstlers.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Nun aber zurück zu unseren heimischen Regenten, denn sie alle versammelten sich gemeinsam auf der Bühne und formten so das lebendige Bild des Karnevals: In den Farben getrennt, doch im Brauchtum vereint (… hier schloss sich übrigens auch das gemeinsame Prinzenpaar der Burg Garde Brüggen und Prinzengarde Niederkrüchten an).

Es wurde gescherzt, getanzt und gelacht, und die Begeisterung des Publikums spiegelte sich in den leuchtenden Augen der Akteure wider. Ausgesprochen gut begeisterte auch der Auftritt der Vierscher Prinzengarde (die legendäre Zugabe verstärkte GVK-Präsident Rainer Zaum. Die Tanzschritte hatte er tief im Blut, schließlich hat er sie während seiner Prinzenzeit gekonnt gelernt) mit ihrem wirbelnden Tanzmariechen Anna-Lena. Ihre Darbietung, voller Eleganz und akrobatischer Höchstleistungen ließ die Jecken in der Halle jubeln.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming
Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming
Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Doch Karneval wäre kein Karneval ohne die Unterstützung des Nachwuchses. Deshalb überreichte die GVK auch in diesem Jahr 333 Euro an den Kinderkarneval in Dölke, Viersche und Soetele – ein Beitrag, der zeigt, dass hier nicht nur gefeiert, sondern auch für die Zukunft des Brauchtums gesorgt wird. Das Programm, die Menschen, die Musik – alles fügte sich zu einem Gesamtkunstwerk zusammen, das die Essenz des Karnevals einfing.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Nachdem die Tanzdarbietungen die Stimmung in der Halle bereits auf Hochtouren gebracht hatten, betrat die Band Puddelrüh die Bühne. Der Name mag zunächst ungewöhnlich klingen, doch spätestens mit den ersten Klängen war jedem klar: Diese Band ist ein Erlebnis! „Puddelrüh“ bedeutet im rheinischen Dialekt „splitterfasernackt“ – eine Anspielung auf die unverfälschte, rohe Ehrlichkeit, die die Musik der Band so besonders macht.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Die fünf Musiker sind weit mehr als eine Karnevalsband. Puddelrüh verkörpert eine Lebensphilosophie: ehrlich, erdig und vor allem voller Leidenschaft für das, was sie tun. Kein Wunder, dass sie nicht nur in der Region, sondern auch überregional bekannt sind – schließlich konnten sie bereits dreimal den Titel bei „Loss mer singe“ in Eschweiler abräumen (2011, 2016 und 2017). Ihre Auszeichnung war kein Zufall: Mit ihren eingängigen Songs, kraftvollen Stimmen und ihrer spürbaren Freude an der Musik ziehen sie jedes Publikum in ihren Bann.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Der Auftritt beim närrischen Frühschoppen fügte sich perfekt in das Programm ein. Bereits bei den ersten Akkorden wippten die ersten Füße, und spätestens beim Refrain sang der ganze Saal mit. Die Setlist der Band war eine bunte Mischung aus Karnevalsklassikern, stimmungsvollen Eigenkompositionen und Hits, die einfach gute Laune machen. Die Band verstand es dabei meisterhaft, das Publikum einzubinden und für echte Gänsehautmomente zu sorgen.

Kaum hatte sich die Halle von dem musikalischen Glanzlicht erholt, die Puddelrüh auf die Bühne gezaubert hatte, betrat die nächste Sensation den Saal: Die Fauth Dance Company Ladies, ein Garant für Eleganz, Energie und absolute Begeisterung. Seit ihrer Gründung im Jahr 1963 durch Inge Fauth haben die Ladies eine beeindruckende Tanz- und Showgeschichte geschrieben, die bis heute Generationen von Karnevalisten begeistert.

Die Tanzgruppe hat sich längst einen festen Platz auch im Kölner Karneval erobert und steht wie kaum eine andere Formation für die Verbindung von Tradition und Moderne. Hier treffen klassische karnevalistische Werte auf die energiegeladene Dynamik moderner Tanzkunst. Schon beim ersten Auftritt der Tänzerinnen spürte man die besondere Atmosphäre: Strahlende Gesichter, präzise Bewegungen und die Kunst von Präsenz, die den Raum in Sekundenschnelle füllte.

Die Vielfalt des Programms war beeindruckend: Mal wirbelten die Tänzerinnen in ihren prachtvollen Kostümen über die Bühne, dass die bunten Stoffe nur so flogen, mal wurden Elemente aus Contemporary Dance und Hip-Hop eingeflochten, die das Publikum in Staunen versetzten. Die Übergänge zwischen den Stilen waren nahtlos und zeigen, dass Tradition und Moderne hier keine Gegensätze sind, sondern sich perfekt ergänzen.

Doch die „Ladies“ beeindruckten nicht nur optisch. Es war ihre Ausstrahlung, die das Publikum von der ersten Sekunde an in ihren Bann zog. Ihr Lachen, ihr Enthusiasmus und die spürbare Freude an der Bewegung waren ansteckend und sorgten für beste Stimmung im Saal.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Druckluft, die 12-köpfige Brass- und Performanceband aus Bonn sorgte im Anschluss mit ihrer mitreißenden Mischung aus Musik, Show und Energie für ein wahres Fest der Sinne. Wenn Druckluft die Bühne betritt, gibt es kein Halten mehr. Die Band, die 2009 als Schülerband am Bonner Kardinal-Frings-Gymnasium unter der Leitung von Erhard Rau (dem Trompeter der Band Köbes Underground und einem bekannten Gesicht der Kölner Stunksitzung) gegründet wurde, hat sich seitdem zu einer festen Größe im deutschen Karneval und auf Festivals etabliert. Mit ihrem unverwechselbaren Sound, der sowohl Brass-Elemente als auch moderne Performance- und Showelemente vereint, begeistern sie das Publikum über die Grenzen von Bonn und Köln hinaus.

Was die Band musikalisch auszeichnet, ist ihre unglaubliche Vielseitigkeit. Druckluft kombiniert alles, was man sich von einer modernen Brassband wünschen kann: Mitreißende Trompeten- und Posaunenklänge, die kraftvoll durch die Luft schallen, ein grooviger Bass, eine treibende Percussion und die magischen Töne des Saxophons. Die Bandmitglieder, die sich aus einer Mischung aus talentierten Musikern und Performern zusammensetzen, sorgen stets für eine explosive Bühnenpräsenz … und als Druckluft beim Frühschoppen der Grossen Viersener Karnevalsgesellschaft die Bühne stürmte, ging es so richtig los: Die Energie war förmlich zu spüren, als die ersten Takte erklangen. Trompeten, Posaunen, Saxophon und Percussion fusionierten zu einem kraftvollen und mitreißenden Klangteppich, der den ganzen Saal in Bewegung setzte.

Als traditionsreicher Programmpunkt des närrischen marschierte dann die Prinzen-Garde Köln 1906 e. V. in den Saal ein. Mit ihren unverkennbaren weißen Uniformen, die mit leuchtend roten Akzenten verziert sind, war der Auftritt der Prinzen-Garde nicht nur ein musikalisches, sondern auch ein optisches Spektakel. Kein Wunder, dass die Kölner ihnen liebevoll den Spitznamen „Mählsäck“ (Mehlsäcke) gegeben haben – ein Beiname, der nicht nur auf die charakteristische Farbe ihrer Uniformen zurückgeht, sondern auch auf die Nähe zu den Wurzeln des Karnevals als Fest für das Volk.

Die Prinzen-Garde gehört zu den ältesten Traditionskorps im Kölner Karneval. Gegründet wurde sie im Jahr 1906, um dem Prinzen Karneval ein eigenes Begleitkorps an die Seite zu stellen. Während andere Traditionskorps wie die EhrenGarde der Stadt Köln 1902 bereits Bauer und Jungfrau begleiteten, wurde es Zeit, auch den Prinzen gebührend in Szene zu setzen. Die Initialzündung zur Gründung erfolgte am 16. Dezember 1905, als sich eine Gruppe angesehener Kölner Herren im Gelben Saal der Bürgergesellschaft Köln versammelte, um die Prinzen-Garde zu etablieren.

Schon in ihrer ersten Sitzung 1906 wurde die Prinzen-Garde unter ihrem ersten Präsidenten Carl Bormkessel ein prägender Bestandteil des Kölner Karnevals. Seitdem ist sie untrennbar mit dem Rosenmontagszug verbunden und steht als Leibregiment des Prinzen Karneval für Tradition, Ehre und die Verbundenheit zum Brauchtum.

Foto: GVK Viersen

Beim Frühschoppen der GVK hinterließen die Mitglieder der Prinzen-Garde Köln 1906 e. V. einen bleibenden Eindruck. Mit dem spürbaren Enthusiasmus ihrer Mitglieder vermittelten sie die Botschaft: Der Karneval ist zeitlos, und die Tradition lebt durch jeden neuen Auftritt weiter. Sie hinterließen eine mitreißende Stimmung im großen, historischen Saal, die mit Leichtigkeit von den Swinging Funfares, einer Band, die für ihre Energie, Vielseitigkeit und grenzenlose Begeisterung bekannt ist, aufgenommen wurde. Bereits ihr erster Akkord ließ die Festhalle erbeben und kündigte an, dass die nächsten Minuten ein Fest für Augen, Ohren und Tanzbeine werden würden. Es dauerte nicht lange, bis die Stimmung im Raum auf den Siedepunkt stieg und der gesamte Saal förmlich pulsierte.

Die Swinging Funfares haben in ihrer überragenden Karriere die Welt bereist und Musik an den außergewöhnlichsten Orten erklingen lassen. Sie sind regelmäßige Gäste bei internationalen Karnevalsveranstaltungen, darunter dem berühmten Karneval auf Teneriffa, und haben ihre Melodien schon in Kanada, Mexiko, Australien, Russland, Taiwan und sogar im Tiroler Hintertux erschallen lassen. Ihre Auftritte sind dabei mehr als ein musikalisches Event – sie sind eine Botschaft von Lebensfreude, Gemeinschaft und unbändiger Energie. Ihre unverwechselbaren Bläsersätze – kraftvolle Trompeten, swingende Saxophons und dynamische Posaunen – bilden dabei das Fundament für den musikalischen Wirbelsturm, den sie entfachen.

Zum großen Finale des närrischen Frühschoppens betrat eine Band die Bühne, die mit ganzem Herzen für die kölsche Musik und das Lebensgefühl des Karnevals steht: die Paveier. Seit ihrer Gründung im Jahr 1983 gehören sie zu den Größen der kölschen Mundartmusik – und an diesem Tag bewiesen sie einmal mehr, warum sie diesen Status so verdient haben.

Mit ihrer unverwechselbaren Mischung aus traditionellen Karnevalshymnen, gefühlvollen Balladen und mitreißenden Partyhits brachten sie die Stimmung im Saal auf einen letzten, alles überragenden Höhepunkt. Es war die perfekte Abrundung eines unvergesslichen Frühschoppens.

Die Paveier, deren Name auf das kölsche Wort für „Pflasterleger“ zurückgeht, haben sich im Laufe von vier Jahrzehnten tief in die Herzen der kölschen Musikliebhaber gesungen. Bereits mit den ersten Klängen ihres Auftritts zauberten sie ein Lächeln auf die Gesichter der Gäste. Das Publikum sang jede Zeile mit, schunkelte Arm in Arm und ließ sich von der Atmosphäre tragen. Doch die Paveier wären nicht die Paveier, wenn sie nicht auch ihre neueren Hits präsentieren würden. Mit „Leev Marie“, einem der erfolgreichsten kölschen Lieder der letzten Jahre, verwandelten sie den Saal in eine Partyzone. Die Emotionen kochten hoch und es blieb kaum ein trockenes Auge, als das Publikum den Refrain lautstark mitsang.

Die letzten Klänge verklangen, doch die Erinnerungen an diesen unvergesslichen Sonntag werden bei allen Gästen noch lange nachhallen. Bis in den Nachmittag hinein herrschte in der Festhalle eine ausgelassene Stimmung, die alle Generationen miteinander verband. Der 17. Närrische Frühschoppen der GVK hat einmal mehr gezeigt, dass die Viersener Karnevalisten zu feiern wissen – und dabei die Tradition nicht nur hochhalten, sondern mit modernem Flair und unermüdlicher Leidenschaft weitertragen.

Mit einem Schunkeln, das nicht enden wollte, und einem Festsaal voller jecker Feierbiester klang ein Sonntag aus, der bereits jetzt Vorfreude auf den nächsten Frühschoppen im kommenden Jahr weckt. Wer viere dat leäve? Die GVK – und mit ihr ganz Viersen! (nb)