Literarisches: Fronleichnam. Kirche zum Anfassen

Ein Missionar, der im brasilianischen Regenwald tätig war, stammte aus meinem Heimatort. Wenn er Heimaturlaub hatte und Gottesdienst feierte, war ich stolz, wenn ich als Messdiener dabei sein durfte.
Von Peter Josef Dickers

Literarisches – Dann wäre ich Gott besonders nahe, sagte der Pater. Davon spürte ich allerdings nicht so viel. Ich genoss es, den großen Leuchter tragen und das Weihrauchfass schwingen zu dürfen.

Mir gefiel es, anschaulich Kirche zu erleben. Dazu zählten die Maiandachten vor dem Marienaltar. Ich schleppte Fliederbüsche in die Kirche, Flieder aus unserem Garten. Der Marienaltar glich einem weißen undvioletten Blütenmeer. Kirche zum Anfassen. Kirche zum Sehen und Riechen. Glauben mit allen Sinnen. Ab und zu frühstückte ich mit dem Pater. Priester zum Anfassen. Es gab Schinken und Käse, ein gekochtes Ei und Kaffee. Zutaten, die ich nur vom Hörensagen kannte. Es waren prägende Erfahrungen für mich. Der geschützte Raum Kirche gewährte Halt und Sicherheit. Kirche war „um die Ecke“, den Menschen nah und die Menschen der Kirche. Eine solche Kirche werden wir vermutlich nicht mehr wollen. Dennoch hatte sie etwas an sich, was nicht nur ich manchmal vermisse.

Ich nahm einmal am byzantinischen Gottesdienst einer rumänisch-deutsch-sprachigen Gemeinde teil. Väter und Mütter mit ihren Kindern, Mütter mit ihren Babies auf den Armen waren anwesend. Ihr alltägliches Leben ließen sie nicht hinter sich. Sie brachten es mit in den Kirchenraum. „Alleluia“, „Amen“, „Herr, erbarme Dich.“ Als der Priester die in Wein getauchten Brotstücke, Leib und Blut Christi, austeilte, empfingen alle, Erwachsene und Kinder, auch ich. Erlebte, gelebte Kirche. Kirche zum Anfassen.

Fronleichnam. In Viersen feiert man die Fronleichnams-Kirmes. Die Pfarre St. Cornelius und Peter lädt gleichzeitig zur Fronleichnamsprozession in Boisheim ein mit einem Gottesdienst an der Luzia-Kapelle, Sie setzt in neuzeitlichem Gewand die alte Tradition der Flurumgänge fort. Kirmes und Prozession – zwei Seiten derselben Medaille. Glaube mit allen Sinnen, mit einer konsekrierten Hostie in der Monstranz, mit Segensaltären, mit blumengeschmückten Wegen und Straßen. Das alles trotz vieler Fragen, ob ein solches Fest noch in unsere Zeit passt.

Es geht darum, anschaulich Kirche zu erleben. Es geht um Kirche zum Anfassen. Es geht um eine Bereicherung des Glaubenslebens, nicht um eine Demonstration, „wie schön katholisch ist.“ Wir sollten das nicht gering schätzen. (opm)

Foto: Privat

Foto: Privat

Peter Josef Dickers wurde 1938 in Büttgen geboren. Nach einem Studium der Katholischen Theologie sowie der Philosophie und Pädagogik in Bonn, Fribourg/Schweiz, Köln sowie Düsseldorf erhielt er 1965 die Priesterweihe. Anschließend  war er in der Seelsorge und im Schuldienst tätig, bis er sich 1977 in den Laienstand rückversetzen ließ und heiratete. Nach der Laisierung war er hauptamtlich tätig an den Beruflichen Schulen in Kempen (jetzt Rhein-Maas-Kolleg) mit den Fächern Kath. Religionslehre, Pädagogik, Soziallehre, Jugendhilfe/Jugendrecht.

„Seit der Pensionierung bin ich weiterhin engagiert durch meine Schreibtätigkeit, mein Vorlese-Engagement in diversen Einrichtungen und sonstige Initiativen. In den Sommermonaten lese ich zeitweise als „Lektor“ auf Flusskreuzfahrt-Schiffen aus meinen bisher erschienenen Büchern“, so Peter Josef Dickers, der mittlerweile in Mönchengladbach beheimatet ist.