Literarisches im Advent – Ein bisschen Glückseligkeit

Sonderzüge nach Nürnberg und Dresden. Glühwein und Reibekuchen. Original Erzgebirge und Frankfurter Würstchen. Krippenfiguren. Weihnachtsmänner. Weihnachtsfrauen. Duftströme. Es riecht und klingelt. Glöckchen klingeln. Kassen klingeln. Lichter auf dem Markt. Lichter über dem Markt. Lichterglanz und Lichterketten. Geschiebe und Gedränge. Schnickschnack und Shoppingwelt. Advent? Weihnachten?
Von Peter Josef Dickers

Literarisches – Weihnachtsmarkt ist Leben, weckt Emotionen. Man geht nicht über den Markt, man lässt sich schieben. Keine verklärten Nächte mit Sternenhimmel. Zu „Weihnachten im Untergeschoss.“ Ein Angebots-Allerlei lädt ins Tiefparterre ein. Verlockend vermutlich nicht. Weihnachten geschieht oberirdisch, zwischen Anderem und mit viel Anderem.

Die junge Frau kommt sich verloren vor. Ein Büro-Tag liegt hinter ihr. Telefon, Computer, Bildschirm. Jetzt ein Abstecher über den Weihnachtsmarkt. Das soll sie auf andere Gedanken bringen. Eigentlich graut ihr vor Tannengrün und Lametta, vor Friede und Freude, vor verordnetem Weihnachtsfriede und Stille Nacht. Endlich die Last der Regeln abschütteln. Keine Geschenke, kein Baum, keine Lieder. Wenn man sich sonst nichts zu sagen hat, dann auch nicht an Weihnachten. Seit einem Jahr ist sie allein. Mit wem soll sie reden?

Ein Kind ruft: „Mama, guck mal, ein Stern.“ Aus einer anderen Ecke tönt es: „Drei Euro für zwei Windlichter.“ Braucht sie nicht. Nicht für den Garten, nicht für den Balkon. „Nur drei Euro.“ Hat sie nicht Nein gesagt? Sie sieht die Lichter. „Weihnachten braucht man Licht“, sagt der Verkäufer. Sie reagiert nicht. Dann doch. Sie wollte nichts kaufen. Jetzt muss sie die Windlichter durch das Gedränge bugsieren. Wo soll sie die hinstellen? Ein bisschen Licht braucht man vielleicht. Lebensfreude, hat der Mann gesagt, als er ihr die Tüte mit den Lichtern in die Hand drückte. Lebensfreude? Im Büro hat sie nichts davon gespürt. Lebensfreude vom Weihnachtsmarkt.

Fahler Dezemberhimmel, aber sie hat die Lichter. Einen Tannenbaum will sie nicht aufstellen. (opm)

Foto: Privat

Aus: Peter Josef Dickers, Esel haben keine Lobby

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Peter Josef Dickers wurde 1938 in Büttgen geboren. Nach einem Studium der Katholischen Theologie sowie der Philosophie und Pädagogik in Bonn, Fribourg/Schweiz, Köln sowie Düsseldorf erhielt er 1965 die Priesterweihe. Anschließend  war er in der Seelsorge und im Schuldienst tätig, bis er sich 1977 in den Laienstand rückversetzen ließ und heiratete. Nach der Laisierung war er hauptamtlich tätig an den Beruflichen Schulen in Kempen (jetzt Rhein-Maas-Kolleg) mit den Fächern Kath. Religionslehre, Pädagogik, Soziallehre, Jugendhilfe/Jugendrecht.

„Seit der Pensionierung bin ich weiterhin engagiert durch meine Schreibtätigkeit, mein Vorlese-Engagement in diversen Einrichtungen und sonstige Initiativen. In den Sommermonaten lese ich zeitweise als „Lektor“ auf Flusskreuzfahrt-Schiffen aus meinen bisher erschienenen Büchern“, so Peter Josef Dickers, der mittlerweile in Mönchengladbach beheimatet ist.