Mit dreemoal Hela-Brunn hießen die Karnevalisten den Saalkarneval willkommen

In den diesjährigen Saalkarneval starteten die Jecken in Alt-Viersen erstmals mit der Galasitzung der KG Helenabrunn. Die Gesellschaft hatte in der vergangenen Session die letzte Sitzung bestritten und wollte eigentlich das Evangelische Gemeindehaus abschließen, nachdem bekannt geworden war, dass keine weiteren Veranstaltungen mehr in diesen Räumlichkeiten stattfinden könnten. Wie gut, dass es dann doch anders kam.
Von RS-Redakteurin Nadja Becker und Fotograf Sebastian Janssen

Viersche – Als im letzten Jahr eigentlich die Schließung des Evangelischen Gemeindehauses anstand, wurde Vereinen und Politik kurzerhand der Boden unter den Füßen weggezogen. Woher eine neue Veranstaltungsstätte in dieser Größe nehmen? Mal eben? Nein, das ging nun wirklich nicht und so war die Erleichterung groß als dann eine Lösung in Sicht kam. Zumindest noch in naher Zukunft findet unter anderem der Karneval an der Königsallee ein Zuhause.

So ganz aus der Welt ist das Problem aber nicht und darf nicht aus den Augen verloren werden. Dennoch, diese Session ist gesichert. Eigentlich hatte die KG Helenabrunn nämlich im vergangenen Jahr in der Erwartung der Schließung die letzte Galasitzung bestritten, umso erfreuter konnten die Helenabrunner am Freitag zur Eröffnung des Saalkarnevals in das bekannte Gebäude einladen. Die Karnevalisten, darunter auch der Kreis Viersener Bundestagsabgeordnete Martin Plum, ließen sich nicht zwei Mal bitten und kamen gerne zusammen.

Foto: Rheinischer Spiegel/Sebastian Janssen

Unter dem diesjährigen Sessionsmotto „Heute ist nicht alle Tage, wir kommen wieder, keine Frage!“ gab es allerdings nicht nur den aktuellen Erhalt des Evangelischen Gemeindehauses zu feiern, denn auf der Bühne stand in diesem Jahr nicht Vereinspräsident Helmut Schatten als Sitzungspräsident. Dieser hat bekanntermaßen gerade eine andere Aufgabe und ist seit 1951 der erste Prinz der Karnevalsgesellschaft Helenabrunn. Ihn vertrat gekonnt sympathisch Wolfgang Genenger, der übrigens gemeinsam mit dem Viersener Ortsbürgermeister Hans-Willy Bouren auf dem Sessionsorden verewigt ist. Na, und wer blickt auf dem Orden über das Gemeindehaus? Auch dafür gab es beim Galaabend die passende Antwort.

Foto: Rheinischer Spiegel/Sebastian Janssen

Mit wallender Lockenpracht ist das „geheimnisvolle“ Gesicht auf dem Orden nämlich der neue Ehrensenator Migel Rath, der allerdings leider krankheitsbedingt abwesend war (die Redaktion wünscht gute Besserung) und der beim Empfang eigentlich geehrt werden sollte. Die freie Zeit auf der Bühne später wusste die Gesellschaft gekonnt zu füllen, denn nach dem Einmarsch der Gesellschaft war es das Prinzenpaar der Narrenherrlichkeit Viersen mit Gefolge und Prinzengarde auf welches das Scheinwerferlicht fiel – hervorragend ausgeleuchtet von Holger Bock, der sich für die Lichttechnik verantwortlich zeigte.

Foto: Rheinischer Spiegel/Sebastian Janssen

Für Helmut II. („Das wirbelnde Fässchen“) und Anne I. ein besonderes Heimspiel. Schließlich ist der Prinz, der im bürgerlichen Leben als Helmut Schatten in Viersen bekannt ist, als engagierter Präsident der KG Helenabrunn aktiv – und für jeden Scherz zu haben, wie sich in der Vergangenheit regelmäßig zeigte. Eine Eigenschaft, die verbunden mit seinem Bühnenkönnen, für Standing Ovations sorgte, die in die mitreißenden Tanzdarbietungen der Prinzengarde und der Tanzgarde des Karnevals Komitees Lobberich mündeten – auch wenn die Technik ein wenig hakte.

Foto: Rheinischer Spiegel/Sebastian Janssen

Für sein vielfältiges Wirken und sein Engagement zum Erhalt des karnevalistischen Brauchtums verlieh Frank Gramberg, als Präsident des FEN Regionalverbandes Linker Niederrhein, Prinz Helmut II. den „Narr von Europa“ in Gold.

Ebenfalls Ingo Wittenmeier wurde durch Karl Schäfer, den Präsidenten des Karnevalsverbandes Linker Niederrhein, für seine Liebe zum Brauchtum mit einer goldenen Ehrung bedacht. 


Foto: Rheinischer Spiegel/Sebastian Janssen
Foto: Rheinischer Spiegel/Sebastian Janssen

Vor über 20 Jahren wurde die erste Tanzgarde in Lobberich gegründet, mittlerweile begeistern drei Gruppen mit rund 50 aktiven Tänzerinnen. Während sie mit dem traditionellen Gardetanz die Herzen höher schlagen ließen war der Saal hervorragend eingestimmt, als ein Büttenredner und Comedian den frei werdenden Platz eroberte, der für die KG Helenabrunn den „Meisterbrief für Karnevalsbekloppte“ dabei hatte. Handwerker Peters übrigens wurde durch den XXL-Satiriker (der während der Lockdownzeit gewollt sichtlich abgenommen hatte) und Comedy-Pfundskerl Kai Kramosta – oder besser gesagt eine Eifelaner Comedykugel – kreiert.

Foto: Rheinischer Spiegel/Sebastian Janssen

Über bauliche Verfehlungen wusste Handwerker Peters Bescheid und auch sonst hatte er einige Skurrilitäten zu berichten. Dabei ist er übrigens nur zur Hälfte Eifellander (mütterlicherseits) und zur anderen Hälfte Niederrheiner durch einen Freund seines Vaters … ja, dieser Ulk dauert ne Sekunde. Schließlich kütt er oss unne janz einfache Huus und einen Vornamen konnten sich seine Eltern bei der damaligen Armut nicht leisten. Während der Ausbildung war das aber sowieso egal, da wurde er meist nur „Ey, halt ma!“ gerufen.

Foto: Rheinischer Spiegel/Sebastian Janssen
Foto: Rheinischer Spiegel/Sebastian Janssen

Seit dem Heinsberger Dreigestirn 2018, das Jahr in dem der katholische Probst Markus Bruns als Prinz Markus I. mit Jungfrau Reni und Bauer Martin regierte, und der den Helenabrunnern noch heute als engagierter Pfarrer in wunderbarer Erinnerung ist, hat sich zwischen den Vereinen eine tiefe Freundschaft entwickelt.
Nach dem Besuch der Proklamation in Heinsberg durch die Helenabrunner gab es nun sozusagen den Gegenbesuch der Heinsberger Tanzgarde mit ihrem Prinzenpaar Prinz Markus II. und Prinzessin Jasmin. In weiß-roten Farben passten sie dabei hervorragend zum Vierscher Prinzenpaar. Ein besonderer Blick soll hierbei auf die Narrenzepter geworfen werden, denn Prinz Markus II. schwingt einen Hammer und Prinz Helmut II. ein Fässchen … da könnte man doch glatt auf dumme Gedanken kommen …

Foto: Rheinischer Spiegel/Sebastian Janssen

„Die Lück im Dorf die sare all ich bin verröck, dobei bin ich doch jod drop Wat e jlöck. Ich ston op Uniform jo es dat dann en schand. Wenn du dich bewächs bin ich us Ran un Band. Und wenn ich dann noch Ding schwinge Sin, dann bin ich, dann bin ich völlig hin. Uh, du mäs mich völlig blind, kum un Schwung Ding stippeföttchen zu mir hin …“ der Text mag den Vierschern zwar noch unbekannt sein, aber den Stippeföttchen-Tanz, den kennen die hiesigen Karnevalisten nur zu gut.

Auf die Bühne bringt ihn die kölsche Sängerin Katharina Köppen, die schon als Kind im Dorf als „das singende Mädchen“ bekannt war. Mittlerweile ist sie längst immer wieder gerne auf den Vierscher Bühnen Zuhause, wie beim Karnevalsauftakt bei der FEN, und auch im Evangelischen Gemeindehaus schenkte sie mit ihrem energiegeladenen Charme der hervorragenden Stimmung gekonnt weiteren frischen Wind.

Foto: Rheinischer Spiegel/Sebastian Janssen

Der sich anschließende Band-Act war dagegen in Viersen ein absoluter Newcomer. Das liegt aber auch daran, dass die Mitglieder der Band Scharmöör erst seit der Session 2019/20 zum Schunkeln und Tanzen einladen. In dieser Konstellation auf der Bühne haben sie schon bei „Unser Song für Köln“, LOSS MER SINGE sowie der KAJUJA Köln die ersten Auszeichnungen eingeheimst und das liegt nicht nur an den „engsten Hosen der Stadt“.

Am Mikrofon begeisterte Sänger Leon Heidrich, den Bass spielte gekonnt Alexander Denfeld, das Schlagzeug wusste Tim Lachmayer unter tongenauer Kontrolle zu halten. Mit den Tasten am Keyboard wusste Peter Paffen umzugehen und an der Gitarre zeigte Frederik Seifert sein Können bei den selbst komponierten, kölschen Liedern. Wer von den Jungs nicht genug bekommen kann: Die Band hat im letzten September erst ihr aktuelles Album „SCHARMÖÖR“ auf den Markt gebracht.

Foto: Rheinischer Spiegel/Sebastian Janssen

Da sowieso gerade die meisten standen, übergab die kölsche Band die Bühne an Markus Becker. Bekannt wurde dieser natürlich mit dem roten Pferd, welches seit 2007 die Schlagerpartys erobert. Mitsingen kann bei diesem Song jeder, doch Markus Becker kann viel mehr. Mit dem Bierkapitän und seiner Aleksandra hat der Mann mit dem roten Cowboyhut einen weiteren Hit gelandet. Längst hat er mit seinen Titeln über eine Million Tonträger verkauft. Na und wer hat nicht direkt einen Ohrwurm im Kopf, wenn diese Liedzeile erklingt: „Hörst du die Regenwürmer husten …“?!

Foto: Rheinischer Spiegel/Sebastian Janssen

Moderner Karneval verbunden mit Tradition stand bei der KG Helenabrunn auf dem Programm und diese Verbindung wurde mühelos gefunden, als sich an die bekannten Klänge die Fauth Dance Company anschloss, schließlich standen die Ladies der Fauth Dance Company gewohnt für ihren fesselnden, rasanten Tanzstil.

Mit Blick auf die Uhr wurde danach schnell klar, der Abend neigt sich viel zu schnell dem Ende. Der erste Abend im Sitzungskarneval dieser Session in Alt-Viersche, dem noch einige folgen werden, doch dieser könnte durchaus noch etwas länger dauern. Wie gut, dass Musiker Detlef Kremers nicht nur für die Zwischenmusik, sondern auch für den späteren Ausklang das perfekte Händchen bewies.

Foto: Rheinischer Spiegel/Sebastian Janssen

Der Bühnenabschluss jedoch gebührte einer Band aus Süsterseel, die übrigens am selben Abend auch bereits in Dölke bei der Dü-Ka-Ge einige Stunden zuvor die Jecken begeistert hatte. Die Gemeinde liegt am Rodebach im südöstlichen Gebiet der Gemeinde Selfkant – also im Kreis Heinsberg – und 1990 gründete sich dort die Band damals noch unter dem Namen „Innocent Victim“. Der Name ist eher unbekannt? Verständlich, denn der erste Auftritt wurde in einer Schule in Gangelt bestritten. Seit 1999 spielen die Musiker unter dem Namen „De Kellerjunges“, übrigens als Anspielung auf den Proberaum, und sind im Karneval eine feste Größe. Als Stimmungsband überzeugten sie übrigens auch schon zuvor auf der Bühne des Evangelischen Gemeindehauses, am Freitagabend war es nicht anders.

Foto: Rheinischer Spiegel/Sebastian Janssen

Ein gelungener Auftakt an der Königsallee (mit passender Lasertechnik der Firma Prima Klima) und keine Zeit für eine Pause, denn bereits am Samstagabend geht es weiter mit der schönen 5. Jahreszeit. (nb)