Umgang mit Todeswünschen: Palliativmediziner sprach vor Angehörigen und Fachkräften der Caritas

Viele alte und kranke Menschen wünschen sich den Tod. Wie geht man als Angehöriger oder Pflegekraft damit um? Zu diesem Thema sprach der Palliativmediziner Prof. Roman Rolke beim Caritasverband für die Region Kempen-Viersen.

Viersen – „Wenn man mit Menschen zu tun hat, die Todeswünsche äußern, kommt es auf die Kommunikation an“, erklärte Rolke vor rund 50 Zuhörerinnen und Zuhörern, darunter Caritas-Vorstand Ulrich Krause, im Viersener Haus der Caritas. Das Publikum setzte sich aus Mitarbeitenden der Caritas sowie interessierten Angehörigen und Fachkräften zusammen. Der Direktor der Klinik für Palliativmedizin in Aachen nannte eine Zahl: Neun von zehn hochbetagten Menschen mit einer beginnenden oder mittleren Demenz hätten Todeswünsche. Er empfahl, dieses Thema offen anzusprechen. Etwa so: „Es gibt viele Menschen, die sich wünschen, dass alles vorbei wäre. Hast du das auch schon einmal empfunden?“

Roman Rolke betonte, ein geäußerter Todeswunsch bedeute nicht automatisch, dass der Mensch wirklich aus dem Leben scheiden wolle. Oft handele es sich um einen Hilferuf. „Eigentlich möchte uns derjenige dann sagen: Ich wünsche mir, so nicht mehr weiterzuleben.“ Vielleicht könne er oder sie das Leiden nicht mehr ertragen. Oder man wolle nicht darauf warten, bis der Tod eintritt. Oder lieber die Kontrolle behalten, als sie beim Sterben aufgeben zu müssen.

In jedem Fall komme es darauf an, aktiv zuzuhören – und vor allem: Fragen zu stellen, statt Antworten zu geben: „Warum möchtest du so nicht mehr weiterleben?“ Nur durch Empathie und die richtigen Fragen könne man verstehen, was den Menschen gerade bewege und was seine Wünsche und Wertvorstellungen seien, sagte Rolke. Sein Rat: „Versuchen Sie, sich leerzumachen von Ihren eigenen Erwartungen – wie eine Schale, die offen ist für das, was vom anderen kommt.“ Wichtig sei, was der Betroffene für sich selbst wolle. „Man darf nicht Ethikpolizei spielen“, erklärte Rolke.

In seinem Vortrag ging der Mediziner auch auf die unterschiedliche Formen von Sterbehilfe ein: aktive Sterbehilfe (in Deutschland verboten), passive Sterbehilfe (wenn man einer schwerwiegenden Erkrankung ihren Lauf lässt) und indirekte Sterbehilfe (etwa eine hohe Dosis eines schmerzlindernden Medikaments, bei der das Ziel nicht die Tötung, sondern die Linderung von Symptomen ist). Rolke erklärte auch den sogenannten „Assistierten Suizid“, also die Selbsttötung mit Hilfe einer Person, die ein entsprechendes Mittel bereitstellt. Entscheidend sei, dass der Suizident den letzten Schritt noch selbst beherrsche und ausführe. „Man darf dabeibleiben, ohne dass man sich der unterlassenen Hilfeleistungen schuldig macht“, sagte Rolke.

Er stellte aber gleichzeitig klar: „Ich bin kein Fan von Assistiertem Suizid. Als Palliativmediziner begreife ich mich an der Seite der Suizidvorbeugung. Ich möchte eine Alternative zur Selbsttötung aufzeigen: Die moderne Palliativmedizin ermöglicht dem Betroffenen eine möglichst hohe Lebensqualität und ein würdevolles Leben bis zuletzt.“

Das kann Susanne Kiepke-Ziemes bestätigen. Sie koordiniert beim Caritasverband seit Jahren das Projekt „Würdige Sterbebegleitung“ und bildet Pflegefachkräfte in der palliativen Versorgung, also der ganzheitlichen, umfassenden Betreuung von schwerst- und todkranken Menschen sowie ihrer An- und Zugehörigen aus. Der Vortrag war eingebettet in einen Auffrischungskurs für Mitarbeitende in der palliativen Pflege. Sie dankte Prof. Roman Rolke für seine ebenso kompetenten wie verständlichen Erläuterungen. Viele Informationen, darunter auch ein Notfallplan in einfacher Sprache, finden sich auf der Website des Caritasverbandes: www.caritas-viersen.de, Rubrik Sterben, Tod und Trauer. (opm)

Über den Umgang mit Todeswünschen sprach Prof. Roman Rolke (2. v. r.) im Viersener Haus der Caritas. Der Palliativmediziner wurde begrüßt von Caritas-Vorstand Ulrich Krause, Projektkoordinatorin Susanne Kiepke-Ziemes und Bereichsleiterin Jutta Hemmerich (r.).
Foto: Caritas